Jorge O’Leary, Streikführer im Phelps-Dodge-Bergarbeiterstreik 1983–86, verteidigt Leo Trotzki gegen die Democratic Socialists of America

Wie die World Socialist Web Site berichtete, haben zahlreiche prominente Führer der Democratic Socialists of America (DSA) sich an einer koordinierten Twitter-Kampagne beteiligt, um den Mord an Leo Trotzki am 20. August 1940 in Mexiko-Stadt zu verherrlichen. Darüber sprach die WSWS mit Jorge O'Leary, dem weltweit bekannten Führer des Phelps-Dodge-Streiks von 1983–1986 im östlichen Arizona.

Jorge O'Leary ist heute 80 Jahre alt

O'Leary sagte: „Trotzkis Tod durch den stalinistischen Verrat zu feiern, das widert mich an. Das ist gemein. Trotzki war ein Genie, und er hat sich immer für die Arbeiterklasse eingesetzt und zum Wohl der Arbeiter gehandelt. Und nach 80 Jahren ist es schockierend zu hören, dass es Leute gibt, die sich darüber freuen.“

Viele DSA-Politiker haben ihre Tweets mit der Darstellung eines Eispickels illustriert. Einen solchen hatte der stalinistische Attentäter Ramón Mercader als Waffe benutzt, um Trotzki zu erschlagen. „Er könnte sich eines Tags als nützlich erweisen“, schrieb ein DSA-Führer dazu. Ein anderes DSA-Mitglied schlug vor, ein Denkmal für Mercader zu errichten, und behauptete: „Er hat uns den Weg gezeigt.“ DSA-Politiker posteten Dutzende ähnlicher Tweets, und ein erheblicher Teil der DSA-Führung hat sie „geliked“.

O'Leary wurde 1940 in Mexiko geboren, kurz vor Trotzkis Ermordung. Als junger Sozialist und antiimperialistischer Studentenführer hatte er tiefen Respekt vor der Entscheidung des damaligen mexikanischen Präsidenten Lazaro Cardenas, Trotzki Asyl zu gewähren. Später wurde er Arzt, zog in die Vereinigten Staaten und praktizierte in Ost-Arizona in einem Krankenhaus, das dem Phelps-Dodge-Konzern gehörte. Während des Streiks entließ ihn das Unternehmen, weil er sich geweigert hatte, den Forderungen der Unternehmensleitung nachzukommen und den Streikenden und ihren Kindern die medizinische Versorgung zu verweigern.

O'Leary richtete daraufhin eine kostenlose medizinische Klinik für Streikende ein. Die Arbeiter wählten ihn zu ihrem Streikführer. Etwa 3.000 Arbeiter beteiligten sich an dem Streik, der drei Jahre dauerte. O'Leary lebt heute in Tucson, Arizona. Im April führte die WSWS ein ausführliches Interview mit ihm über den Streik und die führende Rolle, die die Vorgängerorganisation der Socialist Equality Party, die Workers League, und ihr damaliger nationaler Sekretär David North spielten.

Im Folgenden veröffentlichen wir die Erklärung, die O'Leary über die koordinierten Bemühungen der DSA, den Mord an Trotzkis zu bejubeln, abgegeben hat:

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„Trotzkis Tod durch den stalinistischen Verrat zu feiern, das widert mich an. Das ist gemein. Trotzki war ein Genie und er hat immer für die Arbeiterklasse gearbeitet, zum Wohle der Arbeiter. Und nach 80 Jahren ist es schockierend zu hören, dass es Leute gibt, die sich darüber freuen. Sie analysieren die Situation nicht, weder damals noch heute.

Ich war ein Kleinkind, als Trotzki ermordet wurde. Ich war sehr jung, aber ich erinnere mich, dass meine Mutter und mein Vater die Situation diskutierten und darüber sprachen, wie stolz sie waren, dass der mexikanische Präsident, Lazaro Cardenas, Trotzki in Mexiko willkommen hieß, während jedes andere Land sich vor Stalin fürchtete. Mexiko hieß Trotzki willkommen und half ihm, am Leben zu bleiben.

Als er ermordet wurde, war das mexikanische Volk sehr aufgebracht. Für das mexikanische Volk gilt: Wer willkommen geheißen wird, den darf man nicht umbringen. Meine Mutter hatte Trotzki ein paar Mal persönlich im Haus des Bildungsministers Gonzalo Vasquez Vela getroffen. Sie aßen zusammen zu Abend. An den Diskussionen, die dort geführt wurden, war meine Mutter nicht beteiligt, aber sie traf ihn und war glücklich, Herrn Trotzki kennengelernt zu haben. Sie sagte, er sei außerordentlich intelligent. Sie war überrascht, dass er Spanisch sprach, dass er mit den Menschen, die ihn umgaben, freundlich umging, obwohl er eine so wichtige Persönlichkeit war. Wir sind sehr stolz, dass ein Weltführer, der in der russischen Revolution gekämpft hatte, in unserem Land lebte.

Stalin hatte schließlich die Oberhand, und sie kriegten Trotzki. Stalin war in gewisser Weise sehr dumm. Er war ein Attentäter, er war ungebildet. Ihn mit Trotzki zu vergleichen, das ist so, als würde man einen Löwen mit einem Huhn vergleichen, und Trotzki war der Löwe. Sich über seinen Tod zu freuen – das ist ekelerregend."

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