Continental: Kahlschlag mit Hilfe von IG Metall und IG BCE

Seit Monaten kämpfen die Arbeiter von Continental mit immer neuen Aktionen gegen den drohenden Arbeitsplatzabbau. Am 20. April traten der Conti-Vorstand in Hannover und die Gewerkschaften mit einer Einigung an die Öffentlichkeit. Was IG Metall und IG BCE, wie auch die Medien, als „solides Verhandlungsergebnis“ und „großen Erfolg“ preisen, ist in Wirklichkeit die Besiegelung eines lange geplanten Kahlschlags: Um jährlich mindestens eine Milliarde Euro einzusparen, werden 30.000 Arbeitsplätze im Gesamtkonzern vernichtet. Allein in Deutschland werden 13.000 Arbeitsplätze abgebaut.

Mehrere Werke werden geschlossen, und die Schließung wird nur um kurze Zeit hinausgezögert.

So wird die Stilllegung des Reifenwerks in Aachen von Ende 2021 auf Ende 2022 verschoben. Im letzten September waren in Aachen noch 1800 Beschäftigte tätig; davon werden über Aufhebungsverträge und Nicht-Weiterbeschäftigung der Leiharbeiter jetzt schon hunderte entlassen. Ende des Jahres sollen nur 500 zur Abwicklung des Betriebes übrigbleiben.

Ein massiver Kahlschlag droht auch in Regensburg, wo bis zu 2000 Beschäftigte die Arbeit verlieren werden. Gleichzeitig soll Regensburg zum Hauptsitz der ausgegliederten Conti-Antriebstechnologie werden, die jetzt Vitesco Technologies heißt. Dort soll nur noch für die Elektromobilität gearbeitet werden. Das haben der Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Reitzle und der Vorstandschef Nikolai Setzer auf der Continental-Hauptversammlung am 29. April bestätigt. Längerfristig will Continental, bzw. Vitesco Technologies, also aus dem Geschäft für die Verbrennungsmotoren ganz aussteigen.

Protestaktion gegen die Schließung des Continental-Werks im hessischen Karben, 15. April 2021 (Foto WSWS)

Im hessischen Karben wird die angekündigte Schließung des Elektronikwerks ebenfalls nur verschoben – von 2023 auf 2025. Nach 2023 werden von heute 1088 Beschäftigten nur noch 337, also knapp ein Drittel, übrigbleiben. Gerade mal 150 Arbeiter werden die Reste von Continental Automotive GmbH abwickeln. 187 Beschäftigte sollen weiter für die Continental Engineering Services (CES) arbeiten.

Dies ist der „große Erfolg“, von dem die IGM-Betriebsräte schreiben, sie hofften, „dass die CES [am Standort Karben] wieder wächst“. Allerdings hat die CES die Vorgabe, den Umsatz innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln. Das wird auf Dauer einen massiven Druck auf die Beschäftigten ausüben, noch stärker als bisher auf tarifliche Errungenschaften zu verzichten.

An zahlreichen weiteren Continental-Standorten werden ebenfalls Arbeitsplätze abgebaut, und weitere Werke, wie zum Beispiel Babenhausen bei Frankfurt (2570 Arbeitsplätze) oder Roding in der Oberpfalz (520 Arbeitsplätze), sind von Schließung betroffen. Damit will Continental die Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt und seinen Aktionären die Profite erhalten.

Der Konzern gilt mit 230.000 Arbeitsplätzen als zweitgrößter Autozulieferer der Welt. Sein größter Anteilseigner ist die Familie Schaeffler. Die Schaeffler-Gruppe steht an sechster Stelle der reichsten deutschen Wirtschaftsunternehmen. Die Medien machten viel Wesens daraus, dass die Aktionäre auf der Conti-Hauptversammlung am Donnerstag beschlossen hätten, für das Jahr 2020 auf eine Dividende zu verzichten. Noch im letzten Sommer hatte Continental trotz Coronakrise 600 Millionen Euro an Dividenden ausgeschüttet.

Continental und Schaeffler zählen zu den Unternehmen, welche die Corona-Pandemie als Vorwand nutzen, um einen längst geplanten Kahlschlag durchzusetzen. Gemäß ihrer Profitlogik werden sie die Produktion konzentrieren, an die kostengünstigsten Standorte verlagern und zehntausende bisher gut bezahlte Arbeitsplätze unwiderruflich zerstören. Dabei stehen die IG Metall und die IG BCE klar an ihrer Seite.

Die Gewerkschaften haben es übernommen, den massiven Stellenabbau an allen Standorten durchsetzen. Die stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, ist auch stellvertretende Vorsitzende des Conti-Aufsichtsrats. Seit Ende 2019 ist sie in die Pläne für die Massenentlassungen und Schließungen involviert. Für ihre Durchsetzung sorgen die Gewerkschaften mit ihrem Netzwerk aus Betriebsräten und Vertrauenskörpern an allen Standorten. Durch kontrollierte, begrenzte Protestaktionen stellen sie sicher, dass der Widerstand der Arbeiter diesen Plänen nicht gefährlich wird.

Die Sozialistische Gleichheitspartei und ihre Schwesterparteien auf der ganzen Welt kämpfen deshalb für den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees, um den Kampf der Arbeiter für sichere Arbeitsplätze über Standorte und Ländergrenzen gemeinsam zu organisieren. Sie rufen dazu auf, sich zur Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) zusammenzuschließen. In ihrem Aufruf zum Ersten Mai heißt es über die Gewerkschaften: „Sie sind nur dem Namen nach ‚Gewerkschaften‘. In der Praxis haben sie jede Verteidigung der Interessen der Arbeiter, die sie zu vertreten vorgeben, längst aufgegeben und sich mit dem Konzernmanagement und dem Staat verschworen.“

Das zeigt sich bei Continental beispielhaft. In Karben hat der Betriebsrat noch vor zwei Wochen angekündigt, die IG Metall bereite eine Urabstimmung und einen unbefristeten Streik zur Verteidigung der Arbeitsplätze vor. „Damit eins klar ist“, schrieb die Gewerkschaft in ihrem Flyer. „Die IG Metall und der Betriebsrat wollen das Werk und die Arbeitsplätze am Standort Karben erhalten.“

Zwei Wochen später ist das alles Schnee von gestern. Nun soll es plötzlich ein Erfolg sein, dass erst bis Ende nächsten Jahres in Karben mindestens 750 Arbeiter und bis 2025 im Ganzen 900 Beschäftigte die Arbeit verlieren. Seit zwölf Jahren haben die Gewerkschaften den Arbeitern immer neue Verzichtsmaßnahmen aufgezwungen, mit dem Argument, damit könnten sie ihre Arbeitsplätze sichern. Wie die World Socialist Web Site immer wieder warnte, hat dies das Management von der Loyalität von IGM und IG BCE überzeugt und nur dazu geführt, dass das Ende umso sicherer kommt. Die WSWS schrieb: „Am Ende wird die Unterschrift der IG Metall die Schließung besiegeln, gepaart mit den bekannten Methoden der Altersteilzeit, von Abfindungen und einer Transfergesellschaft in die Arbeitslosigkeit.“

Genau so ist es gekommen. Nun werden die Werksschließungen abgewickelt, begleitet von einem Set von Maßnahmen, welche die Gewerkschaften als „Erfolg unseres Kampfs“ verkaufen. Es sei gelungen, die Folgen der Werksschließung für die Beschäftigten „erträglich zu halten“, wie es Francesco Grioli vom Hauptvorstand der IG BCE ausdrückte.

Neben Altersteilzeit- und Abfindungsangeboten werden die bekannten Transfergesellschaften eingerichtet, die schon seit dreißig Jahren als Verschiebebahnhöfe in die Arbeitslosigkeit berüchtigt sind. Daneben soll ein „Solidarfonds“ für entlassene Leiharbeiter und befristete Beschäftigte eingerichtet werden, von dem die IG Metall selbst schreibt, er sei „nicht groß“.

Weiter heißt es in ihrer Erklärung zum Karbener Werk: „Für die Mitglieder der IG Metall, die als unbefristet Beschäftigte gearbeitet haben, haben wir deutlich höhere Abfindungen ausgehandelt.“ Diese Privilegierung der Gewerkschaftsmitglieder ist der wohl offenste Beweis dafür, dass die IG Metall die Arbeiter bewusst spaltet. Wer sich nicht zu ihr bekennt oder sie gar kritisiert, der soll von vorneherein wissen, dass er als erster und unter den schlimmsten Bedingungen entlassen wird.

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