Scholz’ Regierungserklärung: Aufrüstung für Krieg gegen Russland

Deutschland spielt im Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland eine prominente Rolle und nimmt damit die Gefahr eines dritten Weltkriegs in Kauf. Die Regierungserklärung, die Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstagmorgen im Bundestag abgab, und die anschließende Debatte machten deutlich, wie aggressiv sich der deutsche Imperialismus 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder gebärdet.

Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag [Photo: DBT / Xander Heinl / photothek]

In seiner Rede erklärte Scholz unverblümt das Kriegsziel Deutschlands und der Nato: ein militärischer Sieg über die Atommacht Russland. „Uns alle eint ein Ziel: Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen. Die Ukraine muss bestehen“, so der Kanzler. Darum gehe es „bei allem, was wir tun. Bei unseren Sanktionen gegen Russland, bei der Aufnahme Millionen Geflüchteter in der Europäischen Union, bei der humanitären, entwicklungspolitischen und wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine und, ja, auch bei der Lieferung von Waffen einschließlich schwerem Gerät.“

Nach anfänglichem Zögern liefert Deutschland massenhaft Waffen an die Ukraine. Der Spiegel berichtete am Mittwoch, dass allein „in den vergangenen beiden Wochen 2450 Panzerabwehrhandwaffen vom Typ RGW 90, 1600 DM22-Panzerabwehrrichtminen sowie 3000 DM31-Panzerabwehrminen in der Ukraine“ eingetroffen und „an Einheiten der lokalen Armee verteilt“ worden sind. Dies hätten ukrainische Regierungskreise bestätigt.

Die Liste der deutschen Waffenlieferungen werde „mit der weiteren Tranche immer länger“, kommentiert das Nachrichtenmagazin. Zuvor habe Berlin bereits „Panzerabwehrwaffen, gepanzerte Fahrzeuge, Millionen Schuss Munition verschiedener Kaliber und Sprengstoff in die Ukraine geliefert“. Auf den Listen fänden „sich aber auch 15 bunkerbrechende Waffen, sogenannte Bunkerfäuste, oder Fernzünder für Sprengsätze“.

Ende April beschloss der Bundestag offiziell, auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Seitdem geht es auch in diesem Bereich Schlag auf Schlag. Ebenfalls am Mittwoch gab das SPD-geführte Verteidigungsministerium einen weiteren „Ringtausch“ mit Tschechien bekannt. Die Bundeswehr stelle Prag „15 Leopard 2 A4-Panzer zur Verfügung“ und übernehme „außerdem die Ausbildung tschechischer Soldatinnen und Soldaten“, verkündete es auf Twitter. Im Gegenzug liefert Tschechien Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine.

Ein ähnlicher Ringtausch wurde bereits mit Polen und der Slowakei vereinbart. Gleichzeitig treibt Deutschland auch die Lieferung von Panzern und anderem schweren Gerät aus eigenen Beständen voran. U.a. sollen 50 Flugabwehrkanonenpanzer Gepard und sieben Panzerhaubitzen 2000 an die Ukraine geliefert werden. Auch die Lieferung von 88 Leopard-1-Kampfpanzern und 100 Marder-Schützenpanzern wird vom deutschen Rüstungsriesen Rheinmetall vorbereitet.

Entsprechend der offiziellen Propaganda versuchte Scholz, die massiven Waffenlieferungen als deeskalierende Friedensmaßnahmen darzustellen. „Einem brutal angegriffenen Land bei der Verteidigung zu helfen, darin liegt keine Eskalation, sondern ein Beitrag dazu, den Angriff abzuwehren und damit schnellstmöglich die Gewalt zu beenden“, behauptete er. Man unternehme auch nichts, „was die Nato zur Kriegspartei werden lässt“.

Das ist verlogen und absurd. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen weiß Scholz genau, dass die wachsende Kriegsunterstützung für die Ukraine die Gefahr eines nuklearen dritten Weltkriegs heraufbeschwört. Noch am 22. April hatte er gegenüber dem Spiegel erklärt, man müsse alles tun, „um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden“. Es gehe darum, „eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt“.

Zum anderen ist die Nato faktisch längst Kriegspartei – und das nicht erst seit dem Einmarsch des Putin-Regimes in die Ukraine. Die imperialistischen Mächte führen seit Jahrzehnten Krieg, um ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen durchzusetzen. Allein die völkerrechtswidrigen Angriffskriege und Regimewechsel-Operationen in Serbien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien haben in den letzten 30 Jahren ganze Länder zerstört und Millionen von Menschen den Tod gebracht.

Russland haben die Nato-Mächte seit der Auflösung der Sowjetunion systematisch eingekreist, mit dem Ziel, das rohstoffreiche Land in eine Halbkolonie zu verwandeln, die sie dominieren und ausbeuten können. 2014 orchestrierten Washington und Berlin in der Ukraine einen rechten Putsch, um in der ehemaligen Sowjetrepublik ein anti-russisches Regime zu installieren. Anschließend wurden das ukrainische Militär und rechtsextreme Milizen im Land systematisch aufgerüstet. Moskaus Einmarsch am 24. Februar 2022 war die verzweifelte Reaktion eines reaktionären kapitalistischen Regimes auf die Offensive der Nato.

Deutschland ist heute genauso wenig eine „Friedensmacht“ wie am Vorabend des Ersten und Zweiten Weltkriegs. Zusammen mit den USA ist es der aggressivste imperialistische Akteur. Die herrschende Klasse nutzt den von der Nato provozierten Ukraine-Krieg, um lang gehegte Aufrüstungs- und Großmachtpläne in die Tat umzusetzen.

Im Zentrum steht dabei die massive Aufrüstung der Bundeswehr. „Wir werden unsere eigene Verteidigungsfähigkeit sichern und stärken“, verkündete Scholz im Bundestag. Dafür brauche „die Bundeswehr das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro“. Man sei dazu „in guten Gesprächen“ auch mit der Opposition, „um das Sondervermögen im Grundgesetz zu verankern“.

Gleichzeitig geht es um die Stärkung Deutschlands innerhalb der Nato und die Militarisierung Europas unter deutscher Führung. „Mit dem Sondervermögen senden wir eine klare Botschaft an Freunde und Verbündete“, erklärte Scholz. Als „bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Nation Europas“ meine es Deutschland „ernst, wenn wir von Beistandspflicht und kollektiver Verteidigung reden“.

In Zukunft müssten auch „unsere Verteidigungssysteme und unsere Investitionen … europäisch enger koordiniert und besser aufeinander abgestimmt werden.“ Es gehe „um mehr Effizienz und mehr Komplementarität“, darum, „die europäische Verteidigungsindustrie enger zu verzahnen“ und damit „einen großen Schritt Richtung Zukunft zu gehen zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigung“. Über „die notwendigen Schritte“ werde man beim EU-Sondergipfel Ende des Monats beraten.

Die Kriegs- und Großmachtpläne, die auch darauf abzielen, Deutschland gegenüber den USA und China zu stärken, werden von allen Bundestagsparteien unterstützt. In der Debatte überboten sich Sprecher aller Fraktionen mit Forderungen nach mehr Waffenlieferungen für die Ukraine, einem härteren Wirtschaftskrieg gegen Russland und einer aggressiveren deutschen Aufrüstung.

Die Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Katharina Dröge, unterstrich, dass die ehemaligen Pazifisten heute die führenden Militaristen sind: „Unsere Botschaft an Putin ist: Wir werden niemals aufhören, die Ukraine zu unterstützen“, versicherte sie. „Unsere Unterstützung gilt, solange sie notwendig ist. Ja, das heißt Lieferung von schweren Waffen; denn die Ukraine muss sich verteidigen können. Und das heißt, weitere wirtschaftliche Sanktionspakete zu beschließen.“

Christian Dürr, der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, pries ebenfalls den Kriegskurs der Bundesregierung, der immer dramatischere Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen hat: „Wir als Ampelkoalition haben hier tatsächlich eine Zeitenwende eingeleitet. Wir liefern Waffen in Kriegsgebiete. Wir brechen die wirtschaftlichen Beziehungen mit einem ehemaligen Handelspartner ab. Wir investieren massiv in unsere Armee. Das hat es vorher nicht gegeben.“

Der „Oppositionsführer“ und Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Friedrich Merz mahnte zu einer schnelleren Umsetzung der zugesagten Waffenlieferungen. Gleichzeitig versicherte er Scholz, dass seine Fraktion „bei Ihnen ist bei dem, was Sie in Ihrer Regierungserklärung am 27. Februar gesagt haben, nämlich 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und dauerhaft mehr als 2 Prozent unseres BIP in jedem Jahr für die Verteidigung“.

Alice Weidel, die Fraktionsvorsitzende der rechtsextremen AfD, bezeichnete den „Angriffskrieg Russlands“ als „Katalysator, der die Krise zugespitzt hat und die Defizite unserer Militär- und Sicherheitspolitik offenlegt“. Sie forderte die Bundesregierung auf, „die für die Bundeswehr vorgesehenen 100 Milliarden Euro tatsächlich in unsere eigene Armee zu stecken“.

Auch Die Linke ist Teil der Kriegsverschwörung. Putin dürfe den Krieg „nicht gewinnen“, forderte die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Amira Mohamed Ali im Bundestag. Gleichzeitig warnte sie vor immer mehr Waffenlieferungen. Aus Sicht der Linkspartei soll Russland vor allem durch den Wirtschaftskrieg in die Knie gezwungen werden. „Sanktionen müssen sich gegen die ökonomische Machtbasis des Systems Putin ... richten“, fordert ein Antrag des Parteivorstands für den bevorstehenden Parteitag.

Die einzige Partei, die dem militaristischen Taumel entgegentritt und der wachsenden Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen dagegen eine Stimme gibt, ist die Sozialistische Gleichheitspartei. Unter dem Titel „Kein dritter Weltkrieg! Milliarden für Gesundheit und Arbeit statt Rüstung und Krieg!“ organisiert sie am Dienstag, dem 24. Mai um 19:00 Uhr eine Online-Veranstaltung.

Im Aufruf dazu heißt es: „Dieser Wahnsinn kann nicht durch Appelle an die Kriegstreiber, sondern nur durch eine internationale Antikriegsbewegung beendet werden. Die russischen und ukrainischen Arbeiter müssen sich mit den Arbeitern aller Länder zusammenschließen, um gegen den Krieg und seine Wurzel, den Kapitalismus zu kämpfen.“

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