14.000 Airbus-Arbeiter beteiligen sich an Warnstreiks

IG Metall spielt Arbeiter in Deutschland gegen europäische Kollegen aus

Donnerstag und Freitag haben sich nach Angaben der IG Metall mehr als 14.000 Beschäftigte von Airbus und dessen Tochter Premium Aerotec in ganz Deutschland an Warnstreiks beteiligt. In den norddeutschen Werken Bremen, Hamburg, Nordenham, Stade und Varel sowie in Augsburg (Bayern) seien komplette Schichten in der Produktion ausgefallen, berichtete die Gewerkschaft. Die Arbeitsniederlegungen hatten am Donnerstag an einzelnen Standorten begonnen und sollen teilweise bis zum Wochenende andauern.

Airbus-Werk Finkenwerder, Hamburg (Bild: David McKelvey / CC BY-SA 2.0)

Der Protest richtet sich gegen die im April bekanntgegebenen Pläne, in der zivilen Flugzeugfertigung europaweit Tausende Arbeitsplätze abzubauen. Mit der Organisation der Proteste – aufgrund der Corona-Pandemie gab es keine Streikposten oder Protestveranstaltungen, sondern nur eine Online-Kundgebung – reagiert die IG Metall auf die wachsende Wut der Belegschaften über den geplanten Abbau. Die Warnstreiks sollen die Belegschaften beruhigen, denn im Grunde akzeptiert die Gewerkschaft die Kostensenkungen und den Jobabbau, wenn sie nur in die Planung mit eingebunden wird.

Als im Juli 2020 sinkende Flugzeugbestellungen und die Verschiebung von Auslieferungen Gerüchte um massive Einsparungen in Gang setzte, betonte die IG Metall Verständnis für Sparmaßnahmen und lobte die Sozialpartnerschaft. Die Gewerkschaft müsse auch die Interessen „des Unternehmens, Profit zu machen“, sowie die Interessen der Shareholder berücksichtigen, um ihnen „eine gute Rendite zu gewährleisten“, versicherte der Augsburger IG-Metall-Chef Michael Leppek im Podcast-Interview mit der Augsburger Allgemeinen.

Vor gut einem Monat, Ende Oktober, konnte Airbus-Chef Guillaume Faury für die ersten neun Monate des Jahres einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 4,5 Mrd. Euro verkünden. Diese Gewinne sind das Ergebnis des im Sommer 2020 vorgestellten Rationalisierungsprogramm „Odyssee“ mit geplanten Streichungen von weltweit 15.000 Stellen, davon 5.000 in Deutschland. Der Großteil der geplanten Arbeitsplatzvernichtung an den deutschen Standorten ist umgesetzt. Die Beschäftigten von Airbus und Premium-Aerotec sind über Abfindungen oder Vorruhestandsregelungen aus dem Betrieb gedrängt worden. Wie üblich feierte die IG Metall die Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen. Daniel Friedrich, der Bezirksleiter der IG Metall Küste, verkündete: „Die angedrohten Entlassungen sind vom Tisch. Stattdessen gibt es intelligente Lösungen.“ Das hätten IG Metall und Betriebsräte in einem monatelangen Verhandlungsmarathon erreicht.

Als am 21. April die Airbus-Konzernspitze den Europäischen Betriebsrat über eine geplante Veränderung der industriellen Struktur des Unternehmens unterrichtete, beschwerte sich der deutsche Betriebsrat. Das neue Restrukturierungsprogramm soll eigentlich schon ab nächsten Monat den Bereich Flugzeugkomponenten, vor allem die Rumpfsektionen, Fußbodenstrukturen, Flügelkomponenten, Ladetore oder Druckschotts betreffen. Diese werden derzeit in der 100-prozentigen Tochter „Premium Aerotec“ in Frankreich, Deutschland und Rumänien gefertigt. Dieser Bereich des bisherigen Tochterunternehmens soll nun wieder in den Konzern eingegliedert werden.

Die dort ebenfalls stattfindende Produktion von Einzelteilen und Kleinkomponenten soll dagegen in ein unabhängiges Unternehmen ausgegliedert werden, das auch Produkte für andere Luftfahrtunternehmen herstellen könnte. In diesem Bereich arbeiten in Varel, Augsburg und im rumänischen Brasov 3500 Metallarbeiter. Dieses Unternehmen unter dem Namen ASA soll dann Investoren zum Kauf angeboten werden.

Die jetzt vorgesehene Umstrukturierung betrifft etwa 13.000 Beschäftigte. Die IG Metall spricht nun von einer „sinnlosen Spaltung“, meint damit aber die Spaltung des Konzerns. Gleichzeitig hält sie die Spaltung der Belegschaften in den europäischen Werken aufrecht, um die geplanten Angriffe durchzusetzen.

Airbus SE ist ein weltweit operierendes Unternehmen der Luftfahrtbranche mit weltweit über 170 Standorten. Ohne einen gemeinsamen europäischen Kampf der Airbus-Belegschaften ist nicht ein einziger Arbeitsplatz zu verteidigen. Doch die verschiedenen nationalen Gewerkschaften spalten frei nach dem St. Florian Prinzip („Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd’ and’re an!“) die Airbus-Arbeiter. So klagte IGM-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner, die deutschen Standorte würden durch die Umstrukturierung schlechter behandelt als die französischen: „Airbus mutiert immer mehr zu einem französischen, börsennotierten Unternehmen mit einer deutschen Filiale.“

Als im letzten Monat eine Woche lang 22.000 Metallarbeiter im spanischen Cádiz für den Erhalt des Airbus-Werks streikten, hat die IG Metall kein Wort darüber verloren. Airbus plant das ganze Werk in Puerto Real, einem Ortsteil von Cádiz, bis 2024 zu schließen. Zusammen mit den Arbeitern der Zulieferindustrie würde die Schließung des Werks über 2.200 Arbeitsstellen vernichten. Das wäre eine Katastrophe für die Stadt mit einer Arbeitslosenrate von schon jetzt 34 Prozent.

Die massiven Streikaktionen der Belegschaft wurden jedoch von den spanischen Gewerkschaften, die sich nicht von der IG Metall unterscheiden, abgewürgt. Der Airbuskonzern, der sozialdemokratische Gewerkschaftsverband UGT und die stalinistische Gewerkschaft CCOO vereinbarten gemeinsam mit der spanischen Koalitionsregierung aus Sozialdemokraten und der pseudolinken Podemos sowie dem Verband der Metallunternehmen von Cádiz (FEMCA), das Airbuswerk in Puerto Real zu schließen und das Werk einem nicht näher definierten „Industriezentrum für Luftfahrt 4.0“ zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitsplätze sollen angeblich durch dieses Industriezentrum gesichert werden – eine reine Nebelkerze, die nur dazu diente, den Streik zu beenden.

Die gleichen Probleme wie in Cádiz stellen sich auch den Arbeitern in Deutschland und der gesamten Welt. Die Gewerkschaften setzen den Stellenabbau durch, um die Profite der Konzerne zu sichern. Während sie ihre Proteste organisieren, um der Wut unter den Arbeitern die Luft zu nehmen, arbeiten sie hinter den Kulissen Vereinbarungen aus, mit denen sie Entlassungen und Fabrikschließungen gegen „Entschädigungen“ oder Versprechen von nie erfüllten Investitionsplänen akzeptieren.

Die Unterordnung der Arbeiterinteressen unter die Profitmaximierung muss ein Ende haben! Dazu müssen die folgenden Konsequenzen gezogen werden:

Wenn die Arbeiter die Zerstörung ihrer Arbeitsplätze und ihres Lebensstandards aufhalten und Werksschließungen, wie sie Airbus in Puerto Real plant, verhindern wollen, müssen sie einen neuen Kurs einschlagen: Es müssen von den Gewerkschaften unabhängige Aktionskomitees gebildet werden. Die nationalen Gewerkschaften sind keine Arbeiterorganisationen mehr, sondern Instrumente der herrschenden Klasse, um Sparmaßnahmen durchzusetzen, Arbeitsplätze zu vernichten und Lohnkürzungen zu erzwingen. In allen Betrieben und Arbeitsstätten sollten die Beschäftigten Versammlungen abhalten, um aus den Reihen ihrer vertrauenswürdigsten Kollegen Betriebsausschüsse zu wählen.

Die Kämpfe der Arbeiter müssen geeint werden. Zehntausende von Arbeitern sind von ähnlichen Betriebsschließungen, Entlassungsplänen und Angriffen betroffen. Es geht nicht nur um Airbus, sondern um hunderttausende von Stellen in der gesamten Industrie, ihren Zulieferern und den vom Einkommen der Arbeiter abhängigen Geschäften. Die Aktionskomitees müssen ihren Kampf branchenübergreifend führen und Netzwerke bilden, um gemeinsame Aktionen zu koordinieren.

Wie die Strategie der Konzerne muss jeder Kampf der Arbeiter von einer internationalen Strategie geleitet sein. Der Kampf bei Airbus ist Teil des weltweiten Aufschwungs des Klassenkampfs. Der einzige Weg, einen solch riesigen transnationalen Konzern wie Airbus zu besiegen, führt über ein globales Herangehen – und vereint nicht nur die Airbus-Beschäftigten, sondern alle Arbeiter, die jetzt kämpfen.

Die Arbeiterklasse braucht eine sozialistische Perspektive und politische Partei, die ihre Kämpfe international vereint, die Sozialistische Gleichheitspartei als deutsche Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Wir rufen alle Arbeiter auf, die Initiative zu ergreifen und sich mit uns in Verbindung zu setzen, um die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees aufzubauen.

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