Regierung und Opposition einigen sich auf Sondervermögen für Krieg

Am Freitag plant die Bundesregierung Im Rahmen der Haushaltsdebatte die Verabschiedung des sogenannten „Sondervermögens Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro. Es handelt sich um die größte Aufrüstungsoffensive seit dem Untergang des Dritten Reichs. Sie macht Deutschland zur mächtigsten Militärnation in Europa.

Eurofighter Typhoon der Bundeswehr

„Die Entscheidung, die Bundeswehr über das Sondervermögen nun deutlich besser auszustatten, wird erhebliche Auswirkungen haben. Deutschland wird in Europa bald über die größte konventionelle Armee im Rahmen der Nato verfügen,“ frohlockte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung.

Am Tag zuvor hatten sich die Regierungsparteien SPD, FDP und Grüne in Hinterzimmergesprächen mit der größten Oppositionsfraktion CDU/CSU darauf geeinigt, das Sondervermögen auf den Weg zu bringen.

„Wir haben unsere Gespräche über eine Änderung des Grundgesetzes zur Schaffung eines Sondervermögens für die Bundeswehr mit dem Zweck der Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit sowie über ein Gesetz zur Finanzierung der Bundeswehr und zur Errichtung dieses Sondervermögens heute Abend erfolgreich beendet,“ verkündeten die Parteien in einem gemeinsamen Statement.

Man stelle „gemeinsam sicher, dass die Bundeswehr in den kommenden Jahren mit 100 Milliarden Euro zusätzlicher Investitionen gestärkt wird“. Dabei werde „das so genannte Zwei-Prozent-Ziel der NATO im mehrjährigen Durchschnitt erreicht“. Gleichzeitig werde „unverzüglich und noch vor der parlamentarischen Sommerpause eine Initiative zur Beschleunigung der Beschaffung auf den Weg gebracht“.

Die Bundesregierung werde zudem „eine Strategie zur Stärkung der Sicherheit im Cyber- und Informationsraum vorlegen“. Zusätzliche Maßnahmen „zur Cybersicherheit, Zivilschutz sowie zur Ertüchtigung und Stabilisierung von Partnern“ würden „dabei aus dem Bundeshaushalt finanziert“. Und auch „nachdem das Sondervermögen in Anspruch genommen wurde“, würden „weiter die erforderlichen Mittel zur Erreichung der dann gültigen NATO-Fähigkeitsziele bereitgestellt“.

Mit anderen Worten: die Aufrüstungspläne gehen weit über das Sondervermögen hinaus und laufen auf eine permanente Explosion des Militärhaushalts hinaus. Bereits die Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels bedeutet, dass der Wehretat von aktuell etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr auf weit über 70 Milliarden steigen wird. Scholz hatte die massive Aufrüstung bereits in einer Rede am 27. Februar angekündigt und im Bundestag eine lange Liste von Rüstungsprojekten präsentiert.

Es gehe um die „nächste Generation von Kampfflugzeugen und Panzern“, die „Eurodrohne“ und „die Anschaffung der bewaffneten Heron-Drohne“, erklärte der Kanzler. Auch „für die nukleare Teilhabe“ werde man „rechtzeitig einen modernen Ersatz für die veralteten Tornado-Jets beschaffen“. In jedem Fall brauche Deutschland „Flugzeuge, die fliegen, Schiffe, die in See stechen, und Soldatinnen und Soldaten, die für ihre Einsätze optimal ausgerüstet sind“.

Die Aufrüstungsoffensive ist in jeder Hinsicht eine Kriegserklärung an die Bevölkerung. Die Kosten werden ausschließlich die Arbeiter tragen. „Ich schreibe mir auf die Fahnen: Schuldenbremse erhalten, Steuererhöhungen abgewendet, Bundeswehr stärker finanziert,“ erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner am Montag im ZDF. In einem Kriegs- und Krisenjahr sei das „ein guter Beginn, die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen“. 2023 sei für ihn „die Schuldenbremse nicht verhandelbar“.

Was das heißt, liegt auf der Hand. Jeder Cent, der in Aufrüstung und Krieg fließt, wird wieder bei den Arbeitern eingetrieben. Bereits in diesem Jahr werden die Ressorts Arbeit und Soziales und Bildung um insgesamt über fünf Milliarden Euro gekürzt. Und das ist nur der Anfang. Um die Dimension des bevorstehenden Kahlschlags besser zu erfassen: Der aktuelle Bildungshaushalt beträgt mit rund 20 Milliarden Euro etwa ein Fünftel des geplanten Sondervermögens.

Ganz unmittelbar dient die Aufrüstung der Eskalation des Nato-Kriegs gegen Russland. Im Interview mit der Stuttgarter Zeitung prahlt Scholz mit der deutschen Führungsrolle bei der Bewaffnung der Ukraine. Man habe bereits „in großem Umfang Waffen aus Beständen der Bundeswehr geliefert, zum Beispiel Hunderte Panzerabwehr- und Flugabwehrraketen, Tausende Panzerminen und Handgranaten, viele Millionen Schuss Munition“.

Zusätzlich habe seine Regierung „eine Liste mit der deutschen Rüstungsindustrie zusammengestellt an Militärgütern, die das ukrainische Verteidigungsministerium bestellen kann“. Darunter seien „schwere Waffen“ wie Gepard-Flugabwehr-Geschütze. Und man liefere die Panzerhaubitze 2000 und bilde an den Waffensystemen ukrainische Militärangehörige aus, „damit sie dieses Gerät auch bedienen können“. Außerdem unterstütze man osteuropäische Länder, „die Waffen aus russischer Fertigung“ – darunter auch Kampfpanzer – „an die Ukraine abtreten, die dort sofort genutzt werden können“.

Am Mittwoch verkündete Scholz in der Generaldebatte im Bundestag weitere Waffenlieferungen und sagte der Ukraine die Lieferung eines modernen Flugabwehrsystems vom Typ Iris-T und eines Ortungsradars zu.

Vertreter der gleichen herrschenden Klasse, die die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg mit einem Vernichtungskrieg überzogen hat, betonen erneut, dass das deutsche Kriegsziel die militärische Niederlage Russlands sei.

„Russland darf diesen Krieg auf gar keinen Fall gewinnen und das heißt, das braucht eine strategische Niederlage für Russland,“ forderte die grüne Außenministerin Annalena Baerbock am Montag im Deutschlandfunk. „Die Ukraine muss gewinnen können“, und deswegen sei „es so entscheidend, dass wir die Ukraine in dieser Situation weiterhin unterstützen, weiterhin dafür sorgen, dass sie gerade im Donbass die russischen Truppen zurückdrängen können.“

Offiziell rechtfertigen Scholz, Baerbock und Co. die „außenpolitische Zeitenwende“ mit Putins Einmarsch in die Ukraine. Das ist reine Propaganda. Tatsächlich wurden die Pläne – darunter auch das 100 Milliarden schwere „Sondervermögen“ – von langer Hand vorbereitet.

Mit der systematischen militärischen Umzingelung Russlands hat die Nato den Ukraine-Krieg selbst provoziert. Nun eskalieren die imperialistischen Mächte den Konflikt, um das rohstoffreiche Land zu unterwerfen. Dabei verfolgt vor allem Berlin das Ziel, sich als führende europäische Macht zu etablieren und unabhängige deutsch-europäische Militärstrukturen aufzubauen, um seine globalen Interessen zu verfolgen – zunehmend auch gegen die USA.

„Die EU muss sich endlich eine Außen- und Verteidigungspolitik geben, die etwa eine gemeinsame Cyber- und Raketenverteidigung umfasst. EU-Staaten könnten sich auch gemeinsame Flugzeugträger zulegen, um in der Selbstverteidigung oder den Krisengebieten der Welt einsatzfähig zu werden,“ so Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), in einem aktuellen Interview im Spiegel.

Und in Bezug auf die Vereinigten Staaten fügt er hinzu: „Die Rolle der USA ist derzeit elementar. Aber womöglich können sie langfristig nicht unsere Schutzmacht bleiben, sondern müssen sich Asien zuwenden. Deshalb muss die EU ihre Außen- und Sicherheitspolitik selbst betreiben und aus dem Klein-Klein herauskommen. Das umfasst auch die Frage nach dem atomaren Schutzschild.“

Die Sozialistische Gleichheitspartei und die World Socialist Web Site haben die Kriegsverschwörung der herrschenden Klasse von Anfang scharf verurteilt. Nun gilt es die wachsende Opposition in der Arbeiterklasse durch den Aufbau einer mächtigen Antikriegsbewegung zu organisieren und mit einem sozialistischen Programm zu bewaffnen. Die SGP-Veranstaltung mit dem Titel „Kein dritter Weltkrieg! Milliarden für Gesundheit und Arbeit statt Rüstung und Krieg!“ war dabei ein wichtiger Schritt.

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