Trotz Pattsituation im Atomstreit: Trump unterstützt Gespräche mit Nordkorea

Die Trump-Regierung gerät zunehmend in die Kritik wegen ihrer Verhandlungen mit Nordkorea über die Denuklearisierung des Landes. Seit dem Treffen zwischen Donald Trump und dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un im Juni in Singapur habe es keinerlei Fortschritte gegeben.

Am Montag verhöhnte die New York Times in ihrem Leitartikel Trumps Behauptung, er habe die Krise mit Nordkorea gelöst, als „die Prahlerei eines Mannes, der kaum etwas von der Komplexität und den Schwierigkeiten eines Themas versteht, das sich schon seit langer Zeit einer Lösung entzieht.“ Die Zeitung erklärte, die Verhandlungen über die Beseitigung der nordkoreanischen Atomraketen steckten in einer „Sackgasse“ und Pjöngjang produziere weiterhin Kernbrennstoff und Raketen.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) veröffentlichte am Montag einen Bericht, laut dem Nordkorea sein Atomprogramm weiter aus und verstoße damit gegen mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Die Behörde bezeichnete diese Aktivitäten als „zutiefst bedauerlich“ und „Ursache großer Besorgnis“.

Dass Nordkorea sein Atomprogramm fortsetzt, ist wenig überraschend. In der gemeinsamen Erklärung, die nach dem Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim veröffentlicht wurde, war nur allgemein von der Notwendigkeit die Rede, „auf die vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel hinzuarbeiten“. Diese vage Formulierung haben Washington und Pjöngjang unterschiedlich interpretiert.

Nordkorea hat betont, dass alle Maßnahmen in Richtung einer Denuklearisierung Schritt für Schritt erfolgen und dass die USA und ihre Verbündeten als Gegenleistung Zugeständnisse machen müssten. Pjöngjang versucht vor allem, eine Lockerung der verheerenden Wirtschaftssanktionen zu erreichen, die von den USA und den UN einseitig verhängt wurden, sowie einen formellen Friedensvertrag, um die jahrzehntelange Isolation des Landes seit dem Koreakrieg von 1950-53 zu beenden.

Als Zeichen seines guten Willens hat Nordkorea alle Atom- und Raketentests eingestellt und begrenzte Schritte zur Demontage einiger Testanlagen unternommen. Die USA hingegen haben sehr wenig getan. Eine gemeinsame Militärübung mit Südkorea wurde abgesagt, doch wie Trump betonte, könne diese Entscheidung schnell zurückgenommen werden.

US-Außenminister Mike Pompeo hat sich zu drei Verhandlungsrunden mit dem nordkoreanische Regime getroffen, Berichten zufolge wird ein viertes Treffen geplant. Die Reaktion Nordkoreas auf Pompeos Besuch im letzten Monat zeigte jedoch, dass zwischen den beiden Seiten ein tiefer Graben verläuft. Pjöngjang verurteilte Washingtons „gangsterhafte“ Forderungen – vermutlich nach einer einseitigen Demontage des nordkoreanischen Atomarsenals. Die Trump-Regierung hat mehrfach erklärt, die Sanktionen würden erst dann aufgehoben, wenn Nordkorea sein Atomarsenal beseitigt hat.

Das Wall Street Journal zitierte am Mittwoch Kommentare des Sonderberaters des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in, Moon Chung-in, der erklärte, die Gespräche zwischen den USA und Nordkorea würden stagnieren. Seoul versuche deshalb, beide Seiten zu Zugeständnissen zu bewegen, um Vertrauen aufzubauen. Weiter erklärte er, das Problem sei, dass „die USA von Nordkorea schon vorab Versprechen fordern, dass Pjöngjang Inspektionen seiner Atomanlagen öffentlich ankündigt und akzeptiert“, bevor irgendein Schritt zur Lockerung der Sanktionen unternommen werde.

Präsident Moon wird sich nächsten Monat zu einem dritten Gipfel mit Kim treffen. Er unterstützte die Forderungen von Pjöngjang nach einer formellen Beendigung des Koreakriegs als Voraussetzung für Verhandlungen über einen Friedensvertrag. Die Kampfhandlungen endeten im Jahr 1953 mit einem Waffenstillstand, wodurch sich die USA und ihre Verbündeten technisch gesehen noch immer im Krieg mit Nordkorea befinden. Washington hat einer solchen Erklärung bis heute nicht zugestimmt.

Obwohl die Gespräche offensichtlich ins Stocken geraten sind, blieb die Herangehensweise der Trump-Regierung ungewöhnlich verhalten. Trumps nationaler Sicherheitsberater John Bolton, der in der Vergangenheit immer wieder durch Forderung nach US-Militärschlägen gegen das nordkoreanische Atomarsenal aufgefallen war, erklärte letzten Sonntag in der ABC-Sendung „This Week“ lediglich, Pjöngjang müsse mit Blick auf die Denuklearisierung „zeigen, dass es ihnen damit ernst ist“.

Trump schlug am Montag in einem Interview mit Reuters ein weiteres Treffen mit Kim in diesem Jahr vor und rühmte sich mit dem Erfolg des Treffens in Singapur: „Ich habe [Nordkoreas] Atomtests beendet. Ich habe die Raketentests beendet. Japan ist begeistert. Was jetzt passieren wird? Wer weiß? Wir werden sehen.“

Vor weniger als einem Jahr hatte Trump vor den Vereinten Nationen gedroht, er werde Nordkorea „vollständig zerstören“, wenn es die USA bedrohe. Nun prahlt er mit der „großartigen Chemie“ zwischen ihm und dem nordkoreanischen Regierungschef. Gegenüber Reuters erklärte er: „Es werden keine Raketen abgefeuert, es herrscht Ruhe ... Ich habe ein sehr gutes persönliches Verhältnis zum Vorsitzenden Kim, und ich glaube, das ist es, was die Sache zusammenhält.“

Die abrupte Kehrtwende unterstreicht, dass es Washington primär nie um die angebliche Bedrohung durch Nordkoreas kleines Atomarsenal ging. Vielmehr sollte das nordkoreanische Regime durch immensen Druck und die Drohung mit einem offenen Krieg zu einer Abkehr von Peking und einer Neuorientierung auf Washington gedrängt werden. Dies war Teil der umfassenderen Versuche der USA, China zu isolieren, einzukreisen und zu schwächen.

Trump setzte Obamas „Pivot to Asia“ fort, in dessen Rahmen die USA ihre Bündnisse und strategischen Partnerschaften im ganzen Indopazifik-Raum ausgebaut und ihre Streitkräfte in der Region verstärkt haben, um einen Krieg gegen China vorzubereiten. Angesichts seines historischen Niedergangs betrachtet der US-Imperialismus China als größte Bedrohung für seine globale Vorherrschaft. Trump verschärft aktuell die Handelskriegsmaßnahmen gegen China und droht, noch weitere folgen zu lassen.

Dass Trump mit seine guten Beziehungen zu Kim prahlt und es bei der Denuklearisierung offenbar nicht eilig hat, legt nahe, dass sich die beiden Staatschefs in Singapur darauf geeinigt haben, bei einer Reihe von Themen enger zusammenzuarbeiten, u.a. gegen China. Die Beziehungen zwischen Nordkorea und seinem nominellen Verbündeten China haben sich deutlich verschlechtert, seit Peking unter dem Druck Washingtons verheerenden UN-Sanktionen gegen Pjöngjang zugestimmt hat.

Die Washington Post wies in einem Artikel auf den Kurswechsel hin. Er trug die Überschrift „Nach Entspannung mit Nordkorea: Trump nimmt zunehmend einen neuen Gegner ins Visier – China“. Darin heißt es: „Von einem eskalierenden Handelskrieg bis hin zu einem neuen Verteidigungsetat als Reaktion auf Chinas Expansion auf dem Meer: die Trump-Regierung hat die ostasiatischen Macht in einem Wettkampf des Willens ins Visier genommen, der in Peking zu dem Verständnis geführt hat, dass die USA Chinas Aufstieg eindämmen wollen.“

Trumps Fokus auf China fließt unmittelbar ein in die erbitterten politischen Fraktionskämpfe in Washington, die sich um die haltlosen Vorwürfe drehen, Russland habe sich in die Präsidentschaftswahl 2016 eingemischt. Die Konflikte sind Ausdruck scharfer taktischer Meinungsverschiedenheiten in der amerikanischen herrschenden Elite über die Stoßrichtung der Außenpolitik. Einflussreiche Teile des Militär- und Geheimdienstapparats bestehen darauf, dass nicht China der Hauptfeind ist, sondern Russland.

Es ist kein Zufall, dass die gleichen Kritiker auch Trumps Haltung gegenüber Nordkorea ins Visier nehmen, die Teil der Vorbereitungen auf eine Konfrontation mit China ist.

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