Will Lehman schreibt an UAW-Mitglieder: „Fünf Erkenntnisse aus meinen Besuchen bei den Automobilwerken“

Will Lehman, ein Arbeiter von Mack Trucks (Volvo) in Pennsylvania kandidiert für das Amt des Vorsitzenden der Gewerkschaft UAW. In den letzten Wochen besuchte er auf seiner Wahlkampftour Autowerke und sprach mit Arbeitern in Michigan, Ohio, Kentucky und Virginia. Dabei stieß er auf breite Unterstützung für seine Forderung nach einer Rebellion der Arbeiter an der Basis gegen die Gewerkschaftsbürokratie.

Am Donnerstag schickte Lehman den folgenden Brief per E-Mail an Zehntausende von aktiven und pensionierten UAW-Mitgliedern. Darin fasste er seine Erfahrungen aus den Gesprächen mit Arbeitern während seiner Tour zusammen.

Die WSWS unterstützt Lehman’s Kampagne.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

letzte Woche konnte ich aufgrund eines Produktionsstopps wegen Teilemangels im Werk von Mack Trucks in Macungie (Pennsylvania) mehrere Automobilwerke und andere Arbeitsplätze besuchen. In den Ford-Werken in Dearborn (Michigan) und Louisville (Kentucky) in den Chrysler-Werken in Warren, Detroit und Toledo sowie im General Motors-Montagewerk in Flint habe ich mit Hunderten von Beschäftigten über meine Kampagne gesprochen. Ich hatte auch Gelegenheit, mit streikenden Lehrern in Columbus (Ohio) zu sprechen; ebenso mit den Arbeitern, die letztes Jahr den historischen Streik bei Volvo Trucks in Dublin (Virginia) angeführt hatten.

Dies sind die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Reise:

1. Es gibt einen enormen Zorn unter den Arbeitern an der Basis

Wenn ihr glaubt, dass ihr mit eurer Bereitschaft zur Gegenwehr allein dasteht, dann irrt ihr euch. Wo immer ich hinkam, stieß ich auf enorme Opposition gegen die Ausbeutung durch Unternehmen, sinkende Reallöhne, schreckliche Arbeitsbedingungen und die Gefahr von Entlassungen. Beschäftigte aller Hautfarben und jeder Herkunft, egal ob jung oder alt, erfahrene Arbeiter und Berufsanfänger, berichteten über das Fehlen von Klimaanlagen in den Betrieben, über die zermürbenden Arbeitszeiten, die uns Zeit mit der Familie rauben, über die Ungleichheit, die durch verschiedene Lohnstufen und Zeitarbeit entsteht, und über die Auswirkungen der Inflation.

Ein Arbeiter des Stanzwerks in Warren drückte die Ansichten so vieler aus, als er sagte: „Sie behaupten immer, dass sie nicht genug Gewinn machen, um anständige Löhne zu zahlen und unsere Arbeitsplätze zu erhalten. Jetzt machen sie Rekordgewinne und wollen uns immer noch nicht angemessen nach den Lebenshaltungskosten bezahlen oder einen Inflationsausgleich geben.“

2. Arbeiter wissen, dass die UAW sie nicht vertritt

Wenn es eine Aussage gab, die ich immer wieder hörte, dann war es die, dass die UAW von den Unternehmen gekauft ist. Damit ist nicht gemeint, dass die Arbeiter in der Hand der Unternehmer sind, sondern die UAW-Funktionäre. Ein Arbeiter im Ford-Werk Dearborn Truck sagte, die UAW-Funktionäre lebten auf „großem Fuß“ und die „Gewerkschaft sei für sie ein Geschäftsmodell“. Bei Kentucky Truck sagte ein Arbeiter, dass „die UAW in diesem Werk nicht existiert“. Das heißt, dass sie Arbeiter nicht repräsentiert. In Flint sagten die Beschäftigten, die Situation habe sich verschlimmert, seit die UAW-Funktionäre im Jahr 2019 den Streik verraten hätten. Arbeiter berichteten, dass die Zuzahlungen zu medizinischen Ausgaben gestiegen sind. „Die Zeit- und Leiharbeiter werden über den Tisch gezogen“, und „die einzigen, die sagen, dass es besser geworden ist, sind die Leute, die das Geld gestohlen haben“, sagte mir ein Arbeiter vom Flint Montagewerk.

Wir alle sind uns des massiven Korruptionsskandals bewusst. Wir wissen alle, dass es sich nicht um „ein paar faule Äpfel“ handelt. Es gibt etwas zutiefst Krankes in der Organisation selbst: sie wird von einer gewaltigen Schicht privilegierter Funktionäre mit sechsstelligen Gehältern kontrolliert.

Will diskutiert sein Programm mit Ford-Arbeitern in Louisville (Foto: WSWS)

3. Arbeiter brennen darauf, etwas über die Klassenkämpfe überall in der Welt zu erfahren

Die UAW leistet seit Langem dem Nationalismus Vorschub, also der Behauptung, dass wir unsere Interessen nur verteidigen könnten, indem wir uns gegen Arbeiter in anderen Ländern stellen. Als ich jedoch den Arbeitern über die Kämpfe im Großbritannien, in ganz Europa, in Sri Lanka und Indien, in Mexiko und ganz Lateinamerika berichtete, war die Begeisterung groß.

Ich informierte Ford-Arbeiter in Michigan und Kentucky, dass ich mit Ford-Arbeitern in Indien und Deutschland gesprochen hatte. Diese sind mit Werksschließungen konfrontiert. Sie lehnen sich gegen die Forderung ihrer Gewerkschaften auf, tiefe Einschnitte bei Löhnen und Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, um angeblich Arbeitsplätze zu „retten“. Statt eines Wettlaufs nach unten, sagte ich, müssten wir einen koordinierten Kampf über nationale Grenzen hinweg organisieren, um alle unsere Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen zu verteidigen. „Hört sich gut an!“, antwortete ein Arbeiter von Kentucky Truck. „Ich denke, die Arbeiter müssen sich überall zusammenschließen, sonst haben wir keine Chance. Wir haben die gleichen Probleme und können gemeinsam an deren Lösung arbeiten. Nichts wird geschehen, wenn die arbeitenden Menschen es nicht tun.“

4. Arbeiter sprechen über mehr als die unmittelbaren Bedingungen in den Betrieben

Arbeiter sind zornig über die Bedingungen in der Fabrik, aber sie sind sich auch bewusst, dass dies Teil eines umfassenderen Problems ist. Ich habe mit Arbeitern über die Pandemie gesprochen, der in den USA mehr als eine Million Menschen zum Opfer gefallen sind. Diese Todesfälle beruhen auf der Unterordnung des menschlichen Lebens unter den privaten Profit. Ich sprach mit Arbeitern über den Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland in der Ukraine und darüber, dass dutzende Milliarden Dollar für den Krieg verschleudert werden. Gleichzeitig werden die Sozialprogramme trocken gelegt. Den Lehrern in Columbus wird gesagt, dass kein Geld für die Reparatur von Lüftungssystemen oder die Sanierung von Schulen mit Ungezieferbefall vorhanden sei.

Will mit streikender Lehrerin (Foto: WSWS)

Auf der Fahrt durch Flint und Detroit sah ich Städte und Stadtteile, die jetzt durch jahrzehntelange Werksschließungen und Entlassungen verwüstet sind. Nachdem sie Milliarden verdient hatten, verließen General Motors und andere Unternehmen diese Städte und ließen sie zurück, ohne sauberes Trinkwasser oder andere lebensnotwendige Dinge. Letztes Jahr kassierte GM-Chefin Mary Barra 23 Millionen Dollar – 700 Mal mehr als eine GM-Arbeiterin der zweiten Lohnstufe, die die Gewinne des Unternehmens erwirtschaftet. Ich habe Arbeitern erklärt, dass diese Ungleichheit durch den Kapitalismus verursacht wird, und dass wir Arbeiter uns zusammenschließen müssen, um dieses System zu beseitigen und nicht unterzugehen.

5. Es herrscht ein enormes Interesse am Sozialismus

Ich bin Sozialist. Das bedeutet, dass ich glaube, dass die Arbeiter in der UAW mit allen Arbeitern in einem gemeinsamen Kampf verbunden sind: im Kampf zur Beendigung der Herrschaft der Konzernoligarchie und zur Schaffung eines Systems auf der Grundlage von Gleichheit und internationaler Solidarität. Viele Arbeiter wissen nicht wirklich, was Sozialismus ist. Sie wissen nicht, dass der Sitzstreik in Flint und andere militante Kämpfe zum Aufbau der UAW in den 1930er Jahren von Sozialisten geführt wurden. Aber wenn ich sie frage: „Glaubst du, dass die Wirtschaft auf menschlichen Bedürfnissen und nicht auf Profit basieren sollte?“, dann stimmen sie sofort zu. „Wenn ihr mit dem, was ich sage, einverstanden seid, aber das Wort Sozialismus nicht mögt,“ fahre ich fort, „dann ist es vielleicht nicht der Sozialismus, mit dem ihr ein Problem habt, sondern das, was ihr dafür hieltet.“

Meine Kampagne stößt auf breite Unterstützung. In jedem Betrieb, den ich aufsuchte, meldeten sich innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Arbeiter, um sich daran zu beteiligen. Arbeiter suchen nach einem Weg, um zu kämpfen. Bei meiner Kampagne geht es darum, die Arbeiter zu mobilisieren, um den gesamten UAW-Apparat abzuschaffen. Die Macht muss wieder an die Arbeiter in den Betrieben übertragen werden, indem in jeder Fabrik und an jedem Arbeitsplatz Aktionskomitees gebildet werden. Es geht darum, unsere Kämpfe mit den Kämpfen der Arbeiter in anderen Industrien, in anderen Ländern zu vereinen. Die Realität der sozialen und wirtschaftlichen Krise treibt Arbeiter in den Kampf.

Jetzt ist die Zeit zum Handeln gekommen. Wie einer der Anführer des Streiks bei Volvo Trucks in NRV sagte: „Wenn die Menschen nicht Stellung beziehen, wird sich nie etwas ändern.“ Ganz genau. Bei dieser Kampagne geht es darum, dass Arbeiter Stellung beziehen. Es geht nicht nur um mich, sondern um euch, um den Aufbau eines Netzwerks von Aktionskomitees, um endlich für das zu kämpfen, was wir brauchen.

Ich bitte euch um Folgendes:

Bitte schreibt mir heute entweder an willforuawpresident@gmail.com oder sendet eine SMS an (267) 225-6633. Sagt mir, was ihr über die Bedingungen in eurem Betrieb oder an eurem Arbeitsplatz denkt, unabhängig davon, ob ihr Automobilarbeiter, Produktionsarbeiter, Facharbeiter, Krankenpfleger oder Erzieher seid und unabhängig davon, ob ihr aktiv oder im Ruhestand seid. Für welche Forderungen müssen wir eurer Meinung nach kämpfen? Was soll sich eurer Meinung nach ändern?

Ich werde diese Kampagne nutzen, um den Aufruf so weit wie möglich zu verbreiten, damit wir uns alle zusammenschließen und das erreichen können, was wir fordern und verdienen.

Um euch für Text-Updates anzumelden, schickt eine SMS mit WILL an (877) 861-4428. Besucht WillforUAWPresident.org für weitere Informationen und um euch zu beteiligen.

Mit solidarischen Grüßen,

Will Lehman

Nachstehend findet ihr Links zu einer Reihe von Artikeln über meine Kampagne in der WSWS. Die Konzernmedien verschweigen diese Kampagne, weil sie Angst vor einer Bewegung der Arbeiter haben. Ich bitte euch dringend, diese Artikel zu lesen und so weit wie möglich zu verbreiten:

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