Continental Karben: Weist den neuen Plan der IG Metall zur Werkschließung zurück! Stimmt wieder mit Nein!

An die Continental-Arbeiter im Werk Karben!

Wir vom Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze rufen euch auf, den Schließungsplan, über den die IG Metall jetzt wieder abstimmen lässt, abzulehnen und mit „Nein“ zu stimmen. Gleichzeitig solltet ihr den Aufbau eines unabhängigen Aktionskomitees vorbereiten, das den Kampf zum Erhalt aller Arbeitsplätze aufnimmt.

Lasst euch nicht von der IG Metall erpressen. Ihr sollt bis Montagabend über einen Tarifvertrag abstimmen, den ihr erst am Montagmorgen vollständig einsehen könnt. Lehnt das gesamte Prozedere ab. Es dient ausschließlich dazu, euer Werk – wie von der Konzernspitze gefordert – zu schließen.

24-stündiger Warnstreik bei Continental Karben am 15. April 2021

Mitte Mai hattet ihr bereits mutig den ersten, von der IG Metall und der Geschäftsführung ausgearbeiteten Sozialtarifvertrag abgelehnt. Obwohl ihr für den Erhalt eurer Arbeitsplätze kämpfen wolltet, hatte die IG Metall vereinbart, dass euer Werk, bis auf einen Restbetrieb in der Entwicklung, mit leichter Verzögerung wie geplant geschlossen wird.

Daran wird auch jetzt nicht gerüttelt. Auch im neuen Vertrag bleibt es dabei, dass das Werk in Karben mit über tausend Arbeitsplätzen geschlossen wird. Die angekündigte Schließung wird nur von 2023 auf 2025 verschoben. Schrittweise sollen mehr als zwei Drittel der bisher 1088 Arbeitsplätze vernichtet werden, wobei 150 Kolleginnen und Kollegen die Reste des Werks abwickeln sollen. Übrig bleibt nur ein Rumpfbetrieb mit 187 Beschäftigten, die für Continental Engineering Services (CES) arbeiten werden.

Es ist also klar: Mit dem aktuellen Sozialtarifvertrag will die IG Metall die Werksschließung durchsetzen. Lasst das nicht zu!

Uns liegt der Vertrag genauso wenig vor wie euch, aber offenbar dient er der altbekannten Methode der Spaltung. Laut Pressemitteilung der Gewerkschaft unterscheidet er sich vom letzten Vertrag lediglich darin, dass die Abfindungssumme für ältere Beschäftigte erhöht werden soll. Auch enthält er einen Härtefallfonds für IGM-Mitglieder über eine Million Euro, den die IG Metall kontrolliert.

Rein rechnerisch könnten 58-jährige Beschäftigte auf eine Abfindungssumme von 180.000 Euro kommen, und die bürgerlichen Medien heben dies bewusst hervor. Wir wissen nicht, auf wie viele Kolleginnen und Kollegen dies überhaupt zutrifft. Uns ist aber bewusst, dass diejenigen unter euch, die bereits zur Werkseröffnung 1981 dabei waren, in diesen 40 Jahren ihr Leben und nicht selten ihre Gesundheit für die Profite von Continental und Schaeffler geopfert haben. Eine hohe Abfindung kann da verlockend wirken und soll es auch.

Aber bedenkt: Erstens wird damit die Schließung erkauft, und zwar auf Kosten der jungen Generation, die dann keine Industriearbeitsplätze mehr in der Region vorfindet. Lasst euch nicht zwischen Jung und Alt spalten. Alle für einen, einer für alle!

Und zweitens rechnet gut nach. Mit 58 ist es absolut unwahrscheinlich, dass ihr einen vergleichbar bezahlten Job erhaltet. Nach zwei Jahren Arbeitslosengeld I fallt ihr dann auf Hartz-IV-Leistungen zurück. Bis auf einen Grundfreibetrag von rund 10.000 Euro und allenfalls eine kleine Eigentumswohnung wird alles, was dann noch von eurer Abfindung übrig ist, als Vermögen angerechnet und muss für euren Lebensunterhalt eingesetzt werden.

Lasst euch auch nicht von der IG Metall über die Gewerkschaftszugehörigkeit spalten. Die Kürzungen, die die Gewerkschaft euch immer wieder abverlangt hat, galten für die gesamte Belegschaft. Alle haben mehr gearbeitet und auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Sonderzahlungen verzichtet. Jetzt will die IG Metall viele ihrer ausgehandelten Sozialtarifbedingungen nur ihren Mitgliedern zugutekommen lassen. Jeder vierte bis fünfte von euch ist aber nicht in der IG Metall. Lasst euch nicht spalten. Auch hier gilt: Gleiches Recht für alle.

Aber vor allem, lasst euch nicht nach Standorten spalten. Continental will 13.000 Arbeitsplätze an über dreißig Standorten vernichten und mehrere Werke schließen. Die Gewerkschaft lässt alle Belegschaften einzeln kämpfen, wodurch sie nur verlieren können.

Das Reifenwerk in Aachen schließt 2022 – 1800 Beschäftigte verlieren ihren Job. 2100 Kolleginnen und Kollegen fürchten in Regensburg bei der Antriebssparte Vitesco Technologies um ihren Arbeitsplatz. In Roding in der Oberpfalz stehen 520 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Im Werk Babenhausen, nicht weit von euch, werden 2570 Beschäftigte mit einem ähnlichen Sozialtarifvertrag abgespeist, wie er euch jetzt vorliegt, damit sie die Werksschließung auf Raten akzeptieren. In Babenhausen sollen Ende 2025 nur noch 434 unbefristete Vollzeitbeschäftigte übrigbleiben.

Die Proteste, die die IG Metall für jeden einzelnen Standort organisiert, dienen einzig und allein zum Dampfablassen. Als ihr einen wirklichen Arbeitskampf, nämlich einen unbefristeten Streik, vorbereitet hattet, hat die Gewerkschaft schnell den ersten Sozialtarifvertrag vereinbart und unter dem Titel vorgelegt: „Conti Karben: Werksschließung abgewehrt.“

Die IG Metall steht mit beiden Beinen im feindlichen Lager. Als Continental im letzten Jahr angekündigt hatte, 30.000 Arbeitsplätze abzubauen, davon 13.000 in Deutschland, hat die Gewerkschaft das stillschweigend akzeptiert. Sie dachte ausschließlich darüber nach, wie das gegen euren Widerstand durchzusetzen sei.

Dafür werden die IGM-Funktionäre gut bezahlt. Christiane Benner, stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, sitzt im Continental-Aufsichtsrat – und hat als Stellvertreterin des Vorsitzenden im letzten Jahr 269.000 Euro erhalten, Hasan Allak, euer Konzernbetriebsratsvorsitzender von der IG BCE, hat 183.000 Euro, und Lorenz Pfau, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Continental Automotive GmbH, hat 182.000 Euro erhalten.

Die Arbeitsdirektorin Dr. Ariane Reinhart, die die Vernichtung von 30.000 Conti-Arbeitsplätzen durchsetzen soll, hat ihren lukrativen Job nicht ohne Zustimmung der IG Metall erhalten. Während auf eurem Rücken eine Milliarde Euro eingespart werden, ist das Fixgehalt dieser ehemaligen VW-Führungskraft um fast 300.000 Euro erhöht worden. Wie das Manager Magazin berichtet, kann Ariane Reinhart seit dem letzten Jahr aufgrund einer Umstellung bei der Vergütung jährlich bis zu 6,7 Millionen Euro verdienen, 2,2 Millionen Euro mehr als im Jahr 2019, vor Corona.

Die IG Metall hatte schon den ersten Schließungsplan als „solides Verhandlungsergebnis“ bezeichnet. Es war richtig, dass ihr es abgelehnt habt. Macht nun den nächsten Schritt: Stimmt in der Abstimmung über den neuen, kaum verbesserten zweiten Sozialtarifvertrag ebenfalls mit Nein!

Baut vor allem ein eigenes Aktionskomitee auf, das unabhängig von der IG Metall entscheiden und handeln kann. Das ist unbedingt notwendig, um eure Interessen gegen die des Konzerns und seiner Aktionäre zu vertreten. Dieses Komitee muss alle Kolleginnen und Kollegen in Karben vertreten und vor allem Kontakt zu den anderen Werken im In- und Ausland aufnehmen, um ein gemeinsames Vorgehen zu koordinieren.

Die Entscheidung über das Werk in Karben hat weitreichende Bedeutung: Unter Bedingungen globaler Konkurrenz und der Privatwirtschaft wird die Umstrukturierung auf E-Mobilität und digitales Fahren in den nächsten Jahren hunderttausende Arbeitsplätze bedrohen. Deshalb wird der Kampf um Continental nicht nur von der Börse, den Konzernen, Gewerkschaften und von Politikern aller Couleur gespannt verfolgt. Auch Millionen Arbeiter in der Auto- und Zulieferindustrie sind betroffen, und der Name Continental ist den meisten ein Begriff.

Arbeiter stehen in allen Ländern vor den gleichen Problemen und sind mit den großen Konzernen und ihren Interessenvertretern in den Gewerkschaften, konfrontiert. Aber wenn wir uns zusammenschließen und gemeinsam kämpfen, sind wir stärker als unsere Gegner! 

Nehmt über die World Socialist Web Site Kontakt zu uns auf und tretet unserer Facebookgruppe bei, um weitere Schritte im Kampf bei Continental vorzubereiten und ein gemeinsames internationales Vorgehen gegen die Angriffe der Konzerne und Regierungen zu diskutieren.

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