Frankreichs herrschende Klasse unterstützt Polizeikundgebung vor der Nationalversammlung

Die Demonstration von Tausenden Polizeibeamten am Mittwoch vor der Nationalversammlung, die von einer Gruppe von Polizeigewerkschaften unter der Führung der neofaschistischen Gewerkschaft Alliance organisiert wurde, muss als deutliche Warnung verstanden werden. Die Forderung der Polizei nach dem Aufbau eines autoritären Polizeistaats genießt die nahezu einhellige Unterstützung der etablierten Parteien.

Der Anlass für die Kundgebung war der Tod des Polizeibrigadiers Eric Masson in Avignon am 5. Mai. Ihre politischen Ziele waren ganz klar. Während der Verfassungsrat über das vor Kurzem verabschiedete globale „Sicherheitsgesetz“ der Macron-Regierung berät, fordert die Polizei Mindeststrafen für angebliche Angriffe auf Polizeibeamte. Die Demonstranten griffen das Justizsystem und vor allen den Justizminister und ehemaligen Strafverteidiger Éric Dupont-Moretti scharf an.

Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Alliance, Fabien Vanhemelryck, buhte Dupont-Moretti aus und rief unter Beifall der versammelten Polizeibeamten: „Das Problem mit der Polizei ist das Justizsystem.“ Diese Äußerung läuft auf die Forderung nach der Zerschlagung des Justizsystems und dem Aufbau eines Polizeistaats hinaus.

Der französische Innenminister Gérald Darmanin (Mitte) mit Teilnehmern einer Demonstration von Polizeibeamten am 19. Mai in Paris (AP Photo/Michel Euler)

Einer der Demonstranten drückte gegenüber Europe1 beispielhaft den Hass der Demonstrationsteilnehmer auf Streikende und Demonstrationen für soziale Rechte aus. Er bekundete seine Liebe für die Polizei und erklärte: „Sie sind die letzten Bastionen des Friedens. Sie haben diesen ständigen Guerillakrieg satt.“

Unter den Teilnehmern befanden sich auch Macrons Innenminister und ehemaliges Mitglied der Action Française, Gérald Darmanin, sowie der zweithöchste Führer des neofaschistischen Rassemblement National, Jordan Bardella, und zahlreiche weitere rechtsextreme Persönlichkeiten wie der Polemiker Eric Zemmour, der das Vichy-Kollaborationsregime verteidigt. Bardella erklärte: „Wenn wir an die Macht kommen, werden wir die Autorität des Staates wiederherstellen und unsere Polizei materiell, juristisch, administrativ und durch Gesetze schützen.“

Die Demonstration wurde von 14 Polizeigewerkschaften organisiert, darunter Alliance, die CFDT und die Unité-SGP, die Lutte Ouvrière nahesteht. Die Confédération générale du travail-Police rief ebenfalls zur Teilnahme an der Demonstration auf, ohne jedoch die wichtigsten Parolen zu unterstützen. SUD-Intérieur, die Polizeigewerkschaft, die der Nouveau Parti anticapitaliste (NPA) nahesteht, rief nicht zur Teilnahme an der Demonstration auf.

Die rechtsextreme Demonstration wurde nicht nur von den Gewerkschaftsapparaten fast einhellig unterstützt, sondern auch von den Parteien, die mit ihnen assoziiert sind. Die Parti Socialiste, die stalinistische Kommunistische Partei Frankreichs und Teile von Jean-Luc Mélenchons La France insoumise (LFI) stellten sich hinter die rechtsextreme Polizeigewerkschaft, obwohl es weder über den politischen Charakter der Demonstration noch über den Kontext, in dem sie stattfand, irgendeine Unklarheit gab.

Der Erste Sekretär der PS, Olivier Faure, der an der Demonstration vor der Nationalversammlung teilnahm, erklärte: „Die Polizei muss im Justizsystem mitbestimmen können.“ Das nationale Büro der PS erklärte in einer Stellungnahme „Verbundenheit mit und uneingeschränkte Unterstützung für die Polizei“ und versprach, eine Delegation von Abgeordneten zu der Demonstration zu schicken.

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (PS), die für das Präsidentenamt kandidieren will, nahm ebenfalls an der Demonstration teil. Zuvor hatte sie gegenüber Europe1 erklärt: „Ich werde mit den Bürgermeistern meines Teams dort sein. Wir müssen unsere Polizeibeamten unterstützen, weil sie diejenigen sind, die uns erlauben, in unseren Stadtvierteln in Frieden zu leben.“ Weiter behauptete sie: „Ihre Arbeit ist sehr schwer, weil sie nicht hinreichend ausgerüstet sind.“

Der Präsidentschaftskandidat der KPF, Fabien Roussel, kündigte seine Teilnahme an der Demonstration mit dem Wunsch an, er wolle sicherstellen, dass „sich alle sicher fühlen“.

Auch der grüne Europaabgeordnete Yannick Jadot nahm an der Demonstration teil. Zuvor hatte er auf Twitter erklärt, er wolle seine „Verbundenheit“ mit der Polizei und die „Erwartung“ demonstrieren, „dass sie das Vertrauensverhältnis zur französischen Bevölkerung wiederherstellt“.

La France insoumise nahm nicht an der Demonstration teil und erklärte, das Haupthindernis dafür sei die Angst vor Angriffen der neofaschistischen Polizei gewesen. Der LFI-Abgeordnete Adrien Quatennens erklärte: „Grundsätzlich gesagt sollten wir dort sein, wenn man berücksichtigt, wofür wir stehen, nämlich für die Polizei. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Sicherheitsbedingungen unsere Teilnahme erlauben.“ Er wies auch darauf hin, dass er „eine Art Frustration“ fühle, weil er nicht an der Demonstration der Polizeigewerkschaften teilnehmen könne.

Während die herrschende Elite den Präsidentschaftswahlkampf von 2022 vorbereitet, haben also fast alle Kräfte, die die herrschende Klasse jahrzehntelang als die französische „Linke“ dargestellt hat, der rechtsextremen Polizeidemonstration applaudiert.

Diese bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien haben jahrzehntelang Austerität und Krieg sowie die verantwortungslose und verbrecherische Corona-Politik unterstützt, die in Frankreich mehr als 108.000 Todesopfer gefordert hat. Jetzt stellen sie sich an die Seite der Polizei, die das Bollwerk gegen die soziale Wut der Arbeiterklasse darstellt. Dieser Prozess findet nicht nur in Frankreich statt, sondern auch im Rest der Welt.

Durch ihre Entscheidung, Darmanin zu der Polizeidemonstration zu schicken, setzt die Macron-Regierung ihre Strategie fort, Marine Le Pen von rechts anzugreifen. Darmanin hat Le Pen bereits in einer Fernsehdebatte vorgeworfen, sie zeige nicht genug Härte gegen den Islam. Jetzt wirbt er um Unterstützung unter Polizeibeamten, von denen derzeit 74 Prozent für Le Pen stimmen würden.

Die tödliche Reaktion der Regierungen auf die Corona-Pandemie und das Ausmaß der sozialen Ungleichheit unter dem Kapitalismus sind mit Demokratie nicht zu vereinbaren. Seit Donald Trumps beispiellosem Putschversuch in Washington am 6. Januar, bei dem seine Anhänger das Kapitol stürmten und die Bestätigung seiner Wahlniederlage verhindern wollten, brechen überall die demokratischen Normen zusammen. In Spanien riefen hohe Offiziere zu einem Putsch auf und verurteilten die Streiks vom März 2020, in denen Arbeiter forderten, dass nicht systemrelevante Beschäftigte zuhause Schutz suchen können.

In Frankreich hat Macron den Militär- und Polizeiapparat benutzt, um Streiks und die Proteste der „Gelbwesten“ zu unterdrücken, doch angesichts seiner Unbeliebtheit fordert dieser Apparat jetzt den Aufbau einer Diktatur. Tausende von Offizieren aus dem Umfeld der extremen Rechten haben einen Aufruf zu einer Intervention des Militärs in Frankreich, d. h. zu einem Putsch, unterzeichnet.

Die Verteidigung demokratischer Rechte erfordert den Aufbau einer internationalen Arbeiterbewegung, die auf der Grundlage eines revolutionären und sozialistischen Programms gegen die gescheiterte kapitalistische Ordnung kämpft. Dies wiederum erfordert einen grundlegenden Bruch mit allen Parteien, die versuchen, die Arbeiter an Macron, die PS oder ihre Anhängsel zu binden. Dazu gehören auch die korrupten nationalen Gewerkschaftsapparate, die Pseudostreiks organisieren und gleichzeitig über ihre Polizeigewerkschaftsverbände mit dem Staatsapparat verhandeln, der diese Streiks unterdrückt.

Mélenchon beklagte sich entsprechend auf einer Pressekonferenz: „Die Autorität des Staates wird von Woche zu Woche durch ein Verhalten verwässert und aufgelöst, das in einer Republik unzulässig ist. Zuerst ruft das Militär seine aktiven Kollegen zum Aufstand auf, dann rufen ehemalige Polizeibeamte ihre aktiven Kollegen auf, dem Militär mit schlechtem Verhalten zuvorzukommen.“ Er wies darauf hin, dass die Demonstration einen „betont parteiischen“ Charakter hatte und die „Justizorgane“ attackierte.

Doch Mélenchon schlägt nichts anderes vor, als sich auf Macron zu verlassen. Um gegen die Gefahr eines Putsches zu kämpfen, fordert er die öffentlichen Behörden, die hinter dem Militär- und Polizeiapparat stehen, dazu auf, die Putschdrohungen aus eben diesem Apparat zu untersuchen.

Die Alternative zum Kurs der herrschenden Klasse auf neofaschistische Diktatur ist die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse zur Verteidigung demokratischer Rechte. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale hat angesichts des Versagens der Gesundheitspolitik der kapitalistischen Staaten während der Pandemie zur Gründung einer Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees aufgerufen. Dieser Aufruf bietet den Arbeitern einen Weg, sich zu organisieren und für eine wissenschaftliche Politik als Reaktion auf die Pandemie und zur Verteidigung demokratischer Rechte zu kämpfen.

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