Jaguar Land Rover will in England fast 5000 Stellen streichen

Jaguar Land Rover (JLR), der größte britische Autobauer, hat am Donnerstag bestätigt, dass es den Abbau von 4.500 Stellen in Großbritannien plant.

Die Zahl entspricht etwa einem Zehntel der 44.000 JLR-Beschäftigten im Vereinigten Königreich. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des indischen Konzerns Tata Motors und führt die britischen Werke Halewood, Solihull, Castle Bromwich und Wolverhampton. Weitere Fabriken befinden sich in Indien, Irland, Österreich, der Slowakei, Brasilien, China und den USA. Insgesamt beschäftigt JLR 53.000 Arbeiter.

Der Stellenabbau ist Teil von Umstrukturierungsplänen, mit denen JLR seine Kosten um 2,5 Milliarden Pfund senken will. Am gleichen Tag, an dem JLR seine Pläne ankündigte, gab auch Ford den Abbau von tausenden von Stellen in Europa bekannt. Wie BBC Wales am Freitag berichtete, umfassen diese Pläne auch den Abbau von 370 Arbeitsplätzen im Ford-Motorenwerk Bridgend in Südwales, das aktuell 1.700 Arbeiter beschäftigt. Dies soll die „erste Phase“ im Abbau von 1.150 Stellen bis 2021 sein.

Genau wie alle Autobauer steht auch JLR unter enormem Wettbewerbsdruck und ist ständig dabei, seine Kosten zu senken und seine Produktivität zu steigern. Letztes Jahr hatte JLR aufgrund sinkender Nachfrage nach Dieselfahrzeugen und Limousinen 1.000 Stellen in seinem Vorzeigewerk in Solihull abgebaut und in anderen Werken die Arbeitszeit verkürzt. Seither wurden die Kosten noch weiter gesenkt. In der Slowakei hat das Unternehmen ein Werk mit 1.500 Arbeitern eröffnet.

Letzten Oktober verzeichnete JLR Verluste von 90 Millionen Pfund und einen Rückgang der Umsätze in China, seinem wichtigsten und profitträchtigsten Absatzmarkt. Der Handelsstreit zwischen den USA und China hat sich verschärft, und die chinesische Wirtschaft wächst immer langsamer. Für die chinesische Autoindustrie bedeutete das im letzten Jahr, dass die Umsätze erstmals seit über zwanzig Jahren zurückgingen. Laut dem chinesischen Verband der Passagierfahrzeuge wurden letztes Jahr 22,7 Millionen Fahrzeuge verkauft, was einem Rückgang von sechs Prozent entspricht.

Jaguar Land Rover produziert in Großbritannien verschiedene Fahrzeuge. In Castle Bromwich werden die Jaguar-Modelle XE, XF und F produziert; in Solihull der Jaguar F-Pace und die Land Rover-Modelle Discovery und Range Rover. In Ryton und Halewood werden der Jaguar XE SV Project 8, der Range Rover SV Coupé, der Land Rover Discovery Sport und der Range Rover Evoque gebaut. Die Produktion das Modells Land Rover Discovery soll in die Slowakei verlagert werden.

Das Unternehmen erklärte, die Verluste seien das nächste Stadium seines „Umbauprogramms“, das in den nächsten achtzehn Monaten umgesetzt werden soll. Das Ergebnis soll ein „verbesserter Kapitalfluss“ und eine „schlankere, belastbarere Organisation mit flacheren Managementstrukturen“ sein.

Schätzungen zufolge wird JLR bis Ende 2019 in Großbritannien nur noch 38.000 Arbeiter beschäftigen. Das Unternehmen hat noch nicht erklärt, in welchen Bereichen Stellen abgebaut werden. Allerdings wird es vermutlich bei Management, Forschung, Verkauf und Design zum Abbau kommen. Arbeitsplatzabbau in der Autoindustrie hat massive Auswirkungen auf viele Bereiche, die von ihr abhängig sind. An einem Arbeitsplatz in einer Autofabrik hängen fünf weitere Arbeitsplätze. Etwa 800.000 Arbeitsplätze in Großbritannien stehen in Verbindung mit der Autoindustrie, 170.000 davon im Produktionssektor.

Bei der Ankündigung der Entlassungen erklärte JLR-Vorstandschef Ralf Speth: „Wir unternehmen entschiedene Schritte, damit wir trotz verschiedener geopolitischer und regulatorischer Störungen, sowie auch technologischer Herausforderungen, in der Autoindustrie zu langfristigem Wachstum beitragen können.“

Was er mit den „geopolitischen Störungen“ meint, ist in erster Linie der Brexit. Die Angst vor dessen Folgen geht unter allen Autoherstellern um. Bis zum geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU am 29. März sind es weniger als drei Monate. Wenn Premierministerin Theresa May das Parlament nicht dazu bringen kann, ihren Deal mit der EU zu akzeptieren, besteht die reale Gefahr eines „harten“ Brexit, wodurch der Autoindustrie ein beispielloses Chaos droht.

Mehr als die Hälfte aller Exporte der britischen Autoindustrie gehen in die EU, und zwei Drittel der importierten Autos kommen aus EU-Staaten. Vor dem Referendum im Jahr 2016 hatten sich alle Vorstandschefs der britischen Autokonzerne für den Verbleib in der EU ausgesprochen. Nun raten sie May zu einem „weichen“ Brexit, damit sie ihren zollfreien Zugang zum Binnenmarkt behalten können. Wenn sie den Zugang zum Binnenmarkt und der europäischen Zollunion verlieren, dann wird dies ihre Lieferketten schwer beschädigen, und in den Häfen wird es zu langen LKW-Staus kommen. Da für ein einziges Auto knapp 15.000 Komponenten erforderlich sind, geht es dabei für die Autoindustrie um Leben und Tod.

Auch Speth äußerte letzte Woche solche Bedenken. Auf die Frage von Sky News, ob ein harter Brexit problematisch wäre, erklärte er: „Es wäre für das Unternehmen ein riesiges Problem … wegen der physischen Logistik, die notwendig ist, um in Großbritannien täglich 3.000 Autos zu bauen … Wenn uns ein Teil fehlt, müssten wir die Produktion einstellen. Das könnte uns zwischen 80 und 100 Millionen Pfund pro Tag kosten.“

Inmitten der zunehmenden Wirtschaftskrise fürchten die Arbeiter die Folgen des Stellenabbaus. Diese Arbeitsplätze gehören zu den letzten noch übrigen gut bezahlten Stellen im schrumpfenden Produktionssektor, der nicht einmal mehr zehn Prozent der britischen Volkswirtschaft ausmacht.

Große Teile der Beschäftigten sind bereit, Widerstand gegen den Stellenabbau zu leisten. BBC zitierte einen Arbeiter aus dem JLR-Werk in Whitley bei Coventry, der anonym bleiben wollte: „Es ist unklar, was hier vorgeht. Ich habe ein kleines Kind, also würde ich momentan meinen Job nur ungern verlieren … Klar kämpfe ich um meinen Arbeitsplatz … Eine freiwillige Kündigung wäre für mich ein zu großes Risiko.“

Die Autoarbeiter sind kampfbereit. Das hat im November ein spontaner Streik einer ganzen Schicht von Vauxhall-Arbeitern in Ellesmere Port bei Liverpool gezeigt, nur wenige Kilometer vom JLR-Werk in Halewood (Merseyside) entfernt. Als ihnen Funktionäre der Gewerkschaft Unite mitteilten, dass 241 Stellen abgebaut werden sollten, legten sie sofort die Arbeit nieder. Vauxhall gehört zum Mutterkonzern PSA, dem auch die Opelwerke seit zwei Jahren gehören.

Diese Kampfbereitschaft bringt die Arbeiter in direkten Konflikt mit den Gewerkschaften, die keinen Finger rühren, um die Arbeitsplätze in der Autoindustrie zu verteidigen. Unite, die mit etwa 95.000 Mitgliedern wichtigste Gewerkschaft der Branche, organisiert keinen Kampf gegen den Arbeitsplatzabbau in Ellesmere Port und fordert lediglich die „sofortige Zusage“, dass das Werk bestehen bleibe. Unite erklärte, sie werde „auf Garantien drängen, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird“. Jeder Arbeiter weiß, was davon zu halten ist: Es handelt sich dabei um einen Kodebegriff dafür, dass die Gewerkschaft den Stellenabbau akzeptieren wird.

Bei JLR und Ford verhalten sich die Gewerkschaftsführer genauso. Als Reaktion auf die Ankündigung von JLR erklärte der nationale Sekretär von Unite, Des Quinn: „Unite wird das Geschäftsszenario für diesen weltweiten Stellenabbau analysieren und erwartet, dass alle Kündigungen in Großbritannien auf freiwilliger Basis der betroffenen Beschäftigten erfolgen.“

Die Gewerkschaft Unite ist ein Partner von JLR und genießt dessen Vertrauen. Daher sieht sie ihre Aufgabe darin, die weitere Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Quinn erklärte, die britischen Beschäftigten hätten „in den letzten Monat große Unsicherheit ertragen müssen. Dennoch arbeiten sie weiterhin hart, damit der Autobauer ein weltweit führendes Unternehmen bleibt.“

Er fügte hinzu: „Die Neuinvestitionen sind auf Rekordniveau, und in den britischen Werken sollen neue Modelle gebaut werden. Vor diesem Hintergrund können wir uns darauf freuen, dass Jaguar Land Rover weiterhin ein globales Erfolgsunternehmen und das Juwel in der Krone der britischen Industrie bleiben wird.“

Die Autoarbeiter in Großbritannien können nur dann erfolgreich gegen Stellenabbau und weitere Angriffe auf ihre Löhne und Arbeitsbedingungen kämpfen, wenn sie dies mit einer Perspektive tun, die im Widerspruch zu derjenigen der nationalistischen und prokapitalistischen Gewerkschaften steht. In Großbritannien müssen zehntausende JLR-Arbeiter und 13.000 Ford-Arbeiter Aktionskomitees aufbauen, die von den Gewerkschaften unabhängig sind.

Diese Komitees müssen engste Beziehungen zu Arbeitern aus Autowerken in ganz Europa, Asien, den USA und Kanada aufbauen, die mit den gleichen Angriffen konfrontiert sind. Zusammen mit diesen müssen sie einen international koordinierten Kampf organisieren.

In den USA haben Arbeiter der drei größten Konzerne die Konsequenzen aus dem andauernden Verrat der United Auto Workers gezogen und mit dem Aufbau unabhängiger Komitees begonnen. Im Dezember haben sie auf einer Versammlung in Detroit beschlossen, solche unabhängigen Aktionskomitees aufzubauen, um Widerstand gegen die Entlassung von weltweit 15.000 Arbeitern bei General Motors zu leisten. Die Versammlung wurde vom Autoworker Newsletter der WSWS und der Socialist Equality Party (US) organisiert.

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