Inmitten einer sich zuspitzenden politischen Krise und der Krise im Gesundheitswesen in Australien und weltweit infolge der Corona-Pandemie wird die Socialist Equality Party (SEP) ihren Kampf gegen die undemokratischen Wahlgesetze ausweiten. Die Labor Party und die liberal-nationale Regierungskoalition hatten diese Gesetze im August durch das Parlament gepeitscht.
Die SEP konnte die von den beiden Parteien des Großkapitals willkürlich festgelegte Vorgabe, bis zum 2. Dezember Angaben über 1.500 Mitglieder vorzulegen, nicht erfüllen. Zudem war es mitten in der schlimmsten Welle der Delta-Infektionen unsicher und oft rechtswidrig, einen Wahlkampf mit persönlichem Kontakt zu führen.
Doch konnten wir bereits einen wichtigen Erfolg erzielen, indem wir in beträchtlichem Umfang Unterstützer für die Wahlen (electoral members) gewinnen konnten. Unsere Unterstützer haben dafür nicht nur ein Formular unterzeichnet, sondern bewusst den Kampf der SEP für ein sozialistisches Programm und gegen Labor, die Gewerkschaften und die Grünen unterstützt. Viele haben zudem Kollegen, Freunde und Familienmitglieder davon überzeugt, das Gleiche zu tun.
Sie reagierten damit auf die Erklärung auf dem Beitrittsformular der SEP, in der es heißt: „Der Widerstand gegen die Diktate der Konzerne und ihrer politischen Diener muss von einem sozialistischen Programm geleitet werden, das die sozialen Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung – vor allem ihre Gesundheit und ihr Leben – über das Streben nach privatem Profit der wenigen Reichen stellt. Allein die SEP kämpft für diese Perspektive.“
Wir werden diese Kampagne bis zur bevorstehenden Wahl und darüber hinaus fortsetzen. Unabhängig davon, ob wir zugelassen werden, treten wir bei diesen Wahlen mit Kandidaten an. Wir werden vor dem größtmöglichen Publikum für den Sturz der gesamten kapitalistischen wirtschaftlichen und politischen Ordnung und für den Aufbau der revolutionären sozialistischen Führung kämpfen, die notwendig ist, um diesen Kampf zu gewinnen.
Das Wahlrecht sieht vor, dass alle noch nicht im Parlament vertretenen Parteien 1.500 statt wie bisher 500 Mitglieder haben müssen, um offiziell anerkannt zu werden. Diese Vorgabe zielt darauf ab, diesen Parteien – einschließlich der SEP – die Zulassung zu verwehren.
Die SEP hat diese Gesetze immer abgelehnt, da sie dem Staatsapparat die Entscheidung darüber einräumen, welche Parteien in der Bevölkerung Unterstützung genießen. Wir haben jedoch unter Protest bei jeder Wahl rechtzeitig die Namen von 500 Wahlberechtigten vorgelegt, um von unserem Recht Gebrauch machen zu können, unter unserem Namen mit Kandidaten anzutreten.
Als wir am 2. September unsere Kampagne gegen das neue Wahlrecht ins Leben riefen, erklärten wir, dass es sich dabei um einen verzweifelten Versuch handelt, das zunehmend diskreditierte Zweiparteiensystem zu stärken und die wachsende Unzufriedenheit in der Arbeiterklasse abzuwürgen. Wir erklärten:
„Die Covid-19-Pandemie hat den Widerstand und die Wut in der Arbeiterklasse gegenüber den beiden Parteien des Großkapitals – Coalition und Labor Party –, die beide den Profit über die Gesundheit und das Leben stellen, nur noch weiter verstärkt. In den herrschenden Kreisen ist man besorgt, dass sich diese Feindseligkeit bei den nächsten Wahlen in Stimmen für andere politische Parteien niederschlagen und das Zweiparteiensystem, auf das sich die Kapitalistenklasse seit langem verlässt, weiter destabilisieren wird.“
Diese Analyse wurde durch die Ereignisse der letzten drei Monate vollständig bestätigt. Bis zum Ende der Sitzungsperiode hat sich die verhasste Koalitionsregierung aufgrund von Spaltungen und Revolten nahezu aufgelöst und kann ohne die Hilfe von Labor keine Gesetze mehr verabschieden.
Doch die Zustimmungswerte für Labor liegen mit etwa 33 Prozent auf dem Niveau der letzten Wahl von 2019 und damit auf dem niedrigsten Niveau seit 85 Jahren. Dies und die Aussicht auf ein weiteres Parlament ohne beschlussfähige Mehrheit und eine instabile Minderheitsregierung hat eine schwere Krise des gesamten politischen Establishments ausgelöst.
Viele Arbeiter können sich daran erinnern, dass Labor-Regierungen jahrzehntelang die Angriffe des Großkapitals auf die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse umgesetzt und dabei eng mit den Gewerkschaften zusammengearbeitet haben. Diese Unzufriedenheit wurde stärker, nachdem Labor mit dem „National Cabinet“ faktisch eine Koalition mit der Morrison-Regierung gebildet hat, um das Diktat der Wirtschaftselite unter dem Motto „Lernen, mit dem Virus zu leben“ durchzusetzen. Zudem ist Labor unter Parteichef Anthony Albanese auf einen offen wirtschaftsfreundlichen Kurs umgeschwenkt.
Um den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die „Wiederöffnung“ der Wirtschaft im Interesse des Profitstrebens zu unterdrücken, haben die etablierten Medien zunehmend die Positionen von rechtsextremen Lockdown-Gegnern propagiert. Dabei wurden sie von der Labor Party und den Gewerkschaften unterstützt. Diese faschistische Bedrohung kann nur durch die Mobilisierung der großen Stärke der Arbeiterklasse bekämpft werden.
Für die Reichen entpuppte sich die Pandemie unterdessen als Goldgrube. Egal ob unter Labor oder Coalition, wurden auf allen Regierungsebenen – im Bund, in den Bundesstaaten oder den Regionen (territories) – Maßnahmen beschlossen und umgesetzt, durch die hunderte Milliarden Dollar in Form von „Unterstützungspaketen“ in die Taschen der Wirtschaftselite gepumpt wurden. Gleichzeitig wurden die Unternehmen dabei unterstützt, ihre seit Jahrzehnten andauernde Offensive gegen Arbeitsplätze, Löhne und Bedingungen der Arbeiterklasse zu forcieren.
Dies hat bereits zu einem Wiederaufleben des Klassenkampfs geführt, das sich in Streiks von Lehrern und im Verkehrswesen äußert – trotz aller Bemühungen der Gewerkschaften, jeden Widerstand zu unterdrücken.
Während die politische Krise sich verschärft, hat die Morrison-Regierung durch die Unterzeichnung des AUKUS-Vertrags ihr Engagement für einen Krieg zwischen den USA und China mit potenziell katastrophalen Folgen verstärkt. Auch hierbei wurde sie von Labor uneingeschränkt unterstützt.
Zudem haben sowohl die Coalition als auch Labor völlig unzureichende „Pläne“ zur Emissionsreduzierung vorgelegt. Das klägliche Scheitern der an den Nationalstaat gebundenen herrschenden Eliten, sich beim 26. Klimagipfel in Glasgow auf irgendeine nennenswerte Antwort auf den Klimawandel zu einigen, hat zudem die Gefahr einer katastrophalen Entwicklung verschärft.
Die wirkliche Angst, die im herrschenden Establishment umgeht, besteht darin, dass sich die wachsende Unzufriedenheit deutlich nach links, in die Richtung einer sozialistischen Alternative, bewegen wird, vor allem unter dem Eindruck der zunehmenden Kämpfe der Arbeiterklasse. Die undemokratischen Wahlgesetze richten sich speziell gegen die SEP, die als einzige Partei für eine solche Alternative kämpft.
Unsere Kampagne konnte eine bedeutende Kraft entfalten. Bisher hat die SEP zwei öffentliche Veranstaltungen und acht wöchentliche Treffen von Unterstützern organisiert, auf denen die entscheidenden Themen erklärt und diskutiert wurden. Wir haben fünf Erklärungen der Partei, 23 Kommentare und Artikel sowie 89 Text- oder Videointerviews mit Unterstützern veröffentlicht, die darin erklärten, warum sie sich für unsere Partei entschieden haben.
Wir haben 20 Videos und zwei Radiointerviews veröffentlicht, wodurch wir die Reichweite der SEP in den sozialen Medien weiter entwickeln konnten. Wir erhielten eindrucksvolle Unterstützungsbotschaften von einfachen Lehrkräften, Postbeschäftigten und Komitees der Beschäftigten im Gesundheitswesen aus Australien und Sri Lanka. Dieses Material ist in der englischsprachigen Ausgabe der World Socialist Web Site zugänglich.
Diese Kampagne vergrößert den Einfluss der SEP in der Arbeiterklasse und trifft dabei mit dem neuen Niveau der Kämpfe der Arbeiter zusammen. Die SEP ruft zum Kampf für die Gründung von Aktionskomitees auf, die völlig unabhängig von allen wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften agieren und mit der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees verbunden sind.
Die SEP und ihre Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale, der trotzkistischen Weltbewegung, standen an vorderster Front bei der Aufdeckung der kriminellen Reaktion der Regierungen auf die Pandemie. Die SEP wird ihre Bemühungen durch den Global Workers' Inquest zur Covid-19-Pandemie intensivieren, bei dem Arbeiter aus allen Branchen ihre Erfahrungen während dieser immer umfassenderen Katastrophe schildern werden.
Wir unterstreichen daher unsere Forderung vom 2. September nach einer abgestimmten Kampagne zur Aufhebung der undemokratischen Wahlgesetze sowie aller Einschränkungen des demokratischen Wahlrechts von Parteien und Einzelpersonen.
Wir rufen alle Leser und Unterstützer in Australien auf, sich als Unterstützer (electoral members) der SEP einzutragen, damit wir unsere Zulassung als Partei behalten und den Kampf für den Sozialismus – auch im Rahmen von Wahlen – auf größtmöglicher Basis führen können.
Die Verteidigung demokratischer Rechte ist unvereinbar mit einer Gesellschaft, die von einer superreichen Wirtschaftsoligarchie dominiert wird. Notwendig ist eine revolutionäre sozialistische Perspektive mit dem Ziel, die Gesellschaft vollständig umzugestalten, Arbeiterregierungen zu errichten und für eine globale Gesellschaft auf der Grundlage sozialer Gleichheit zu kämpfen.
Für diesen Kampf braucht die Arbeiterklasse eine neue politische Führung, die sich auf die Lehren aus den strategischen Erfahrungen der internationalen Arbeiterklasse während der letzten zwei Jahrhunderte stützt. Dieses historische Verständnis, das für eine Vollmitgliedschaft in der SEP notwendig ist, wird in der Grundsatzerklärung der SEP dargelegt und erläutert. Wir rufen alle Unterstützer auf, dieses Dokument zu studieren und sich für einen Antrag auf Vollmitgliedschaft in der SEP zu entscheiden, um uns beim Aufbau einer revolutionären Massenpartei zu unterstützen.