Trump-Regierung fordert Optionen für Krieg gegen Nordkorea

Es gibt bedrohliche Anzeichen dafür, dass die Vorbereitungen der Trump-Regierung auf einen Erstschlag gegen Nordkorea weit fortgeschritten sind. Ein solcher Angriff könnte einen katastrophalen Krieg auslösen, der sich auf ganz Nordostasien und die Welt ausdehnt.

Wie aus einem ausführlichen Bericht der New York Times vom letzten Donnerstag hervorgeht, verlangt das Weiße Haus vom Pentagon mit Nachdruck, ihm Optionen für einen begrenzten Militärschlag gegen Nordkorea zu liefern. Das nordkoreanische Regime soll sich eine „blutige Nase“ holen, damit es sein Atomwaffenarsenal aufgibt.

Im vergangenen Jahr hatte Trump seine provokanten Drohungen bekräftigt, Nordkorea mit „Feuer und Zorn“ zu überziehen und „vollständig zu vernichten“, falls es nicht vor den Forderungen der USA nach atomarer Entwaffnung kapituliert. Die New York Times schreibt nun unter Berufung auf anonyme Regierungsvertreter: „Der nationale Sicherheitsberater Generalleutnant H.R. McMaster meint, dass die USA gut ausgearbeitete militärische Pläne brauchen, damit Trumps Warnungen glaubwürdig sind.“

Weiter heißt es: „Doch das Pentagon befürchtet unseren Quellen zufolge, dass das Weiße Haus auf eine übereilte Militäraktion auf der koreanischen Halbinsel zusteuert, die katastrophal eskalieren könnte. Wenn man dem Präsidenten zu viele Optionen lasse, erhöhe sich womöglich die Wahrscheinlichkeit, dass er zur Tat schreitet.“

Die Sprecher von Verteidigungsminister James Mattis und Generalstabschef Joseph Dunford bestritten, dass das Pentagon bremse. Allerdings ist seit Monaten unübersehbar, dass es zwischen dem Pentagon und dem Weißen Haus taktische Differenzen über einen Erstschlag gegen Nordkorea gibt.

Gelegentlich wurde diese Debatte auch öffentlich ausgetragen. So hatte Trump letzten Oktober öffentlich erklärt, US-Außenminister Rex Tillerson verschwende seine Zeit, wenn er Verhandlungen mit Nordkorea anstrebe. Trump hatte erklärt, er werde nicht dulden, dass Nordkorea Atomraketen entwickelt, die Nordamerika erreichen können – und in diesem Fall gibt es keine Alternative zur so genannten militärischen Option.

Laut der New York Times haben sich Mattis und Dunford nachdrücklich für eine diplomatische Lösung eingesetzt. Sie hätten „bei Treffen und Videokonferenzen mehrfach gewarnt, dass es wenige bis gar keine militärischen Optionen gebe, die keinen Vergeltungsschlag Nordkoreas nach sich ziehen würden“.

Sorge bereitet ihnen nicht nur das eher kleine Atomarsenal, sondern vor allem auch die beträchtlichen konventionellen Streitkräfte Nordkoreas, darunter Tausende von Raketenwerfern und Langstreckenwaffen, die auf die südkoreanische Hauptstadt Seoul mit ihren 25 Millionen Einwohnern abgefeuert werden könnten. Ein solcher Angriff würde Schätzungen zufolge alleine in den ersten 60 Minuten Zehntausende Todesopfer fordern.

Ein weiteres Alarmsignal ist die Entscheidung des Weißen Hauses, die Ernennung von Victor Cha zum amerikanischen Botschafter in Südkorea zurückzuziehen. Wie die Washington Post am Dienstag vergangener Woche berichtete, hatte Südkorea den bekannten Wissenschaftler und ehemaligen Vertreter der Bush-Regierung bereits abgesegnet hatte. Seine Ernennung wurde jedoch kurzfristig zurückgezogen, weil er einen Erstschlag gegen Nordkorea ablehnt.

Beamte des Nationalen Sicherheitsrats, so die Financial Times, hätten Cha gefragt, ob er im Falle eines US-Militärschlags gegen Nordkorea bei der vorsorglichen Evakuierung von Nichtkombattanten aus Südkorea helfen würde. Cha soll daraufhin Bedenken geäußert haben, obwohl er ansonsten stets eine kriegerische Haltung gegenüber Nordkorea eingenommen hatte.

Am Dienstag veröffentlichte die Washington Post einen Gastbeitrag von Cha mit dem Titel „Nordkorea eine ,blutige Nase‘ zu verpassen, ist sehr riskant für Amerikaner“. Er wies darauf hin, dass sich jeden Tag 230.000 Amerikaner in Südkorea und etwa 90.000 in Japan aufhalten. Sollte Nordkorea zurückschießen, wäre es so gut wie unmöglich, sie alle zu evakuieren.

Die USA, schreibt Cha, könnten weder die amerikanischen Staatsbürger in Südkorea schützen, noch die Millionen Südkoreaner: „Offen gesagt, wenn der Präsident glaubt, ein wahnsinniger und sturer Diktator würde sich durch eine Demonstration der militärischen Stärke der USA einschüchtern lassen, bringt er so viele Amerikaner in Gefahr, wie eine mittelgroße Stadt – sagen wir Pittsburgh oder Cincinnati – Einwohner hat.“

Ein drittes Warnsignal war Trumps Rede zur Lage der Nation letzte Woche. Darin beschwor er nicht nur, Nordkorea könnte „sehr bald unser Heimatland bedrohen“, sondern attackierte es auch als „grausames Regime“, das seine Bevölkerung unterdrücke. Ausdrücklich lobte er den nordkoreanischen Überläufer Ji Seong-ho, der in der Loge der First Lady Platz nehmen durfte.

Am Freitag lud Trump acht nordkoreanische Überläufer ins Weiße Haus ein und hielt eine Rede, in der er frühere US-Regierungen für ihre Untätigkeit gegenüber Nordkorea angriff. Er warnte: „Wir haben keinen Spielraum mehr. Wir werden sehen, was passiert. Wir werden die Winterspiele abwarten, vielleicht kommt dabei etwas Gutes heraus.“

Widerwillig und mit Verspätung stimmte die Trump-Regierung dem Vorschlag Südkoreas zu, eine massive gemeinsame Militärübung auf die Zeit nach den Winterspielen zu verschieben, die am 9. Februar in Südkorea beginnen. Nach Gesprächen zwischen den beiden koreanischen Staaten kann Nordkorea ein Team zu den Winterspielen schicken, und es kam zu Spekulationen über Verhandlungen oder sogar eine Einigung zur Beilegung der gefährlichen Spannungen.

Im Gegensatz dazu ist die Einladung nordkoreanischer Überläufer ins Weiße Haus ein gezielter Affront gegen Pjöngjang, um Gespräche zu sabotieren. Trump stellt damit sein Desinteresse an Verhandlungen zur Schau. Dies entspricht seiner Entschlossenheit, das Atomabkommen zu sabotieren, das die Obama-Regierung 2015 mit dem Iran ausgehandelt hat.

Während das Weiße Haus vom Pentagon detailliertere Kriegspläne gegen Nordkorea fordert, sind die Vorbereitungen bereits weit fortgeschritten. Unter anderem wurden atomwaffenfähige B52- und B2-Bomber auf US-Basen in Guam stationiert, von wo aus sie ohne Weiteres Angriffe auf Nordkorea fliegen können. Im März werden die jährlichen gemeinsamen Militärübungen Foal Eagle und Key Resolve in Südkorea beginnen, bei denen Hunderttausende Soldaten, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge praktisch die Generalprobe für einen Krieg mit Nordkorea abhalten.

Air-Force-General Paul Selva, der Vizevorsitzende des Generalstabs, äußerte am Donnerstag vor der Presse seine Zuversicht, dass das US-Militär einen Großteil des nordkoreanischen Atomarsenals und seine Infrastruktur zerstören könnte. Er gab einen Einblick in das Ausmaß der geplanten Operationen: „Bedenken Sie, die Raketeninfrastruktur besteht nicht nur aus den Raketen selbst. Wenn Sie der arme Sergeant sind, der draußen stehen und die Rakete abschießen muss, ich aber Ihre Kaserne zerstöre, dann können Sie Ihre Arbeit nicht tun.“ Auf Nachfragen schloss Selva einen Erstschlag nicht aus.

In den amerikanischen Medien wird nicht darüber diskutiert, dass die Trump-Regierung offen gegen Personen wie Cha vorgeht, die vor einem Vergeltungsschlag Nordkoreas warnen. Nordkoreas Militär, Industrie und Führung sollen durch einen massiven Erstschlag zerstört werden, bei dem möglicherweise Atomwaffen zum Einsatz kämen.

Ein solcher Angriff könnte andere Atommächte wie Russland und China in einen globalen Konflikt hineinziehen. Die Veröffentlichung von Trumps Nuclear Posture Review am Freitag, in der eine viel aggressivere Haltung zum Einsatz von Atomwaffen und die Entwicklung zahlreicher neuer Kernwaffen angekündigt wurde, deutet darauf hin, dass sich Washington auch darauf vorbereitet.

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