Dritte Wahlveranstaltung der IYSSE an der HU

Die Universitäten als Zentren für rechte und militaristische Ideologien

Etwa 50 Studierende kamen am Mittwoch an der Humboldt-Universität zusammen, um den dritten Vortrag in der Seminarreihe der IYSSE zu den diesjährigen Wahlen zum Studierendenparlament zu verfolgen. Am 14. Dezember waren bereits hunderte Studierende zu einem Vortrag von David North gekommen.

Am Mittwoch hatte die Hochschulgruppe der IYSSE an der HU Christoph Vandreier als Referenten geladen. Vandreier ist der Sprecher der IYSSE in Deutschland und schreibt regelmäßig für die World Socialist Web Site.

Während des Vortrags an der HU

Vandreier fasste zunächst die wichtigsten Schlussfolgerungen aus den beiden vorangegangenen Veranstaltungen zusammen. David North habe gezeigt, dass Trump die rechteste Regierung in der Geschichte der Vereinigten Staaten führe, die den Militarismus voranbringen und die sozialen Rechte der Arbeiter zerschlagen werde. Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs sei sehr real.

Die gleichen Tendenzen des Nationalismus und Militarismus entwickelten sich auch in Europa. Die deutschen Eliten reagierten darauf mit Aufrüstung und dem Versuch, Europa zu dominieren, um weltpolitisch agieren zu können. Die Rückkehr des deutschen Militarismus durchdringe die ganze Gesellschaft, so Vandreier.

Unter diesen Bedingungen müsse das Thema der Veranstaltung diskutiert werden: „Bleiben die Universitäten Zentren der Wissenschaft und der freien Auseinandersetzung? Oder werden sie wieder, wie schon früher in der deutschen Geschichte, zu staatlich gelenkten Kaderschmieden für rechte und militaristische Ideologien“, zitierte Vandreier aus dem Buch „Wissenschaft oder Kriegspropaganda“.

„Schaut man sich die HU an, sieht man, wie weit das schon fortgeschritten ist“, erklärte Vandreier. Als sich das StuPa im November auf Initiative der IYSSE gegen Bundeswehrwerbung auf dem Campus aussprach, hätten sowohl Universitätspräsidentin Sabine Kunst als auch das Studentenwerk erklärt, dass sie die Rekrutierungsversuche der Bundeswehr auch gegen den Willen der Studierendenschaft erlauben.

Diese Missachtung der demokratischen Entscheidung der Studierenden sei kein Zufall. Kunst habe schon in der Vergangenheit mit der Bundeswehr kooperiert. Nun wolle sie durch die geplanten Einsparungen die Drittmittelförderung stärken. Diese gehe nicht selten von Rüstungskonzernen oder der Bundeswehr aus. Allein das Bundesministerium für Bildung und Forschung habe in den letzten beiden Jahren 13 Millionen Euro für Rüstungsforschung an deutschen Hochschulen ausgegeben.

An der Humboldt-Universität habe es bereits zahlreiche Kooperationen mit der Bundeswehr, ihren Universitäten oder Institutionen gegeben. So habe das HU-Institut artop Soldaten in einem „Training für interkulturelle Einsatzberater“ für den Kriegseinsatz in Afghanistan geschult. Zahlreiche weitere Kooperationen bestünden mit dem Universitätsklinikum Charité.

„Doch die Rolle der Hochschulen ist nicht einfach auf die Erforschung neuer Waffen und Kampfmethoden beschränkt“, betonte Vandreier. „Der Krieg soll ideologisch vorbereitet, der verbreitete Widerstand in der Bevölkerung gebrochen werden.“

Eine zentrale Rolle spiele der Politikwissenschaftler Prof. Herfried Münkler. Mit zahlreichen Zitaten wies Vandreier nach, wie Münkler die deutsche Schuld am Ersten Weltkrieg relativiere, Deutschland zum „Zuchtmeister“ Europas machen wolle und sich für Aufrüstung, insbesondere mit Drohnen ausspreche.

„Während Münkler in den Medien allgegenwärtig ist und eine wichtige Aufgabe darin sieht, die öffentliche Meinung zu bearbeiten, gibt es andere Professoren an der HU, die eher im Hintergrund an der Legitimierung des Militarismus arbeiteten“, erklärte Vandreier und ging dann genauer auf den Juraprofessor Georg Nolte ein.

Nolte sei an der Ausarbeitung der Studie „neue Macht, neue Verantwortung“ beteiligt gewesen, die sozusagen die Blaupause für die Rückkehr des deutschen Militarismus dargestellt habe. Außerdem habe er zivile Opfer bei Auslandseinsätzen gerechtfertigt, den Angriffskrieg auf Serbien legitimiert und umgekehrt die russische Annexion der Krim als völkerrechtswidrig gebrandmarkt. „Das nennt man zweierlei Maß“, sagte Vandreier.

„Mit der Rückkehr des deutschen Militarismus kommen auch all die Gespenster der Vergangenheit zurück. Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit werden wieder Mittel der Politik“, erklärte er weiter. Dabei gerieten insbesondere Muslime ins Visier rechter Ideologen. An der HU habe sich der Professor für Sozialwissenschaften Ruud Koopmans in dieser Hinsicht einen Namen gemacht.

Koopmans erkläre fast die Hälfte der europäischen Muslime zu Fudamentalisten und leite daraus eine mangelnde Integration ab, sagte Vandreier und zeigt detailliert auf, wie fragwürdig die Studien sind, auf die sich Koopmans stützt. Koopmans Position gipfele in der Behauptung, dass Migranten sich nicht integrierten, weil die Leistungen des Wohlfahrtstaats zu hoch seien.

„Hunger als Motivation zur Integration – darauf läuft diese Argumentation hinaus“, fasste er zusammen. „Diese menschenfeindliche Argumentation wird nur von Professor Jörg Baberowski übertroffen, der osteuropäische Geschichte an der HU lehrt.“

Baberowski habe sich zu einem Sprecher der neuen Rechten in Deutschland entwickelt. Er hetze gegen Flüchtlinge, legitimiere brutale Kriege und rechtfertige soziale Ungleichheit und Diktatur. In seinem Werk verharmlose und relativiere er die Verbrechen des Nationalsozialismus, erklärte Vandreier und belegte das mit zahlreichen Zitaten.

Dass es sich bei den Professoren nicht um Einzelphänomene handele, werde daran deutlich, dass ihnen niemand in der Professorenschaft entgegentrete. „Ganz im Gegenteil. Als wir von der IYSSE die Standpunkte von Münkler und Baberowski kritisierten, veröffentlichten das Geschichtsinstitut und die Unileitung Statements, die uns verleumdeten und uns bedrohten.“

Das letzte Beispiel sei ein Aufruf von Prof. Thomas Sandkühler gewesen, den dieser im Oktober auf den offiziellen Moodle-Seiten seiner Lehrveranstaltungen gegen die IYSSE veröffentlicht habe. Auf die ausführliche Antwort der IYSSE sei der Professor nicht eingegangen, berichtete Vandreier. Stattdessen habe er die Diskussion mit seiner Autorität als Professor unterdrücken wollen.

Die Entwicklung an den Universitäten sei Ausdruck einer allgemeinen gesellschaftlichen Tendenz. Auch Trump werde innerhalb des politischen Establishments der USA höchstens von rechts angegriffen, weil er nicht aggressiv gegen Russland vorgehe. Aber niemand trete der rechten und mafiösen Regierung ernsthaft entgegen.

Der Grund dafür sei die tiefe Krise des Kapitalismus, die überall auf der Welt zu sozialer Ungleichheit, Diktatur und Krieg führe. „All die ungelösten Probleme des 20. Jahrhunderts brechen wieder auf“, erklärte Vandreier und zitierte aus dem Perspektivdokument, das die World Socialist Web Site Anfang des Jahres veröffentlicht hatte.

Die einzige Möglichkeit, eine Katastrophe zu verhindern, sei eine sozialistische Revolution, erklärte Vandreier. „Wer heute gegen die Rechtsentwicklung und gegen die Kriegsgefahr kämpfen will, wer das alles nicht akzeptieren will, der muss sich den Sozialisten anschließen, der muss sich jetzt am Aufbau der IYSSE beteiligen.“

In der Diskussion betonten Sprecher der IYSSE, wie wichtig es sei, der Geschichtsfälschung entgegenzutreten. Nur auf der Grundlage eines Verständnisses der Geschichte könnten Arbeiter unabhängig ins politische Geschehen eingreifen und eine sozialistische Revolution durchführen. Darin bestünde die Bedeutung der Arbeit der IYSSE.

Viele Zuhörer zeigten sich schockiert über das Ausmaß an Flüchtlingshetze, Kriegspropaganda und rechter Ideologie an der Humboldt-Universität. „Ich finde es ziemlich verheerend, dass es Professoren gibt, die solche rechten Ideologien bevorzugen und bejahen“, sagt Josué, der Agrarwissenschaften an der HU studiert. „Ich fand es echt krass, dass es so etwas wieder, beziehungsweise immer noch, gibt und dass dagegen noch nicht wirklich vorgegangen wird.“

Josué

Josué sieht eine enge Verbindung zu den Entwicklungen in den USA. „Hitler hat man am Anfang auch nicht für ganz voll genommen. Es wird eine schlimme Dynamik geben, wenn Trump das tun wird, was er tun will, und das wird auch global ein Problem sein. So oder so ist Amerika schon immer ein Problem gewesen, wenn es um Kriege geht, und durch Trump wird definitiv nichts besser werden!“

Hanna, die im dritten Semester Kunstgeschichte an der HU studiert und ihre Freundin Lisa (Erstes Semester Sozialpädagogik) verfolgten ebenfalls gespannt die Veranstaltung. „Es ist richtig, dass wir dringend eine internationale Bewegung gegen Krieg brauchen“, sagt Hanna.

Die letzte Veranstaltung der Reihe findet am Montag unter dem Titel „Für eine sozialistische Bewegung gegen Krieg und Militarismus“ statt. Am Dienstag und Mittwoch sind dann die Wahlen zum Studierendenparlament an der Humboldt-Universität.

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