Wie die GEW den gefährlichen Regelbetrieb der Schulen unterstützt

Die Welle an Todesfällen und Neuinfektionen, die über Deutschland und ganz Europa hereinbricht, ist das direkte Resultat der Politik der Bundes- und Landesregierungen. Betriebe, Schulen und Kitas wurden um jeden Preis offengehalten und grundlegendste Sicherheitsstandards missachtet, um die Profite der Unternehmen zu sichern. Auch der jetzige Lockdown klammert Betriebe bewusst aus und lässt die Schulen weitgehend offen.

In der Durchsetzung dieser menschenverachtenden Politik können sich die Regierungen jeglicher Couleur auf die enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften verlassen. Der DGB unterstützte im Namen seiner Mitgliedsgewerkschaften schon im März die milliardenschweren Rettungspakete für Banken und Konzerne.

IG Metall, Verdi und die anderen Einzelgewerkschaften setzten in der Folge alles daran, dass die großen Autowerke, die Versandzentren und der öffentliche Nahverkehr auch unter widrigsten und unsichersten Bedingungen vollständig in Betrieb blieben und die Arbeiter einer massiven Todesgefahr ausgesetzt wurden. Auf diese Weise sollten die Milliardengeschenke an die Reichen wieder eingetrieben werden.

Damit die Eltern arbeiten gehen und Gewinn erwirtschaften können, wurden auch die Schulen und Kitas offengehalten, obwohl wissenschaftlich eindeutig bewiesen ist, dass diese bei allgemein hohen Inzidenzwerten wichtige Treiber der Pandemie sind. Nach Zahlen des RKI sind bisher über 20.000 Lehrer, Erzieher und Betreuer infiziert und über 40.000 betreute Kinder. 17 Lehrer und Erzieher sind an Corona gestorben.

Erst als die Wut von Eltern und Lehrern immer offenere Formen annahm, Schüler ihre Schulen bestreikten, um sichere Bildung einzufordern, kündigte die Bundesregierung die Schließung der Schulen bis zum 10. Januar an. Tatsächlich liegt der größte Teil dieses „Lockdowns“ innerhalb der Weihnachtsferien. Außerdem sind Schulen und Kitas ausdrücklich angewiesen, auch Kinder von Arbeitern aus nicht lebensnotwendigen Betrieben zu betreuen und verkommen so zu bloßen Verwahranstalten.

Unterstützt wird diese verbrecherische Politik von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die aufs engste mit den Regierungen verknüpft ist. Als Bund und Länder den „Lockdown“ über Weihnachten verkündeten, stellte sich die Gewerkschaft hinter die betrügerische Regelung und bezeichnete die Schließung der Schulen als „höchst bedauerlich“. Darüber hinaus erneuerte sie umgehend ihr Fünf-Punkte-Programm, mit dem sie die Schulen und Kitas am 11. Januar gleich wieder in den Regelbetrieb bringen will.

Dabei unterschreiten die GEW-Forderungen sogar die offiziellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, die eine Klassenteilung ab einem Inzidenzwert von 50 für sämtliche Schulformen anregen. Die GEW forderte Wechselunterricht hingegen nur ab der fünften Klassenstufe, einem Alter also, in dem Kinder keine ganztägige Betreuung mehr benötigen und die Eltern trotz reduzierten Schulöffnungszeiten arbeiten gehen können, um die Profite der Reichen zu mehren.

Für die Kitas sieht der GEW-Plan überhaupt keine Gruppenteilung vor. Nicht einmal Risikogruppen sollen nach Meinung der Gewerkschaft von der Präsenzarbeit befreit werden, sondern lediglich eine „Beratung durch Betriebsmediziner“ erhalten!

Nach Auffassung der GEW können Schulen und Kitas im Januar sogar ohne mobile Lüftungsanlagen den Betrieb wieder aufnehmen, die nur etwa 100 Euro pro Schüler kosten würden. Nur wo ein Lüften nicht möglich ist, sollen die Anlagen nach Meinung der Gewerkschaft installiert werden. In den normalen Klassenräumen soll der Unterricht weiterhin bei häufig geöffneten Fenstern in Eiseskälte stattfinden.

Weitere Forderungen wie die „Anschaffung digitaler Endgeräte“, die Erstellung von „Gefährdungsanalysen“ und besseren Hygieneplänen, kostenlose Tests und Grippeimpfung und die Schaffung von „Transparenz“ sind angesichts dessen nichts weiter als Feigenblätter für die kriminelle Gefährdung durch den fortlaufenden Betrieb. Wenn die GEW begrenzte Forderungen für Sicherheitsmaßnahmen stellt, deckt sie damit nur ihre Unterstützung für die unsichere Öffnung der Schulen und Kitas ab.

Ein Beispiel für ein solches Ablenkungsmanöver lieferte die GEW Bayern mit ihrer Klage auf einstweilige Anordnung zur Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern an Schulen. Die Gewerkschaft hatte die Klage bewusst als Verbandsklage eingereicht und nicht etwa die Individualklage eines Lehrers unterstützt, so dass das Gericht sie schon aus formalen Gründen abweisen konnte. So wurde die Notwendigkeit des Abstands an Schulen gerichtlich nicht einmal thematisiert und war die Klage nur die Begleitmusik für die ungesicherte Öffnung der Schulen.

Tatsächlich unterstützte die GEW über den gesamten Zeitraum der Pandemie die kriminelle Regierungspolitik. Als sich die Pandemie in Deutschland ausbreitete und Wissenschaftler ebenso wie die WSWS die Schließung von Betrieben und Schulen forderten, erklärte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am 12. März, dass flächendeckende Schulschließungen „derzeit nicht angezeigt“ seien und man versuche, „einen Normalbetrieb so lange wie möglich aufrecht zu erhalten“. Die GEW unterstützte dies damals mit einem zynischen Sofortprogramm „für Warmwasser, Desinfektionsmittel, Seife und Einmalhandtücher“.

Nachdem die Schulen aufgrund der Opposition in der Bevölkerung kurz darauf doch geschlossen wurden, begann schon wenige Wochen später eine umfassende Kampagne zu ihrer Wiederöffnung. Auch hier stellte sich die GEW an die Spitze und formulierte inmitten der ersten Pandemie-Welle am 14. April Bedingungen für „eine schrittweise Öffnung von Kitas und Schulen“. Die Forderungen gingen kaum über Verbesserungen in den Wasch- bzw. Toilettenräumen, Mindestabstand und die hochtrabende wie sinnfreie Parole „das Thema Hygiene zur Chefsache zu machen“ hinaus.

Letztlich beschlossen die Regierungen dann nach dem Ende der Sommerferien, zum ungeschützten Regelbetrieb überzugehen. Einzige Alibi-Maßnahmen waren das regelmäßige Lüften und mancherorts die Maskenpflicht. Letzteres hatte die GEW mehrfach und zuletzt im August als „pädagogisch unsinnig“ abgelehnt.

Bei den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst zeigte die GEW im September und Oktober dieses Jahres, dass ihre Politik der Schulöffnung Teil einer breiten Offensive gegen die Beschäftigten ist. Zusammen mit den Gewerkschaften Verdi, GdP und IG BAU setzte sie für die Mehrheit der Erzieher, Müllarbeiter, Pfleger, Busfahrer und andere Berufsgruppen, die an vorderster Front in der Pandemie stehen, eine empfindliche Reallohnsenkung durch.

Zugleich stellten sie sicher, dass die enorme Wut der Arbeiter über unsichere Arbeitsbedingungen, Ansteckungsrisiko und Überlastung unterdrückt wird und die Betriebe unter den völlig ungesicherten Bedingungen reibungslos weiterlaufen konnten. Obwohl für die Masse der Arbeiter, die sich in großer Zahl an den Warnstreiks beteiligten, die Arbeitssicherheit und die Pandemiebekämpfung im Zentrum standen, weigerten sich die Gewerkschaften, auch nur eine einzige Forderung zur Arbeitssicherheit aufzustellen.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe (Ziko van Dijk, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Schließlich unterstützte die GEW sogar die Impfrangfolge der Bundesregierung. Dass etwa Einsatzpolizisten noch vor Lehrern und Erziehern geimpft werden sollen, bezeichnete die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am 18. Dezember als „grundsätzlich in Ordnung“. Ein hochgerüsteter Staatsapparat hat der Gewerkschaft zufolge also höhere Priorität als die Gesundheit von Lehrern, Schülern und Erziehern.

Mit ihrer Politik der Schulöffnung setzt die GEW ihre Rolle als Erfüllungsgehilfin der Regierungen der letzten Jahrzehnte nahtlos fort. In Berlin etwa arbeitete die Gewerkschaft aufs engste erst mit dem rot-roten und dann mit dem rot-rot-grünen Senat zusammen, um die Arbeitsbedingungen der Lehrer und Erzieher immer weiter zu verschlechtern. Arbeitszeiten wurden ohne Lohnausgleich erhöht, Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt und Löhne gesenkt.

Mit der Corona-Pandemie zeigt sich der durch und durch reaktionäre Charakter der Gewerkschaften in aller Offenheit. Sie haben nichts mit der Interessenvertretung der Arbeiter zu tun, sondern setzen das Programm des Todes und der schreienden sozialen Ungleichheit gegen die Beschäftigten durch. Das Ergebnis sind zehntausende Tote, Massenentlassungen und Einkommensverluste auf der einen und die sagenhafte Vermehrung des Reichtums auf der anderen Seite.

Um ihr Leben zu schützen und ihre Interessen zu verteidigen, müssen sich Lehrer und Erzieher ebenso wie die Arbeiter in anderen Bereichen aus der gewerkschaftlichen Zwangsjacke befreien und unabhängige Aktionskomitees aufbauen, die die Schließung von Betrieben und Schulen und den Kampf gegen Massenentlassungen in die eigene Hand nehmen und einen Generalstreik gegen die Durchseuchungspolitik vorbereiten. Für diese Perspektive kämpft die Sozialistische Gleichheitspartei als Teil der Vierten Internationale.

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