München: SPD und Grüne zensieren Konzert von Roger Waters und Kritik am Nato-Krieg in der Ukraine

Die Münchner Stadtregierung, eine Koalition aus SPD und Grünen, will verhindern, dass Pink Floyd-Mitbegründer Roger Waters am 21. Mai 2023 in der stadteigenen Olympiahalle seine Musikshow This Is Not a Drill aufführt. Der Vorverkauf für das Konzert hat bereits begonnen.

Werbeposter für "This is not a drill" [Photo by Roger Waters / CC BY 4.0]

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erklärte, es irritiere ihn sehr, dass die stadteigene Olympiapark-Gesellschaft die Halle an Walters vergeben habe, er habe davon keine Kenntnis gehabt. Er forderte die Gesellschaft auf, ihre Entscheidung zu überprüfen und zurückzunehmen. Ähnlich äußerten sich die Bürgermeisterinnen Verena Dietl (SPD) und Katrin Habenschaden (Grüne).

Die Kündigung der Halle, die über 15.000 Plätze hat, käme einem Auftrittsverbot für Waters in München gleich, da eine vergleichbare Halle nicht zur Verfügung steht. Dieser bespiellose Akt der Zensur wird ausschließlich mit Waters politischer Haltung begründet, die den Interessen der Herrschenden in Deutschland zuwiderläuft.

Wie die WSWS über Waters Konzerttour schrieb, die im Juli in den USA begann, befasst sich nahezu jeder ihrer Songs „mit den drängenden Fragen unserer Zeit: imperialistischer Krieg, Faschismus, das Gift des Nationalismus, die Not der Flüchtlinge, die Opfer staatlicher Unterdrückung, weltweite Armut, soziale Ungleichheit, der Angriff auf demokratische Rechte und die Gefahr der nuklearen Vernichtung“.

Das wollen die SPD und die Grünen, die beide auch Mitglied der Bundesregierung sind, auf keinen Fall zulassen. Sie schrecken vor keiner Verleumdung zurück, um Waters zu diskreditieren. Sie denunzieren ihn als Antisemiten und Putin-Unterstützer, obwohl dies nachgewiesenermaßen falsch ist. Auch die CSU, die in Bayern die Landesregierung stellt, und die Medien unterstützen die Kampagne gegen Waters.

Bereits 2018 hatte die Stadt München versucht, ein Konzert von Waters in der Olympiahalle zu verhindern, war aber vor Gericht unterlegen. Sie hatte sich auf einen Stadtratsbeschluss aus dem Vorjahr gestützt, wonach die Stadt keine Räume an Organisationen und Personen vergibt, die – wie Waters – die BDS-Bewegung unterstützen, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzt. Bereits damals hatte Oberbürgermister Reiter erklärt, man werde in Zukunft keine Konzerte von Waters in der Olympiahalle mehr zulassen.

Im Januar 2022 entschied dann das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem anderen Verfahren, dass der BDS-Beschluss des Münchner Stadtrats aus dem Jahr 2017 verfassungswidrig sei und gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verstoße. Der Zugang zu öffentlichen Räumen könne zwar generell für bestimmte Zwecke eingeschränkt werden, aber nicht für unliebsame Meinungen.

Nach diesem Urteil vergab die Olympiapark-Gesellschaft die Halle an Waters, was sie vorher hinausgezögert hatte. Man habe zusagen müssen, weil es „juristisch keinen Grund mehr gab, den Termin nicht anzubieten“, erklärte Geschäftsführer Nils Hoch. Dass die Münchner Stadtregierung nun trotzdem versucht, das Konzert zu verhindern, zeigt, wie rücksichtslos sie das Recht auf Meinungsfreiheit mit Füßen tritt.

Roger Waters zählt international zu den erfolgreichsten Musikern der vergangenen 50 Jahre. Wenn SPD und Grüne versuchen, ihm einen Maulkorb umzuhängen, kann man sich vorstellen, wie sie gegen weniger einflussreiche Künstler und politische Aktivisten vorgehen. Waters hat sich nicht nur mit seiner musikalischen Kreativität, sondern auch mit seinem politischen Engagement Respekt erworben. Im Laufe seiner Karriere, und insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten, hat er beide Elemente miteinander verbunden und sich zu einem der weltweit beliebtesten und einflussreichsten Musiker entwickelt. Es wird davon ausgegangen, dass allein in Nordamerika eine Million Zuschauer This Is Not A Drill besuchen werden.

Waters hat als einer von wenigen Künstlern wiederholt die Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung durch die israelische Regierung angeprangert und Wikileaks-Gründer Julian Assange kompromisslos gegen die Verschwörung der USA und anderer imperialistischer Mächte verteidigt, die ihn zum Schweigen bringen und vernichten wollen.

2018 konzentrierte sich die rot-grüne Kampagne gegen Waters auf seine Opposition gegen die reaktionäre Politik der israelischen Regierung. Diesmal wird der Musiker verstärkt wegen seines entschiedenen Widerstands gegen den Krieg in der Ukraine angegriffen. Neben „Antisemitismus“ wird Waters nun fälschlicherweise vorgeworfen, er sei „pro Putin“ und verbreite „Verschwörungsmythen“ über den „russischen Angriffskrieg“ (Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle für Demokratie der Stadt München).

Wie die WSWS berichtete, hat Waters die Rolle der USA und der NATO-Länder beim Schüren des Kriegs in der Ukraine scharf verurteilt, gleichzeitig aber klargestellt, dass er den russischen Präsidenten nicht in Schutz nimmt.

Die fieberhaften Bemühungen von SPD und Grünen in München, jeden Widerspruch gegen den Krieg in der Ukraine zu unterdrücken, beschränken sich nicht auf den Rockmusiker Waters. Im März dieses Jahres entließ die Stadt den Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev, weil er den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht ausdrücklich verurteilt hatte. Kürzlich feuerte die Stadt den ersten Geiger desselben Orchesters, Lorenz Nasturica-Herschcowici, nachdem ein Mitglied der Münchner Grünen, Florian Roth, behauptet hatte, Nasturica-Herschcowici sei „Teil von Putins Propagandamaschinerie“.

Die politische Offensive, Roger Waters zum Schweigen zu bringen, wird auch von den führenden Medien des Landes unterstützt. Die in München erscheinende Süddeutsche Zeitung hat in zahlreichen Artikeln die Verleumdungen von Oberbürgermeister Reiter wiederholt und behauptet, Waters stehe „hinter Putin“. In einem Kommentar vom 12. Oktober verleumdet der Süddeutschen-Journalist Moritz Baumstieger Waters, indem er ihn in eine Linie mit reaktionären Figuren wie dem US-Musiker und Trump-Unterstützer Kayne West und dem deutschen Sänger und rechten Anhänger von Verschwörungstheorien Xavier Naidoo stellt.

2018 hatte das Magazin der Süddeutschen noch ein mehrseitiges Interview mit Waters veröffentlicht, in dem er seine Ablehnung der Politik der israelischen Regierung begründete. „BDS spricht Israel nicht sein Existenzrecht ab,“ erklärte er dort. Die Bewegung verfolge drei Ziele: „das Ende der 1967 begonnenen Militärherrschaft über die Palästinenser in den besetzten Gebieten“, „völlige Gleichberechtigung für die palästinensischen Bürger Israels“ und „Durchsetzung des international anerkannten Rechts auf Rückkehr für palästinensische Flüchtlinge, die bei der Gründung Israels und danach aus ihren Häusern vertrieben wurden“.

Heute, inmitten der wachsenden Kriegshysterie gegen Russland, wäre die Veröffentlichung dieses Interviews undenkbar.

Der Deutschlandfunk hat sich ebenfalls in die Kampagne eingeschaltet. In ihrer regelmäßigen Corso-Sendung wiederholte Reporterin Susanne Luerweg die Behauptung, Waters sei antisemitisch und pro-russisch, und beschimpfte ihn als „frustrierten alten weißen Mann“.

Die hysterische Reaktion der deutschen Medien auf einen Künstler, der immer wieder mutig davor gewarnt hat, dass sich der Stellvertreterkrieg von USA und Nato in der Ukraine zu einem dritten Weltkrieg entwickelt, bestätigt sein eigenes Urteil, nachdem vor kurzem zwei Konzerte in Polen abgesagt wurden. Waters schrieb: „Die Mainstream-Medien im Westen scheinen darauf bedacht zu sein, eine Eskalation des Stellvertreterkriegs zwischen den USA und der Russischen Föderation, der in der Ukraine wütet, öffentlich zu unterstützen, bis hin zur Überlegung, nukleares Vabanquespiel zu betreiben.“

Bezeichnenderweise stellte der Deutschlandfunk auch einen Zusammenhang zwischen den Verleumdungen gegen Waters und der jüngsten Kampagne zur Schließung der weltberühmten Kunstausstellung Documenta her, die mit der Behauptung begründet wurde, einige der ausgestellten Werke seien antisemitisch.

Die Angriffe auf Kunst, Kultur und abweichende Meinungen in Deutschland nehmen Formen an, wie es sie in der Geschichte des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat. Ein kurzer Blick in die deutsche Geschichte zeigt, dass die Zensur von Opposition stets Bestandteil der Vorbereitung neuer Kriege war. In München verbrannten die Nationalsozialisten im Mai 1933 auf dem zentralen Königsplatz die Bücher fortschrittlicher und kriegsgegnerischer Autoren. Vier Jahre später war München der erste Anlaufpunkt für die NS-Ausstellung „Entartete Kunst“, die alle deutschen Künstler verunglimpfte, die sich gegen den Krieg stellten.

In seinem Interview mit der Süddeutschen Zeitung im Jahr 2018 zog Waters selbst diesen Vergleich. „Mich zum Schweigen zu bringen, so wie Ihr Oberbürgermeister das täte, wenn er könnte – das ist das Gleiche, wie ein Buch zu verbrennen,“ sagte er. „Bücher werden verbrannt, um Autoren zum Schweigen zu bringen und Gedanken auszulöschen.“

Die Beschlüsse von SPD und Grünen in München, jegliche Opposition gegen den Krieg in der Ukraine zu zensieren, sind ohne Zweifel mit den Parteikollegen in der Bundeshauptstadt abgestimmt. In Berlin treibt die Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die deutsche Intervention im Ukraine-Krieg rücksichtslos voran.

Am 12. Oktober kündigte die Regierung an, Luftabwehrsysteme in die Ukraine zu schicken. Sie verwandelt sich damit immer schneller zu einer direkten Kriegspartei. Am Tag davor hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, dass ein kommerzielles Unternehmen die Trümmer von russischen Panzern, die von ukrainischen Truppen zerstört wurden, provokativ vor der russischen Botschaft in Berlin aufstellen darf.

Die Kampagne gegen Waters entlarvt auch die verlogene Behauptung, die Unterstützung des Ukrainekriegs diene der Verteidigung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Während Präsident Putin vorgeworfen wird, er unterdrücke abweichende Meinungen, geschieht hier nun genau dasselbe.

Vor dem Hintergrund einer wachsenden sozialen Krise, steigender Inflation und zunehmender Opposition gegen den Krieg sind SPD und Grüne entschlossen, jede Kritik an ihrer Politik zum Schweigen zu bringen. Dies ist der Grund für die hektischen Versuche, Roger Walters Auftritt zu verbieten. Der Kampf gegen die Zensur von Kunst und Kultur durch SPD und Grüne muss ein zentraler Bestandteil einer neuen Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse und Jugend sein.

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