Neue Details über Zusammenarbeit zwischen Faschisten, Polizei und Republikanern vor Putschversuch am 6. Januar

Immer mehr neue Details bestätigen, dass der Putschversuch am Mittwoch vor eine Woche im Voraus geplant und mit Vertretern der Republikaner, der Capitol Police und faschistischen Sympathisanten im Militär- und Geheimdienstapparat koordiniert war. Gleichzeitig verdeutlichen die zunehmenden Hinweise darauf, dass rechtsextreme Elemente im Vorfeld von Trumps Amtsübergabe am 20. Januar einen zweiten Putschversuch planen, dass sich Arbeiter und Studierende dringend auf einen politischen Generalstreik vorbereiten müssen.

Am Mittwoch berichtete Daily Beast über eine Warnung des Secret Service, der eine für den 17. Januar geplante Kundgebung der Boogaloo-Bewegung in Washington DC identifiziert hatte. Diese rechtsextreme Bewegung ist geprägt von ehemaligen und aktiven Angehörigen der Polizei und des Militärs, die einen zweiten Bürgerkrieg anzetteln und einen faschistischen Staat herbeiführen wollen.

Die Senatoren Josh Hawley (Republikaner, Missouri) und Ted Cruz (Republikaner, Texas) bei einer Rede im Kapitol am 6. Januar (AP Photo/Andrew Harnik) [AP Photo/Andrew Harnik]

Der Secret Service warnte außerdem, dass die Faschisten für den 20. Januar eine Kundgebung in Washington planten, die sie als „Million Militia March“ bezeichnen. Bei beiden Veranstaltungen werden die Teilnehmer im Voraus aufgefordert, Waffen mitzubringen.

Zuvor wurde berichtet, dass mindestens drei Beamte der Capitol Police suspendiert wurden und gegen mindestens zwölf weitere wegen ihres Verhaltens bei dem Putschversuch am letzten Mittwoch ermittelt werde. Jonathan Ben-Menachem von The Appeal hat eine Aufstellung über die Teilnahme von Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden angefertigt, laut der 28 Polizisten aus zwölf verschiedenen Bundesstaaten an der Kundgebung teilgenommen haben.

Es sind zahlreiche Videobeweise dafür aufgetaucht, dass Polizisten Absperrungen zur Seite geschoben und die Trump-Anhänger im Kapitol angefeuert haben. Zudem schrieb der Boston Globe am Mittwoch, die Alarmknöpfe im Büro der demokratischen Abgeordneten Ayanna Pressley seien vor dem Putschversuch am 6. Januar „herausgerissen“ worden.

Pressleys Stabschefin Sarah Groh erklärte gegenüber dem Globe: „Alle Alarmknöpfe in meinem Büro wurden herausgerissen – die ganze Einheit“. Groh erklärte, sie habe sie bereits zuvor benutzt und seit dem letzten Mal kein neues Büro bezogen. Groh wurde schließlich ebenso wie Pressley und deren Ehemann an verschiedene „sichere Orte“ gebracht. Sie schilderte gegenüber dem Globe, ihre Gruppe habe versucht, während des Vorfalls ruhig zu bleiben. Dies sei indessen schwierig gewesen, weil sie die Beamten, die sie eskortierten, nicht kannten und nicht wussten, ob sie ihnen trauen könnten.

Die Zahl der Nationalgardisten in Washington wird in den kommenden Tagen von 15.000 auf 20.000 erhöht werden. Mehr als 6.600 Soldaten sind bereits eingetroffen, auf Fotos ist zu sehen, dass sie bewaffnet vor dem Kapitol-Komplex stehen. Auf einem weiteren Foto ist ein Nationalgardist mit „Thin blue line“-Aufnäher auf der Uniform zu sehen, der bei Faschisten und Trump-Anhängern populär ist.

Die Demokratin Mikie Sherrill aus New Jersey erklärte am Dienstagabend während eines Livestreams auf Facebook, sie habe beobachtet, wie republikanische Abgeordnete einen Tag vor dem Putschversuch Gruppen von Trump-Anhängern zur „Aufklärung“ durch das Kapitol führten.

Am Mittwoch unterzeichneten Sherrill und weitere 30 demokratische Abgeordnete einen Brief an die amtierenden Sergeants-at-Arms des Repräsentantenhauses und des Senats sowie an die Capitol Police, in dem eine „Untersuchung“ der „verdächtigen“ Besucher vom 5. Januar gefordert wurde. In allen diesen Behörden gibt es Elemente, die in den Putschversuch verwickelt sind, wodurch die Rädelsführer bei jeder derartigen Untersuchung vor ernsthaften Folgen oder Enthüllung geschützt wären.

In dem Brief, in dem die Abgeordneten eine Untersuchung fordern, weisen sie auch darauf hin, dass „die Besucher, die von einigen Abgeordneten dieses Briefes angetroffen wurden, dem Anschein nach in Zusammenhang mit der Kundgebung vor dem Weißen Haus am folgenden Tag standen…“ Die Gruppe schien „über ungewöhnlich detaillierte Kenntnisse über den Grundriss des Kapitol-Komplexes zu verfügen. Die Präsenz dieser Gruppen im Inneren des Kapitols war äußerst verdächtig.“

In einem Video, das in den sozialen Netzwerken verbreitet wurde, ist eine Frau mit einem Lautsprecher zu sehen und zu hören, die den Randalierern im Kapitol detaillierte Anweisungen gibt: „In dem anderen Raum sind auch zwei Türen, eine hinten, eine rechts, wenn ihr reinkommt. Ihr solltet euch daher untereinander koordinieren, wenn ihr dieses Gebäude einnehmen wollt.“

Als Teil der Versuche der Demokraten, die Pläne ihrer „republikanischen Kollegen“ zu vertuschen, verweigerte Sherrill in einem Interview mit dem Magazin Politico, sich bezüglich der Identität der Abgeordneten zu äußern oder die „verdächtigen“ Aktivitäten, die sie beobachtet hat, näher zu beschreiben.

Auch der demokratische Abgeordnete Tim Ryan (Ohio) weigerte sich, Trumps Mitverschwörer öffentlich beim Namen zu nennen und erklärte, ihm seien „ein paar Namen“ Abgeordneten bekannt, die in die Vorgänge verwickelt seien. Er woll jedoch noch abwarten, sie zu nennen, „um sicherzustellen, dass wir Verifizierung erhalten“. Ryan erklärte, er habe die Namen bereits am Abend des Putsches „den Behörden mitgeteilt“.

Der demokratische Abgeordnete Jason Crow aus Colorado erklärte am Mittwoch gegenüber der New York Times, er habe eine Untersuchung des Government Accountability Office, einer Untersuchungsbehörde des US-Parlaments, zu der Frage beantragt, ob Abgeordnete die Randalierer zu ihrem Angriff auf das Kapitol angestachelt haben.

Gegenüber der Times erklärte Crow: „Sofern es Mitglieder des Repräsentantenhauses gibt, die darin verwickelt waren – und davon gehe ich aus –, werden wir angemessene Schritte einleiten, darunter einen Ausschluss und ein lebenslanges Verbot, politische Ämter zu bekleiden.“

Zu den republikanischen Abgeordneten, die vermutlich namentlich genannt werden, gehören die Organisatoren der „Stop the Steal“-Kundgebung am 6. Januar in Washington: Andy Biggs und Paul Gosar (beide für Arizona) und Mo Brooks (Alabama). Die drei Abgeordneten wurden im Dezember in einem Video des rechtsextremen Aktivisten und Organisators von „Stop the Steal“, Ali Alexander, namentlich erwähnt.

Alexander erklärte: „Wir vier haben uns zusammengetan, um größtmöglichen Druck auf den Kongress während der Abstimmung auszuüben.“ Der Mob sollte „die Herzen und Gedanken der Republikaner in diesem Gremium zum Umdenken bewegen. Sie sollten unser lautes Brüllen von draußen hören.“ Ein Sprecher von Biggs erklärte derweil gegenüber der Washington Post, die Abgeordneten hätten nie Kontakt zu Alexander oder einem anderen Demonstranten gehabt und geleugnet, an der Organisation der Kundgebung beteiligt gewesen zu sein.

Diese Aussage ist nicht glaubwürdig. Die Arizona Republic hatte zuvor berichtet, Biggs habe am 19. Dezember bei der Kundgebung „Stop the Steal“ gesprochen, die von Alexander veranstaltet und beworben wurde, der sogar eine Grafik dafür angefertigt hatte, die im Kapitol von Arizona gezeigt wurde. Neben Alexander ist der Abgeordnete Andy Biggs auf dem Poster zu sehen. Auch auf dem offiziellen Twitter-Account der Republikaner in Arizona wurde ein Tweet von Alexander geteilt, in dem dieser erklärte, er würde sich dafür opfern, die Verfassung zu stürzen.

Diese Details müssen vom Kongress untersucht werden. Er muss von seinem Recht Gebrauch machen, die Beteiligten vorzuladen und sie zu Aussagen unter Eid zu zwingen, um ihre Absprachen ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen und das Komplott zu enthüllen.

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