G7-Gesundheitsminister: untätig gegen Omikron-Variante

Die Gesundheitsminister der sieben größten imperialistischen Mächte schalteten sich am Montag anlässlich der „weltweiten Ausbreitung der neuen Omikron-Variante des Coronavirus“ zu einer „Dringlichkeitssitzung“ zusammen.

An der Online-Veranstaltung nahmen die Gesundheitsminister der USA, Deutschlands, Großbritanniens, Kanadas, Frankreichs, Italiens und Japans sowie eine Vertreterin der Europäischen Union teil.

Die Gesundheitsminister der G7-Staaten im Online-Meeting mit der Europäischen Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Stella Kyriakides (Stella Kyriakides/Twitter)

Im ersten Absatz der Abschlusserklärung heißt es: „Die Weltgemeinschaft ist mit der Bedrohung durch eine neue, nach einer ersten Einschätzung hochgradig übertragbare Variante von Covid-19 konfrontiert, die dringende Maßnahmen erfordert.“ Aber die Minister einigten sich im Wesentlichen darauf, so gut wie nichts zu unternehmen, um die Ausbreitung von Omikron zu verhindern.

Die Erklärung umfasst nur fünf Absätze und reiht in weniger als 200 Worten hauptsächlich hohle Phrasen aneinander. Die Ankündigung der Minister, eine „starke Unterstützung für ein internationales Pathogen-Überwachungsnetzwerk im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)“ zu organisieren, riecht förmlich nach Verzögerungstaktik.

Alle stimmten zu, dass der „Zugang zu Impfstoffen von strategischer Bedeutung“ sei, und sie kündigten „operative Unterstützung, Erfüllung unserer Spendenverpflichtungen und die Bekämpfung von Falschinformationen über das Impfen sowie Unterstützung bei Forschung und Entwicklung“ an.

Die Omikron-Variante wurde bisher in mindestens 17 Ländern nachgewiesen, u.a. in fünf G7-Staaten mit Ausnahme von Japan und den USA - wobei die USA vermutlich nur aufgrund ihres schlechten Testsystems noch keinen Fall nachgewiesen haben. In Großbritannien, Kanada, Frankreich, Deutschland und Italien wurde die neue Variante schon festgestellt, daneben auch in Dänemark, Hongkong, Israel, Australien, Österreich, Belgien, Botswana, Südafrika, Portugal, Spanien, Schweden und den Niederlanden.

Aber nicht ein einziger der G7-Staaten oder irgendein anderes kapitalistisches Land wird die notwendigen „dringenden Maßnahmen“ ergreifen, um diese Ausbreitung aufzuhalten.

  • In den USA gibt es fast 50 Millionen bestätigte Fälle von Covid-19, und die offizielle Zahl der Toten hat am Montag die Marke von 800.000 überschritten. Mit krimineller Leichtfertigkeit sagte Präsident Joe Biden: „Früher oder später werden wir in den USA Fälle dieser neuen Variante haben“, aber das sei „kein Grund zur Besorgnis oder Panik“. Biden versicherte, seine Regierung werde „keine Shutdowns oder Lockdowns“ einführen, und er versprach, „unser Land, unsere Unternehmen [und] unsere Schulen“ wieder zu öffnen.
  • In Großbritannien haben sich wegen der Herdenimmunitätspolitik der Johnson-Regierung mehr als 10 Millionen Menschen (fast 15 Prozent der Bevölkerung) infiziert, und mehr als 167.000 Menschen sind gestorben. Bisher wurden elf Fälle der Omikron-Variante entdeckt, sechs davon in Schottland. Gesundheitsminister Sajid Javid, der die G7-Krisensitzung einberufen hatte, erklärte hinterher im Parlament, Großbritannien werde sein Impf- und Booster-Programm intensivieren.
  • In Kanada (über 1,7 Millionen Fälle und fast 30.000 Todesopfer) wurden fast alle nicht-pharmazeutischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 eingestellt, sodass sich das Virus ungehindert ausbreiten kann. In den letzten 48 Stunden wurden mindestens sechs Verdachtsfälle auf Omikron entdeckt. Die Entwicklungsbiologin Dr. Malgorzata Gasperowicz twitterte am Sonntag: „Wellen kommen nicht von alleine. Schlechte politische Entscheidungen führen zu Wellen.“
  • In Frankreich (7,6 Millionen Fälle und 118.894 Todesfälle) wurden acht mögliche Omikron-Fälle entdeckt. Das Virus kann sich ungehindert ausbreiten. Am Sonntag wurden 31.600 Neuinfektionen gemeldet, am Montag 37.218. Zwar wurden alle Flüge aus dem südlichen Afrika ausgesetzt, aber nur bis zum 1. Dezember.
  • In Deutschland (5,8 Millionen Fälle und 101.558 Todesopfer) warteten die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Nachfolger Olaf Scholz bis zum Dienstag, bevor sie auch nur über mögliche Einschränkungen debattierten. Konkrete Maßnahmen beschlossen sie nicht. Dabei steigt die Sieben-Tage-Inzidenz immer höher und steht derzeit bei 450 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.
  • In Italien wurde am Wochenende die Marke von fünf Millionen Covid-Fällen überschritten, und die Zahl der Toten stieg auf 133.739. Die 82.131 Fälle in den letzten sieben Tagen bedeuteten einen Anstieg um 25 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Bloomberg berichtet: „Der erste Italiener, der positiv auf Omikron getestet wurde, hatte vor seinem Abflug einen negativen Test und war vor seiner Diagnose tagelang in Italien unterwegs.“ Der Mann traf am 12. November in Rom ein, reiste in seine Heimat nördlich von Neapel und flog dann zu einer vorher vereinbarten Untersuchung nach Mailand. Auch die restlichen fünf Mitglieder seiner Familie wurden positiv auf Covid-19 getestet.
  • In Japan (1,7 Millionen Fälle und 18.358 Tote) schossen die Zahlen unter der Vorgängerregierung von Yoshihide Suga in die Höhe. In Tokio fanden die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics statt, obwohl in der Bevölkerung großer Widerstand dagegen herrschte und Mediziner davor warnten. Vor weniger als einem Monat lockerte Japan die Einschränkungen beim Reiseverkehr für Ausländer und verringerte die Quarantänezeit für Geimpfte von vierzehn auf zehn Tage. Angesichts der Nachrichten über die Ausbreitung der Omikron-Variante ordnete Sugas Nachfolger, Fumio Kishida, die Schließung der Grenzen ab Dienstag an.

Der Immunologe Dr. Anthony Leonardi erklärte am Montag gegenüber der World Socialist Web Site: „Die Omikron-Variante ist wahrscheinlich überall und hat jetzt ein hohes Mutationspotenzial (…) Sobald sie die Delta-Variante überholt, werden die Infektionen weiter steigen, und sie wird sich noch schneller ausbreiten als Delta. Dabei weiß man nie, und jede dieser Varianten könnte Personen mit geschwächtem Immunsystem anstecken und sich auf fantastische Weise weiterentwickeln.“

Beispielhaft für die erschreckende Gleichgültigkeit der weltweiten Anhänger der Herdenimmunität waren die Äußerungen des britischen Gesundheitsministers Javid. Nachdem Premierminister Boris Johnson am Samstag bekanntgegeben hatte, dass in Großbritannien Omikron-Fälle zirkulierten und ab sofort in Geschäften und dem öffentlichen Nahverkehr wieder Maskenpflicht bestehe, erklärte Javid am Sonntag, es bestehe keine Notwendigkeit für weitere Maßnahmen: „Wenn man solche Entscheidungen fällen muss, dann muss das sehr, sehr vorsichtig geschehen. Wir sind noch nicht so weit, noch lange nicht.“

Die Erklärung der G7-Staaten endete mit einem Satz, der einem kollektiven Schulterzucken gleichkommt: „Die Minister verpflichteten sich zu einer engen Zusammenarbeit mit der WHO und den internationalen Partnern zum Austausch von Informationen und bei der Überwachung von Omikron. Sie verpflichteten sich zu einem weiteren Treffen im Dezember.“ Ein genaueres Datum wurde nicht genannt.

Dies erinnert an Johnsons Erklärung von Samstag, man werde die Lage in drei Wochen nochmals prüfen. Bis dahin solle alles normal weiterlaufen, und die Bevölkerung solle sich auf ein „deutlich besseres“ Weihnachten vorbereiten als im letzten Jahr.

Die G7-Gesundheitsminister haben sich bewusst für die weitere Durchseuchung der Bevölkerung entschieden, um die Profite der Konzerne in der Weihnachtszeit nicht zu beeinträchtigen.

Noch während des G7-Treffens meldeten Spanien und Schweden Omikron-Fälle. In Schottland und Portugal wurden bereits Infektionsherde entdeckt, die nicht im Zusammenhang mit dem Reiseverkehr stehen.

Die britische Johnson-Regierung verfolgt schon gegenüber Schülern eine mörderische Politik, in deren Rahmen sich das Virus seit längerem ungehindert unter den Jüngsten der Gesellschaft ausbreiten kann. Die Folge sind bisher 113 tote Kinder. Hunderttausende Erkrankte mussten aus den Schulen genommen und in häusliche Quarantäne versetzt werden. Einer der ersten Omikron-Fälle in Großbritannien wurde am Montag zurückverfolgt auf einen Fall an einer Grundschule im englischen Sussex.

Die Politiker der Kapitalistenklasse heucheln Besorgnis wegen der Ausbreitung von Omikron, aber sie wollen die elementaren Beschränkungen, die sie gezwungenermaßen haben einführen müssen, schnellstmöglich wieder aufheben. Javid erklärte am Montag bei einer Rede von Abgeordneten, von denen viele die dauerhafte Aufhebung der Einschränkungsmaßnahmen forderten: „Wenn sich herausstellt, dass diese Variante nicht gefährlicher ist als die Delta-Variante, werden wir [diese] Maßnahmen keinen Tag länger als unbedingt notwendig in Kraft lassen.“

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