BMW baut 16.000 Arbeitsplätze ab

Die großen Konzerne und Unternehmen nutzen die Coronakrise, um seit langem geplante Kürzungen bei Arbeitsplätzen, Löhnen und Arbeitsbedingungen rigoros umzusetzen. Die Autoindustrie, die sich bei ihren Angriffen auf die Belegschaften seit Jahrzehnten auf die Dienste der IG Metall verlassen kann, steht dabei in vorderster Front.

BMW-Zentrale in München

Nachdem alle anderen großen Hersteller den Abbau von Zehntausenden von Arbeitsplätzen angekündigt haben, sind im Juni auch bei BMW konkrete Zahlen offengelegt worden. Betriebsrat und Vorstand haben Mitte Juni den Abbau von 6000 BMW-Stellen beschlossen. Zudem verlieren rund 10.000 Leiharbeiter und Werkvertragsarbeiter ihren Job.

Betriebsratschef Manfred Schoch und Personalchefin Ilka Horstmeier haben am 19. Juni die Mechanismen vorgestellt, mit denen der von Finanzchef Nicolas Peter vorgegebene Personalabbau umgesetzt wird.

Als erstes verlieren rund 10.000 Leiharbeiter und Werkvertragsarbeiter bei BMW ihre Jobs. Der Abbau der 6000 Stellen in der Stammbelegschaft soll „ohne betriebsbedingte Kündigungen“ vonstattengehen, damit der IG-Metall-Betriebsrat den Abbau auch noch als „Erfolg“ darstellen kann.

Offene Stellen werden nicht wieder besetzt. Gewöhnlich gehen jährlich etwa 2500 BMW-Beschäftigte in Rente. Die gleiche Anzahl verlässt den Konzern für einen anderen Arbeitsplatz. Diese Zahl dürfte in der aktuellen Situation bedeutend geringer ausfallen. Damit dennoch 6000 Vollzeitstellen gestrichen werden können, sollen „rentennahe Altersaustritte“ mit Abfindungen vorgezogen werden. 40-Stunden-Verträge werden auf 38 Stunden reduziert. Ein Teil der Beschäftigten kann außerdem auf ein tarifliches Zusatzgeld verzichten und dafür bis zu acht zusätzliche Urlaubstage nehmen.

Das Sparprogramm und der Arbeitsplatzabbau werden immer wieder mit der beschleunigten Umstellung auf Elektromobilität in Zusammenhang gebracht. Schon bis 2023 will BMW insgesamt 25 elektrifizierte Modelle auf den Markt bringen.

Der Betriebsratsvorsitzende Schoch hatte erst kürzlich vorgeschlagen, im internationalen Konkurrenzkampf in die Offensive zu gehen und eine Technologieplattform allein für Elektroautos zu entwickeln. Aktuell werden die Autos auf Plattformen gebaut, die sowohl mit Elektro- als auch mit Verbrennungsmotoren ausgestattet werden können.

Laut Schoch ist die von ihm vorgeschlagene E-Plattform notwendig, wenn BMW nicht von den Konkurrenten aus Kalifornien, gemeint ist Tesla, oder aus China überholt werden wolle. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, Schoch stehe mit diesem Vorschlag nicht allein da. Intern würden einige BMW-Manager bereits seit geraumer Zeit über eine neue Elektrostrategie diskutieren.

Doch die eigentliche Triebkraft hinter den Kürzungen ist nicht einfach der Corona-bedingte Absatzeinbruch oder der Umbau der Werke zur Produktion von Elektroautos, wie dies Betriebsräte, Gewerkschaft und Vorstand behaupten. Die Haupttriebkraft der Angriffe ist die Raffgier der Kapitaleigner. Der Rückgang der Absatzzahlen soll aus Sicht der Aktionäre nicht dazu führen, dass ihre Dividende geschmälert wird. Die BMW-Arbeiter sollen dafür zahlen, dass die Eigentümer den Hals nicht voll genug bekommen.

Das sind bei BMW vor allem die Geschwister Susanne Klatten und Stephan Quandt. Sie sind als Erben der Familie Quandt, die durch die enge Zusammenarbeit mit den Nazis zu ihrem enormen Reichtum gekommen ist. Stephan Quandt ist der zehntreichste Mensch in Deutschland. Sein Vermögen schätzt die Zeitschrift Forbes in diesem Jahr auf 12,3 Mrd. Dollar, im Vorjahr waren es noch 17,5 Mrd. Dollar. Seine Schwester ist die reichste Frau Deutschlands, nur drei Personen sind reicher als sie. „Ihr Vermögen ist in den vergangenen Jahren jedoch geschrumpft“, schreibt die Zeitschrift Capital, „von 25 Mrd. Dollar (2018) auf 16,8 Mrd. Dollar (2020)“.

Als die BMW-Aktionäre auf der Hauptversammlung Mitte Mai beschlossen hatten, sich selbst über 1,6 Milliarden Euro an Dividende auszuzahlen, während 34.000 BMW-Arbeiter in Kurzarbeit mit entsprechenden Lohnverlusten ausharren mussten, strichen die beiden Geschwister als Hauptaktionäre fast 800 Millionen Euro ein.

Mit dem Geld, dass die beiden Erben in diesem Jahr an Dividende einkassiert haben, könnten auch 16.000 Beschäftigte bezahlt werden, so viele wie jetzt ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Die Leih- und Werksvertragsarbeiter hätten bei dieser groben Rechnung dann aber die gleichen Löhne wie ihre Kollegen unter den Stammbeschäftigten.

Die Instrumente, mit denen diese hemmungslose Bereicherung durchgesetzt wird, sind der Betriebsrat und die hinter ihm stehende IG Metall. Schoch ist dienstältester Betriebsratsvorsitzender in der Autoindustrie. Seit 1987 steht er dem Gremium bei BMW vor. Als solcher sitzt er auch seit Jahrzehnten im Aufsichtsrat und kassiert jährlich Hunderttausende Euro.

Schoch und seinesgleichen haben sich mit Haut und Haar der Wettbewerbsfähigkeit „ihres“ Konzerns verschrieben. Sie sprechen immer dann, wenn es um die Erhöhung der Profite und damit der Dividende geht, von unvermeidlichen Anpassungsmaßnahmen. Nun rechtfertigen sie diese mit der Wirtschaftskrise, hervorgerufen durch die Coronapandemie und den daraus resultierenden Absatzrückgang.

Dabei hatten Betriebsrat und Vorstand schon Ende November letzten Jahres Kürzungen bei BMW angekündigt, die vor allem auf die Leiharbeiter, die Zulieferindustrie und damit auf die dort Beschäftigten abgewälzt werden sollten. Die Zahl der rund 10.000 Leiharbeitskräfte bei BMW gegen Null zu drücken, hatte BMW-Vorstandschef Oliver Zipse bereits Ende September 2019 angekündigt, kurz nachdem er den Posten des Vorstandsvorsitzenden übernommen hatte. Da war von Corona-Krise und Absatzrückgang noch keine Rede.

In der Verwaltung ist seitdem bereits sukzessive Personal abgebaut worden, indem Verträge nicht verlängert bzw. freiwerdende Stellen nicht wiederbesetzt worden sind. Das soll nun auf die Produktion ausgeweitet werden.

Bei der Ankündigung der Einsparungen im November letzten Jahres hatte Stefan Schmid, Stellvertreter Schochs im Gesamtbetriebsrat und Betriebsratsvorsitzender des Werks im bayerischen Dingolfing, erklärt, die Kürzungen seien unumgänglich. „BMW verkauft zwar viele Autos, aber die Margen sinken“, sagte er der Landauer Neuen Presse. „Das heißt: Wir haben zwar eine Umsatzsteigerung, aber wir verdienen aktuell nicht mehr so viel Geld. Diese Tatsache müssen die Mitarbeiter auch erfahren und verstehen.“

Schmid ist genauso wie Schoch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats. Die beiden erhalten allein für ihre Aufsichtsratstätigkeit jährlich 430.000 Euro – neben den Hunderttausenden, die sie jedes Jahr für ihre Betriebsratstätigkeit einstreichen.

Die beiden Betriebsrats-Millionäre stehen politisch und sozial uneingeschränkt auf der Seite der Vorstandsmanager und der Aktionäre. Sie sind die maßgeblichen Kräfte, wenn es darum geht, die Margen wieder von derzeit fünf auf die angestrebten acht Prozent Umsatzrendite zu pushen.

Am Donnerstag letzter Woche haben Schoch, Schmid und Zipse in Dingolfing eine neue Produktionslinie für Elektromotoren feierlich eröffnet. „Schon 2022 werden wir allein in Dingolfing E-Antriebe für über eine halbe Million elektrifizierter Fahrzeuge pro Jahr fertigen“, schwärmte Zipse bei der Eröffnung.

Insgesamt sind 18.000 Arbeiter in Dingolfing beschäftigt. Die Zahl der im Bereich für Elektroantriebe Beschäftigten soll von aktuell 600 mittelfristig auf bis zu 2000 erhöht werden. Dafür werden überall in der Produktion von Verbrennermotoren eine weitaus größere Zahl von Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren.

Die von Schoch, Schmid und Kollegen hochgelobten Vereinbarungen über Standort- und Beschäftigungssicherung sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Die aktuelle Betriebsvereinbarung bei BMW, die angeblich jedem Beschäftigten den Arbeitsplatz garantiert, gilt nur solange der BMW-Konzern einen Jahresgewinn erwirtschaftet. Mit anderen Worten: Die Beschäftigung ist gesichert, wenn BMW ausreichend Profit macht und die Rendite für die Anleger stimmt. Sobald aber wirtschaftliche Probleme auftreten und die Arbeiter eine Beschäftigungssicherung benötigten, gilt diese nicht.

Es ist an der Zeit, den Lakaien des Vorstands im Betriebsrat entgegenzutreten und sich aus dem Würgegriff der IG Metall zu befreien. Die BMW-Arbeiter können ihre Arbeitsplätze, Löhne und Lebensbedingungen nur verteidigen, indem sie mit den Gewerkschaften brechen, ihre nationalistische Standortpolitik zurückweisen, unabhängige Aktionskomitees aufbauen, sich international zusammenschließen und für ein sozialistisches Programm kämpfen.

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