Thyssenkrupp vernichtet weitere 5000 Arbeitsplätze

Thyssenkrupp wird 5000 weitere Arbeitsplätze vernichten. Dieser massive Arbeitsplatzabbau kommt zu dem bereits laufenden Abbau von 6000 Arbeitsplätzen hinzu, den der Vorstand des Unternehmens gemeinsam mit IG Metall und Betriebsräten vereinbart hat. Das Grobbleichwerk in Duisburg-Hüttenheim mit 800 Arbeitsplätzen soll geschlossen werden. Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht länger ausgeschlossen.

Nach dem Verkauf der Aufzugsparte Elevator im Frühjahr mit über 50.000 Arbeitsplätzen beschäftigt Thyssenkrupp zur Zeit noch etwa 100.000 Arbeiter. Der Abbau von insgesamt 11.000 Arbeitsplätzen betrifft also mehr als jeden zehnten Beschäftigten. 3600 Arbeitsplätze seien schon abgebaut worden.

Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz gab diese Zahlen am Donnerstag bei der Vorstellung der Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr bekannt, das am 30. September 2020 endete. Sie führte die Verluste in vielen Bereichen des Konzerns auf die Corona-Krise zurück.

Fakt ist aber, dass der Verkauf der Aufzugsparte dem Unternehmen 15 Milliarden Euro einbrachte, und damit unter dem Strich ein Nettogewinn von knapp 9,6 Milliarden Euro erzielt wurde. Während diese Gewinne den Aktionären, allen voran dem Hedgefonds Cevian, zufließen, werden die Verluste auf die Beschäftigen abgewälzt.

In Wahrheit wird die Pandemie ausgenutzt, um seit langem geplante Kürzungsprogramme und Sparmaßnahmen beschleunigt und mit Brachialgewalt durchzusetzen. Als im Mai die Zerschlagung des Konzerns beschlossen wurde, war das keine Reaktion auf die Corona-Ausbrüche, sondern ein Ergebnis des massiven Drucks der Aktionäre, die verlangen, dass alle Unternehmensbereiche, die nicht die geforderte Rendite abwerfen, ausgegliedert und verkauft oder schrittweise stillgelegt werden.

IG Metall und Betriebsrat und alle zehn Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat stimmten im Frühjahr der Zerschlag zu. Seitdem arbeiten sie noch enger als bisher mit dem Vorstand Hand in Hand, um den massenhaften Arbeitsplatzabbau gegen die Beschäftigten durchzusetzen. Konzernchefin Merz kündigte am Donnerstag „harte Einschnitte“ an. Sie sagte: „Die nächsten Schritte können schmerzhafter werden als die bisherigen. Wir werden sie dennoch gehen müssen.“

Im selben Ton sprach auch der Personalchef von Thyssenkrupp, Oliver Burkhard. Er drohte der Belegschaft, die bisher das so genannte „Freiwilligenprogramm“ zum Arbeitsplatzabbau nicht ausreichend genutzt habe, und erklärte, dass angesichts dieser Situation betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen werden könnten.

Burkhard ist unter vielen Arbeitern besonders verhasst. Er war jahrelang IG Metall-Funktionär und wechselte 2013 direkt von seinem Job als Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen in die Position des Personalvorstands. Er kassiert ein Jahreseinkommen von mehreren Millionen Euro für die Ausarbeitung und Durchsetzung der Rationalisierungsmaßnahmen mit all ihren Angriffen auf Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen und Löhne der Belegschaft.

Bereits am Dienstag machte die gleich lautende Nachricht von IG Metall und Vorstand die Runde, dass das Grobblechwerk in Duisburg-Hüttenheim mit 800 Arbeitsplätzen nun endgültig vor dem Aus stehe. Es sei kein Käufer in Sicht, und Thyssenkrupp wolle das Werk selbst nicht weiterführen. Deshalb soll es bis spätestens September 2021 geschlossen werden. Betriebsrat und IG Metall, die diese Arbeitsplatzvernichtung ausarbeiten, bezeichnen diese Rationalisierungsprogramme mit Namen, die an Zynismus kaum zu überbieten sind. Das gegenwärtige Arbeitsplatzmassaker läuft unter der Bezeichnung „Zukunftspakt Stahl“.

Wie in solchen Fällen üblich, organisierten IG Metall und Betriebsrat am Dienstag einige Hundert Arbeiter vor dem Werkstor des Grobblechwerks zu einer Protestaktion, auf der Thyssenkrupp-Stahlvorstand Bernhard Osburg, begleitet von seinem Vorstandskollegen Arnd Köfler und dem Arbeitsdirektor Markus Grolms, der ebenfalls direkt von der IG Metall in diesen Vorstandsposten gewechselt ist, das Aus für das Werk und die Arbeitsplätze von 800 Arbeitern verkündete.

Die Worte vom Bezirksleiter der IG Metall für Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler, unterschieden sich nicht von denen der Vorstandssprecher. Giesler ließ über eine Pressemitteilung verkünden, dass nach Absprung des letzten potentiellen Käufers für das Grobblechwerk in Duisburg Hüttenheim kaum noch eine Chance bestehe, die Schließung des Standorts zu verhindern, und er nutzte die Gelegenheit, erneut eine Staatsbeteiligung bei Thyssenkrupp Stahl zu fordern.

Um Kampfmaßnahmen zur Verteidigung der Arbeitsplätze zu verhindern, wurde die Nachricht verbreitet, die von der Stilllegung betroffenen Arbeiter aus Duisburg Hüttenheim könnten in anderen Werksteilen von Thyssenkrupp Stahl im Duisburger Norden unterkommen. Betriebsbedingte Kündigungen seien in diesem Bereich zumindest gegenwärtig ausgeschlossen, erklärte Dieter Lieske,der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Duisburg, bei der Kundgebung vor dem Werkstor.

Jeder Arbeiter in Duisburg weiß, wie verlogen derartigen Versprechungen sind. Überall werden Arbeitsplätze abgebaut. Alleine im Stahlbereich stehen unmittelbar 3000 Arbeitsplätze auf der Abschussliste. Wo sollen da Ersatzarbeitsplätze herkommen? In Wirklichkeit setzen Betriebsräte Arbeiter unter Druck, um sie dazu zu bewegen, Aufhebungsverträge zu unterschreiben und damit „freiwillig“ ihren Arbeitsplatz aufzugeben. Mehre Arbeiter haben in den vergangenen Wochen der WSWS-Redaktion über derartige Gespräche und Druckausüben von Betriebsräten berichtet.

Der Ruf von IG Metall und Betriebsräten nach einer Staatsbeteiligung bei Thyssenkrupp Stahl dient nicht der Sicherung der Arbeitsplätze – ganz im Gegenteil. Die Gewerkschaft handelt als Lobbyist und Interessensvertreter der Kapitaleigner und Aktionäre, die bereits im Frühjahr die Corona-Pandemie nutzten, um hunderte Milliarden Euro an staatlichen Hilfsgeldern zu kassieren. Diese Gelder dienten einerseits der Bereicherung der Superreichen und wurden gleichzeitig benutzt, um bereits vorbereitete Umstrukturierungen und Rationalisierungsmaßnahmen durchzusetzen.

Darüber hinaus unterstützen die Gewerkschaften den Kurs der Großen Koalition, die angesichts der tiefen Krise des kapitalistischen Systems, die durch die Pandemie noch verschärft wurde, die gesamte Wirtschaft auf einen globalen Handels- und Wirtschaftskrieg vorbereitet. Anfang vergangenen Jahres stellte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sein Konzept für eine „Nationale Industriestrategie 2030“ vor. Er betonte, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen Staat und Markt notwendig sei, um eine „rasche internationale Expansion“ zu ermöglichen, „mit der klaren Zielrichtung, neue Märkte für die eigene Volkswirtschaft zu erobern und – wo immer möglich – zu monopolisieren“.

Genau das unterstützen die Gewerkschaften und ihre Betriebsräte. Seit langem fordern sie von der Regierung Schutzzölle, protektionistische Maßnahmen und mehr Initiative zur Unterstützung der nationalen Wirtschaftsinteressen. Ihr Ruf nach dem Staat ist direkt damit verbunden, Steuermilliarden einzusetzen, um Rationalisierungsprogramme durchzusetzen, mit dem Ziel, die weltweite Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Wie weit die Gewerkschaften dabei gehen, zeigte sich vergangene Woche bei der Lufthansa. Freiwillig, gewissermaßen in vorausseilendem Gehorsam, bieten die drei dort zuständigen Gewerkschaften dem Lufthansa-Vorstand einen Einkommensverzicht von 1,2 Milliarden Euro und den Abbau jedes fünften Arbeitsplatzes an. Dies beinhaltet Gehaltsreduzierungen von bis zu 50 Prozent.

Die erneuten Massenentlassungen bei Thyssenkrupp machen deutlich, wie wichtig es ist, dass Arbeiter sich den reaktionären Machenschaften der IG Metall und ihrer Betriebsräte widersetzen. Die Verteidigung von Arbeitsplätzen, Löhnen und anderen Errungenschaften kann nur Erfolg haben, wenn sie gegen die marktwirtschaftliche Logik und ihre Sachzwänge gerichtet ist. Sie muss antikapitalistisch, das heißt sozialistisch sein. Nicht die Gewinne der Unternehmen sind maßgeblich für die Organisation der Wirtschaft, sondern die Interessen und Bedürfnisse der Belegschaften, ihrer Familien und der Gesellschaft.

Die Beschäftigten bei Thyssenkrupp und alle anderen Arbeiter stehen in offenem Konflikt mit den Gewerkschaften. Sie müssen sich in neuen, von den Gewerkschaften politisch und organisatorisch unabhängigen Aktionskomitees zusammenschließen und für eine antikapitalistische, sozialistische Antwort auf die jetzigen Angriffe eintreten. Wir rufen alle Arbeiter auf, die gegen die Massenentlassungen kämpfen wollen, sich am Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees zu beteiligen und uns noch heute zu kontaktieren.

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