General Motors:

Weitere mögliche Werksschließungen in den USA gefährden 6.000 Arbeitsplätze

Vor zwei Wochen hatte General Motors die Schließung von fünf Werken in den USA und Kanada sowie den Abbau von fast 15.000 Stellen Anfang nächsten Jahres angekündigt. Branchenanalysten warnen jedoch davor, dass GM möglicherweise noch weitere Werke schließen wird.

Die Zeitung Detroit Free Press veröffentlichte am Montag einen Artikel, laut dem zwei Montagewerke in Michigan (eines davon in Lake Orion nördlich von Detroit, eines in Lansing Grand River) sowie ein Montagewerk in Bowling Green (Kentucky) und ein weiteres in Fairfax bei Kansas City (Kansas) geschlossen werden könnten, weil sie deutlich unter ihrer Höchstkapazität laufen. In den Fabriken arbeiten derzeit insgesamt 6.238 Arbeiter.

Die Free Press schreibt: „Produktionsarbeiter in vier weiteren General-Motors-Betrieben haben Grund zur Sorge. Branchenexperten und einige Vertreter der UAW warnen, die Fabriken müssten mehr Fahrzeuge bauen, andernfalls könnte sie ein ähnliches Schicksal treffen wie die drei Montagewerke Detroit-Hamtramck, Lordstown (Ohio) und Oshawa (Ontario) sowie die zwei Getriebewerke in den USA, die GM nächstes Jahr stilllegen will.“

Am 26. November hatte GM die Schließung der fünf Werke angekündigt. GM-Vorstandschefin Mary Barra erklärte, die Kosteneinsparungen in Höhe von 6,5 Milliarden Dollar würden das „langfristige Profit- und Geldschöpfungspotenzial des Unternehmens“ erhöhen. Aufgrund dieser Ankündigung schnellte der Aktienkurs des Unternehmens um 7,8 Prozent in die Höhe.

Vertreter von GM verteidigten nicht nur die vorherige Ankündigung von Stellenstreichungen, sondern machten auch deutlich, dass sie zu noch brutaleren Maßnahmen bereit sind. Die GM-Sprecherin Kimberly Carpenter erklärte gegenüber der Free Press: „Wir glauben, dass uns die jüngsten Maßnahmen auf den richtigen Weg bringen. Wir werden die Markt- und Verbrauchertrends weiterhin beobachten und entsprechende Anpassungen vornehmen. Unser Ziel ist, wie immer, mit der UAW konstruktiv zusammenzuarbeiten, um unsere wirtschaftlichen Herausforderungen so anzugehen, dass das Unternehmen unter den sich verändernden Marktbedingungen wettbewerbsfähig bleibt.“

Wie die Free Press berichtet, arbeiten im Dezember 2018 vier von zwölf GM-Werken, drei von neun Ford-Werken und zwei von sechs Fiat-Chrysler-Werken unterhalb der empfohlenen Kapazität.

Der Marktökonom Jon Gabrielsen, der Autobauer und Zulieferer berät, erklärte gegenüber der Free Press: „Alle drei, GM, Ford und Fiat Chrysler, werden vermutlich ihre Werkskapazität in Nordamerika weiter verringern müssen. Wenn sie davon reden, ein Werk beizubehalten, werden sie ein anderes in Nordamerika finden müssen, das sie schließen.“

Der Stellenabbau bei GM ist Teil einer Umstrukturierung der globalen Autoindustrie angesichts sinkender Verkaufszahlen in Nordamerika und China und von Profitverlusten in Europa und Südamerika. Ford wird vermutlich bald seine eigenen Pläne für Stellenstreichungen bekanntgeben, denen bis zu 25.000 Arbeitsplätze zum Opfer fallen könnten – der überwiegende Teil davon in Europa. Im Januar werden Ford und VW vermutlich eine wichtige Ankündigung hinsichtlich der zunehmenden Integration ihrer Produktionsanlagen machen. Das könnte der Beginn einer neuen Konsolidierungswelle sein.

Die neuen Drohungen sollen den Druck auf die 156.000 Beschäftigten von GM, Ford und Fiat Chrysler verschärfen, deren Tarifverträge am 13. September 2019 auslaufen. Nachdem die Gewerkschaft United Auto Workers ihnen jahrzehntelang im Namen der „Erhaltung von Arbeitsplätzen“ Zugeständnisse bei Löhnen und Zusatzleistungen zugunsten der Arbeitgeber aufgezwungen hat, sind die Arbeiter jetzt entschlossen, die Einkommensverluste wieder auszugleichen. Denn die amerikanischen Autobauer fahren jetzt seit fast acht Jahren hohe Profite ein.

Kristin Dziczek von der Denkfabrik Center of Automotive Research, die von der Wirtschaft finanziert wird, erklärte vor kurzem im Branchenmagazin Automotive News, GMs Werksschließungen „könnten den Mitgliedern sogar helfen, sich auf Arbeitsplätze und ihr Überleben zu konzentrieren, statt auf immer neue Forderungen nach Lohnerhöhungen, Zusatzleistungen und Boni“.

Genau wie bei früheren Tarifverhandlungen hofft die Gewerkschaft United Auto Workers auch diesmal darauf, die Drohung mit Arbeitsplatzabbau benutzen zu können, um Arbeitern Tarifabkommen aufzuzwingen, die die Profite der Konzerne erhöhen und damit der UAW selbst mehr Geld in die Kasse spülen. Ein beträchtlicher Teil von dem, was den Autoarbeitern in den letzten 40 Jahren gestohlen wurde, fand seinen Weg in die Kasse der UAW. Die Gewerkschaft kontrolliert ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar, in Form von Geldern für die gemeinsam mit dem Management unterhaltenen „Ausbildungszentren“, Aktien der Unternehmen und offenen Bestechungsgeldern.

Am Montag berichtete die Detroit News, dass die Staatsanwaltschaft kurz vor einer Anklage gegen den UAW-Vizepräsidenten Norwood Jewell steht, der im Jahr 2015 für die Tarifverhandlungen mit Fiat Chrysler verantwortlich war. Die Tarifverträge, die er gegen massenhaften Widerstand durchgesetzt hatte, behielten das verhasste Zwei-Stufen-Lohnsystem bei und weiteten die Zahl der schlechtbezahlten Teilzeitarbeitskräfte deutlich aus.

Jewell steht seit langem in Verdacht, der anonyme hohe UAW-Funktionär zu sein, der „UAW-3“ genannt wird und der in einen Korruptionsfall verwickelt ist, bei dem es um die Zahlung von Bestechungsgeldern in Millionenhöhe an UAW-Funktionäre durch Fiat-Chrysler-Vorstände geht.

Informanten erklärten gegenüber der Detroit News, Jewell hätte rechtswidrig Gelder aus dem UAW-Chrysler National Training Center benutzt, um Golfausflüge in Palm Springs (Kalifornien) und Tickets für Disney World für mehr als 10.000 Dollar zu bezahlen. Im Januar war Jewell überraschend zurückgetreten, nachdem die Detroit News ihn mit dem Ermittlungsverfahren in Verbindung brachte und sein Haus von Bundesagenten durchsucht wurde. Er wurde als der hochrangige Gewerkschaftsführer identifiziert, der üppige Geschenke und Zusatzleistungen von Fiat-Chrysler-Vorständen im Wert von etwa 50.000 Dollar erhalten hat.

Detroit News berichtete: „Zu den Geschenken gehörte ein italienisches Gewehr und eine Party für 30.000 Dollar, bei der Models herumliefen und den Gewerkschaftsführern die Zigarren anzündeten. Das alles wurde von Fiat Chrysler mit Geld bezahlt, das eigentlich für die Ausbildung von Produktionsarbeitern vorgesehen war.“

Angesichts der zunehmenden Wut unter Autoarbeitern über die angedrohten Schließungen arbeitet die UAW mit der Trump-Regierung und verschiedenen Demokraten aus Ohio und Michigan zusammen, um die Arbeiter in Mexiko, China und sogar in Kanada für den Stellenabbau verantwortlich zu machen. UAW-Präsident Gary Jones klagte in der Zeitschrift The Hill: „GM ist ein wichtiger Importeur seiner eigenen Marken aus China, Kanada und Mexiko, die jetzt in den USA verkauft werden.“ Er drängte die Politiker, die GM Steuersenkungen in Milliardenhöhe verschafft haben, „Steuern und Handelsgesetze zu unterstützen, die Investitionen in den USA belohnen und Unternehmen für ihr Vorgehen zur Verantwortung ziehen“.

Die UAW lehnt sämtliche Kampfmaßnahmen der Arbeiter gegen die Werksschließungen strikt ab. Die Free Press zitierte aus den Äußerungen des Wirtschaftsprofessors Marick Masters von der Wayne State University, der davor warnte, dass sich die Arbeiter von den Zwängen der Gewerkschaften befreien könnten: „Schauen Sie sich die wilden Streiks der Lehrer in West Virginia und anderen Staaten an. Es gibt eine wachsende Militanz unter einigen Arbeitern und anderen, für die der kritische Punkt wohl erreicht ist. Die Menschen greifen zu extremen Mitteln, wenn sie glauben, dass es keine Alternative gibt.“

Zehn Jahre nach dem globalen Finanzcrash mehren sich die Anzeichen für Widerstand in der Arbeiterklasse und wächst die Wut überall in den USA und weltweit. Der Höhepunkt dieser Entwicklung sind die Massenproteste der „Gelbwesten“ in Frankreich gegen Emmanuel Macron, den „Präsidenten der Reichen“.

Die Gefahr von Werksschließungen und Entlassungen verdeutlicht, wie wichtig die Versammlung war, die der Autoworker Newsletter der WSWS am Sonntag einberufen hatte.

An der Veranstaltung nahmen Arbeiter von GM, Ford und Fiat Chrysler aus dem ganzen Mittleren Westen teil. Sie verabschiedeten einstimmig eine Resolution, die zum Kampf für die Errichtung von Basiskomitees aufrief, die unabhängig von der UAW, der kanadischen Unifor und anderen Gewerkschaften in sämtlichen betroffenen Arbeitsstätten, Fabriken und Wohnvierteln gegen die Werksschließungen kämpfen.

In der Resolution heißt es, diese Komitees sollen die Interessen der Arbeiter gegen das Konzernmanagement verteidigen und Arbeiter auf der Grundlage ihrer eigenen Forderungen mobilisieren, darunter die Abschaffung des Zwei-Stufen-Lohnsystems und der Kampf für Demokratie in den Betrieben. Sie weist den giftigen Nationalismus der UAW und anderer Gewerkschaften zurück und ruft zum Kampf für „die Einheit der amerikanischen Arbeiter mit unseren Klassenbrüdern und -schwestern in Kanada, Mexiko und dem Rest der Welt“ auf.

Loading