Tödlicher Jahreswechsel in Sachsen und ganz Deutschland

Das Jahr 2021 begann ebenso tödlich, wie 2020 geendet hatte. Überfüllte Krematorien, Krankenhäuser vor dem Zusammenbruch und Massensterben prägten den Jahreswechsel in Deutschland.

Am 31. Dezember meldete das Robert Koch-Institut (RKI) mit 32.552 Neuinfektionen die zweithöchste Zahl seit Ausbruch der Pandemie. Aktuell sind laut DIVI-Register 82 Prozent aller Intensivbetten in Deutschland belegt, rund ein Viertel bzw. 6000 davon mit Corona-Patienten. Über die Hälfte von ihnen, mehr als 3000 Menschen, müssen beatmet werden.

Bestatter und Krematorien melden, dass sie aufgrund der vielen Toten nicht mehr hinterherkommen. Insbesondere in Sachsen mussten bereits in mehreren Orten zusätzliche Lagerkapazitäten geschaffen werden, oder es erfolgte ein Transport der Toten in weit entfernte Krematorien, wo noch Kapazitäten frei sind.

Zugleich häufen sich Berichte über Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die vor dem Zusammenbruch stehen, über total überlastetes Pflegepersonal, über Ärzte, die Triage-Entscheidungen fällen, und über Krankenhäuser, die ihren Betrieb nur noch mit Unterstützung durch die Bundeswehr aufrechterhalten können.

Bundesweiter Spitzenreiter bei den Neuinfektionen ist der sächsische Vogtlandkreis mit einem Inzidenzwert von 929. Das heißt, in den vergangenen sieben Tagen haben sich 929 von 100.000 Einwohnern oder knapp ein Prozent mit dem Virus infiziert, die Dunkelziffer nicht eingerechnet. Von den 13 sächsischen Landkreisen und Städten weisen nur zwei einen Inzidenzwert unter 300 auf, alle anderen liegen weit darüber.

Aber auch große Teile Thüringens, des nördlichen Brandenburgs und mehrere Landkreise Bayerns weisen ähnlich hohe Zahlen auf.

In aller Deutlichkeit brachte Tobias Wenzel, Oberinnungsmeister der Bestatter in Sachsen, kurz vor Weihnachten die Lage gegenüber NTV auf den Punkt: „Wir, die Bestatter, räumen gerade die Altenheime leer. Das macht mich traurig und wütend zugleich.“

Wenzel schilderte auch, wie er und seine Kollegen von vielen Angehörigen mit verzweifelten und brisanten politischen Fragen konfrontiert werden: „Warum sind die Altenheime nicht auf die zweite Welle vorbereitet? Warum sind die dafür politisch Verantwortlichen noch im Amt?“ In der Tat eine gute Frage.

Bundes- und Länderregierungen haben im Herbst tatenlos zugesehen, wie sich die Pandemie immer weiter ausbreitet. Selbst als die Gesundheitsämter die Nachverfolgung wegen Überlastung bereits offiziell aufgaben, wurden keine effektiven Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen. Schulen, Kitas und Betriebe blieben bis kurz vor Weihnachten vollständig geöffnet.

Das schwarz-rot-grün regierte Sachsen entwickelte sich erst Ende letzten Jahres zum größten Corona-Krisenherd. Bis Anfang Oktober lagen die täglichen Neuinfektionen stets unter 300, seitdem hat sich die Lage explosionsartig verschärft. Ende Oktober stiegen die Neuinfektionen pro Tag erstmals über 1000, Ende November über 2000, am 7. Dezember über 3000 und am 14. Dezember über 4000. Aktuell liegen allein in Sachsen mit seinen 4 Millionen Einwohnern über 3.300 Covid-19-Patienten im Krankenhaus, 600 davon auf der Intensivstation. Die Zahl der aktiven Fälle beträgt 32.300.

Mit einer 7-Tage-Inzidenz über 400 liegt Sachsen mehr als doppelt so hoch wie der bundesdeutsche Durchschnitt. Auch die Sterblichkeit übersteigt mit 3383 Toten alle anderen Bundesländer gemessen an der Einwohnerzahl um das Doppelte. Aufgrund der eingeschränkten Tätigkeit von Hausärzten, Laboren, Gesundheitsämtern und Behörden während der Weihnachtsfeiertage dürfte sie in Wahrheit noch weit höher liegen.

Die Krankenhäuser nähern sich der Grenze der Aufnahmefähigkeit. Vier der 13 Landkreise haben weniger als zehn freie Intensivbetten, weitere fünf weniger als 20. Angesichts dieser Lage sind weitere Rekordzahlen bei den Todesfällen im Januar vorprogrammiert.

Diese Katstrophe war und ist jedoch nicht alternativlos. Vielmehr ist sie eine direkte Folge der Politik aller politischen Parteien. In Sachsen regiert seit einem Jahr eine sogenannte Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Nachdem das Land von der ersten Welle im Frühjahr weitgehend verschont geblieben war, verfolgte die Regierung seit dem Sommer eine unausgesprochene Durchseuchungspolitik und relativierte die Gefährlichkeit des Covid-19-Erregers.

Eine wichtige Rolle spielten dabei die „Bremsklotz“-Studien, die die TU Dresden unter Leitung von Prof. Reinhard Berner im Auftrag der Landesregierung erstellte. Die unter Lehrern und Erziehern verrufene Studie untersuchte erstmals im Mai und dann erneut in den Herbstferien die Blutproben von 2000 Schülern und Lehrern.

Die Studie war „absurd“, wie die WSWS damals titelte, weil sie Ergebnisse, die unter kaum vorhandenem Pandemiegeschehen entstanden, als Beleg für die Ungefährlichkeit des Schul- bzw. Kitabetriebs anführte. In beiden Zeiträumen gab es in ganz Sachsen (nicht je 100.000 Einwohner) weniger als 100 Neuinfektionen pro Tag, also nur etwa ein Hundertstel der täglichen Infektionen seit November.

Die Studie der TU Dresden blieb kein Einzelfall. Verschiedene Bundesländer präsentierten ähnliche Studien, die Schulen und Kitas für sicher erklärten. Notfalls wurden anderslautende Studienergebnisse verfälscht und vertuscht. Bereits damals war jedoch die Behauptung, für Kinder bestünde kein Risiko, ja sie würden die Pandemie sogar eindämmen, unvereinbar mit den Ergebnissen anderer wissenschaftlicher Studien.

Inzwischen steht außer Zweifel, dass offene Schulen und Kitas maßgeblich zur Ausbreitung der Pandemie beitragen. Es gibt zahlreiche dokumentierte Fälle von Massenausbrüchen an Schulen sowie von Lehrern, die sich vermutlich während der Arbeit infizierten und tödlich erkrankten, wie Soydan A. in Berlin.

Prof. Berner sprach sich auch mehrfach für eine Durchseuchung aus. Im April warb er für eine „langsam ansteigende Durchseuchung“ in der Kinderpopulation und Anfang September verteidigte er die Lockerungen der Regierungen im Interview mit der Sächsischen Zeitung: „Wir können nicht jede Infektion verhindern.“

Corona-Demo in Halle (Bild: Ralf Lotys (Sicherlich) CC BY-SA 4.0)

Die sächsische Regierung relativierte nicht nur die Corona-Gefahr, sondern machte rechtsextreme Corona-Leugner hoffähig und bot ihnen regelmäßig eine Plattform. Wie bereits zuvor für Pegida, Pro Chemnitz und andere rechtsextreme Bewegungen zeigte die Regierung von Ministerpräsident Kretschmer (CDU) viel Verständnis für die „besorgten Bürger“ oder leugnete deren rechtsextreme Gesinnung.

Ende April erlaubte die Stadt Dresden Pegida, am Geburtstag von Adolf Hitler eine Kundgebung auf dem Dresdner Altmarkt zu veranstalten. Noch im Mai diskutierte der Ministerpräsident im Großen Garten von Dresden höchstpersönlich auf engstem Raum und ohne Maske mit Corona-Leugnern. In der gleichen Art und Weise ließ man die Rechtsextremen mehrfach demonstrieren. Am 7. November verstießen in Leipzig mehrere Tausend unter den Augen der Polizei nicht nur gegen die Corona-Auflagen, sondern griffen auch Journalisten und Gegendemonstranten an. Auch über die Solidarisierung von Polizisten und Rechtsextremen wurde mehrfach berichtet.

Während die rechtsextremen Corona-Leugner ihre antisemitischen Verschwörungstheorien verbreiten konnten, setzte die Regierung ein nicht minder rechtes Programm in die Tat um. Obwohl das Infektionsgeschehen spätestens im November eskalierte, hielt sie an ihrem nutzlosen „Lockdown light“ fest. Schulen, Kitas und Betriebe liefen bis in den Dezember hinein uneingeschränkt weiter. Nur öffentliche Veranstaltungen, Gastronomie und Ähnliches wurden eingeschränkt.

Erst als die sachsenweite Inzidenz die 400er Marke überschritt – das Achtfache des RKI-Richtwerts für Schulschließungen – und in mehreren deutschen Städten Schülerproteste begannen, reagierte die sächsische Regierung und stellte ab 14. Dezember den Regelbetrieb in Schulen und Kitas bis zum 8. Januar ein. In der gleichen Woche wurde zwar der nicht lebensnotwendige Einzelhandel geschlossen, ansonsten beschränkte man sich jedoch auf Appelle, soweit wie möglich im Home-Office zu arbeiten.

Die Gleichgültigkeit der Regierungen steht in scharfem Gegensatz zur Solidarität innerhalb der Bevölkerung und zur Opferbereitschaft des medizinischen Personals. So hatte das Klinikum Görlitz am 14. Dezember „aufgrund steigender Fälle“ und „sinkender Verfügbarkeit von Krankenhauspersonal“ über Facebook „dringend um Hilfe“ gerufen. Innerhalb weniger Tage meldeten sich über 100 Menschen, von denen 34 nun im Drei-Schichtsystem bis vorerst Februar als Hilfskräfte bei der Patientenversorgung (Essen reichen, Reinigung der Zimmer, Hilfe bei der Körperpflege, uvm.) helfen. Unter ihnen befinden sich Kurzarbeiter, Arbeitslose, Schüler, Rentner und Studenten.

Soweit dies bisher bekannt ist, soll der sogenannte Lockdown in Sachsen über den 10. Januar hinaus verlängert werden. Man sollte sich jedoch keinen Illusionen hingeben. Andere Landesregierungen drängen mitten im Massensterben bereits wieder auf Lockerungen. Die Kultusminister von Baden-Württemberg und NRW drängen mit Unterstützung aus Wirtschaft und Politik auf die Öffnung von Schulen und Kitas.

Nur das unabhängige Eingreifen der Arbeiterklasse, um Schulen, Kitas und Betriebe zu schließen, kann dafür sorgen, die Pandemie in den Griff zu bekommen und die tödliche Gefahr für Millionen Menschen abzuwenden.

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