Perspektive

Will Lehman geht gerichtlich gegen die Sabotage von Wahlen durch den Gewerkschaftsapparat vor

Will Lehman will auf dem Rechtsweg durchsetzen, dass die Abstimmungsfrist für die Wahl des Präsidenten der UAW, der Autoarbeitergewerkschaft in den USA, um 30 Tage verlängert wird. Am 17. November reichte er im Bundesstaat Michigan, wo sich das Hauptquartier der UAW befindet, eine entsprechende Klage ein. Lehman, ein einfacher Arbeiter bei Mack Trucks in Macungie (Pennsylvania), ist Sozialist und kandidiert selbst für das Amt des UAW-Präsidenten.

Die Rechtssache Lehman v. The UAW wurde Richter David M. Lawson zugewiesen, der für die Aufsicht über die UAW und die vom Gericht angeordnete Überwachung der Gewerkschaft zuständig ist. Der Fall kommt am Dienstag, den 22. November, zur Anhörung.

Die Klage ist eine Reaktion auf die undemokratische Art und Weise, in der die Wahl bislang durchgeführt wurde. Dass der UAW-Präsident direkt gewählt wird, ist ein absolutes Novum und geht auf eine Mitgliederbefragung zurück, die nach einem massiven Korruptionsskandal um die UAW-Führung gerichtlich angeordnet worden war. Obwohl sich UAW-Präsident Ray Curry und sein Apparat gegen Direktwahlen ausgesprochen hatten, stimmten die Gewerkschaftsmitglieder letztes Jahr mit großer Mehrheit (63,7 Prozent) dafür.

Daraufhin machte sich der Apparat daran, die Wahl so zu organisieren, dass die Mehrheit der Mitglieder an der Stimmabgabe gehindert wurde. Die Abstimmung sollte weitgehend auf die Personen beschränkt werden, die die ausufernde UAW-Bürokratie bevölkern und von ihr leben.

Aus diesem Grund wurden die Mitglieder der UAW, wie Lehman in seiner Klageschrift nachweist, nicht ordnungsgemäß darüber informiert, dass eine Wahl stattfindet. Viele erhielten keine Stimmzettel und mussten sich in einem langwierigen und oft erfolglosen Verfahren darum bemühen. Außerdem kam es vor, dass Personen, die mit der Bürokratie in Verbindung stehen, mehrere Stimmzettel erhielten, und in einem Fall sollen auch Mitgliedern der Geschäftsleitung eines Unternehmens Wahlunterlagen zugesandt worden sein.

Die UAW erstellte keine genauen Verteilerlisten und verhinderte damit gezielt, dass die Beschäftigten per E-Mail über die Wahl und das Abstimmungsverfahren informiert werden konnten.

UAW-Vertreter verbreiteten die Lüge, dass Leih- und Zeitarbeiter nicht stimmberechtigt seien, und versuchten in rechtswidriger Weise Arbeiter einzuschüchtern, um zu verhindern, dass sie außerhalb der Betriebe mit Kandidaten sprechen.

Der Aufseher über die Angelegenheiten der UAW, der im Mai 2021 nach dem Korruptionsskandal vom Gericht eingesetzt worden war, überließ es der etablierten UAW-Führung, die Arbeiter zu informieren und Adressen für den Versand von Stimmzetteln zusammenzustellen. Damit verletzte er seine Aufsichtspflicht, weil er selbst festgestellt hatte, dass das Team des derzeitigen Präsidenten Ray Curry Gewerkschaftsgelder für den eigenen Wahlkampf missbraucht und damit gegen Bundesrecht verstoßen hatte.

Autobeschäftigte unterstützen Will Lehmans Kandidatur bei der Wahl zum UAW-Präsidenten, 2022

Der deutlichste Beweis für die Unterdrückung des freien Wählerwillens ist die extrem geringe Wahlbeteiligung. Am Freitag, den 18. November, lief die vom Aufseher gesetzte Einsendefrist für die Stimmzettel ab. Allerdings hatten bis Donnerstag, den 17. November, nur 9 Prozent der Mitglieder ihre Stimme abgegeben, bzw. 95.943 von mehr als 1 Million berufstätigen und verrenteten Mitgliedern.

Gegen diesen Betrug rief Will Lehman das Gericht an.

In der Klage heißt es: „Die UAW verfügt über die Mittel und Instrumente, um die erforderliche Mitteilung zu machen, kommt dieser Pflicht aber vorsätzlich und dauerhaft nicht nach. Infolgedessen nimmt nur ein nachweislich winziger Teil der UAW-Mitglieder an der Wahl teil… Noch beunruhigender ist der Umstand, dass, wie Lehman dem Aufseher gegenüber ausführlich dargelegt hat, eine beträchtliche Anzahl Arbeiter, die von der Wahl wissen, nicht in der Lage waren, daran teilzunehmen, weil es ihnen nicht möglich war, rechtzeitig Stimmzettel zu erhalten, und das in vielen Fällen trotz langwieriger und intensiver Bemühungen.“

Lehman führt in seiner Klageschrift die Erklärungen Dutzender Arbeiter an, die nicht über die Wahl informiert wurden, keine Stimmzettel bekamen (auch nicht nach wiederholten Nachfragen beim gerichtlich bestellten Aufseher), die falsche Auskunft erhielten, dass Leih- und Zeitarbeiter nicht wählen dürften, und sich in ihren demokratischen Grundrechten verletzt sehen. Viele stellen fest, dass die einzigen Informationen, die sie erhalten haben, aus der Will-Lehman-Kampagne stammten.

„Das Curry-Team versucht, die Wahl zu manipulieren oder zu stehlen“, wird ein Arbeiter der Firma Mack Assembly in Detroit in der Klageschrift zitiert. „Im Werk gibt es keine Aushänge über die Wahl. Die UAW hat niemandem gesagt, dass man wählen kann. Ich wusste nichts von der Wahl, bis ich auf die Kampagne von Will Lehman stieß.“ Ein anderer Arbeiter des Montagewerks von Warren Truck in Stellantis schreibt: „Es ist irre, wie diese Wahl geheim gehalten wird. Wenn wir es nicht auf deinem (Will Lehmans) Flugblatt gesehen hätten, wüssten viele von uns nicht, dass eine Wahl stattfindet.“

In der Klage wird überzeugend dargelegt, dass die einzige Möglichkeit, die Situation zu bereinigen und eine faire und demokratische Wahl zu gewährleisten, darin besteht, die Abstimmungsfrist zu verlängern. „Um das Recht von Lehman und der gesamten UAW-Mitgliedschaft auf Teilnahme an einer fairen Wahl zu gewährleisten, die den wirklichen Willen der gesamten Mitgliedschaft zum Ausdruck bringt, muss die Wahl um 30 Tage verlängert werden, damit alle wahlberechtigten Mitglieder Stimmzettel erhalten und die Möglichkeit haben, sie abzugeben“, heißt es in dem Schriftstück. „Dieses Gericht muss von den Beklagten verlangen, dass sie Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, die gesamte Mitgliedschaft über die Wahl und die Stimmzettel zu informieren.“

Die Argumentation Lehmans ist von fundamentaler Bedeutung. Wenn die Arbeiter nicht in der Lage sind, ihr Wahlrecht auszuüben, ist die Wahl bedeutungslos. Eine Wahl, die von einer Führung kontrolliert und manipuliert wird, die aus Eigennutz die Wahlbeteiligung so niedrig wie möglich halten möchte, ist nicht rechtmäßig.

Die Kampagne von Will Lehman hat die tiefe soziale Kluft zwischen den einfachen Arbeitern und der aus Tausenden hochbezahlten Funktionären bestehenden Gewerkschaftsbürokratie offengelegt. Die Versuche der Bürokratie, die Stimmabgabe zu sabotieren, liegen auf einer Linie mit ihrer Rolle als Polizei, die im Dienst der Konzerne in Amerika die Arbeiter niederhält.

Auf der anderen Seite ist Lehmans Kampf für das Wahlrecht als demokratisches Grundrecht eine Weiterentwicklung seiner Kampagne für die Mobilisierung der Arbeiter gegen den Apparat und für die Schaffung wirklich demokratischer Organisationen, d. h. von Aktionskomitees, in denen die Arbeiter sich zusammenschließen und für ihre Interessen kämpfen können.

Über die Klage von Lehman wird am Dienstagvormittag entschieden. Die World Socialist Web Site fordert alle Leser auf, den Bericht über den Rechtsstreit sowie die Video-Erklärung von Lehmans Anwalt zu verbreiten. Macht diese Klage unter den Autoarbeitern und allen Teilen der Arbeiterklasse so bekannt wie möglich!

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