Perspektive

Biden nutzt Selenskyj, um Kriegshysterie zu schüren

Am Mittwoch flog eine US-Militärmaschine den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Washington. Dort traf er sich mit US-Präsident Joe Biden und hielt auch vor dem Kongress eine Rede, in der er zum „absoluten Sieg“ über Russland aufrief.

Die Rede zur Hauptsendezeit, die von allen großen Kabelsendern übertragen wurde, war eine einzige Kriegspropaganda. Biden hatte Selenskyj nach Washington eingeladen, um die öffentliche Meinung in den USA dahingehend zu beeinflussen, dass sie eine Eskalation des Kriegs akzeptiert, den die USA und die Nato in der Ukraine gegen Russland führen.

Selenskyj hielt eine Stellvertreterrede für einen Stellvertreterkrieg. Seine Rede zielte darauf ab, die Herzen der amerikanischen Öffentlichkeit zu bedrängen, und sie erinnerte in einer Passage, die zweifellos von einem Redenschreiber in Washington stammte, sogar an die Schlacht von Saratoga, die im Jahr 1777 die Wende im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gebracht hatte.

Begleitet wurden solche Appelle von rassistischer Hetze gegen die russische Bevölkerung, wie man sie in Washington nicht einmal im Kalten Krieg vernommen hatte. Auf einer Pressekonferenz mit Biden zu Beginn des Tages bezog sich Selenskyj auf die Russen als ein Volk von „Unmenschen“. Vor dem Kongress erklärte er, dass sie „vom Kreml vergiftet“ seien, und Russland bezeichnete er als einen „Terrorstaat“.

Die überwiegende Mehrheit der Mitglieder beider Parteien begrüßte diese Äußerungen mit überschwänglichem Beifall und mehreren stehenden Ovationen.

Die gesamte Rede war so angelegt, dass sie an die Rede des britischen Premierministers Winston Churchill von 1941 vor dem Kongress erinnerte: Der russische Präsident Putin bekam den Part Adolf Hitlers zugewiesen, und Selenskyj trat als Churchill auf.

Bei diesem absurden Spektakel spielten die Medien mit. In den ausführlichen Kommentaren vor und nach der Rede erwähnte keiner der Medienexperten die Tatsache, dass der „absolute Sieg“ über Russland nur erreicht werden kann, wenn die Vereinigten Staaten einen umfassenden Krieg gegen das atomar bewaffnete Russland führen.

Der Zweck dieser Show bestand darin, den Krieg der USA und der Nato gegen Russland als eine Neuauflage des Zweiten Weltkriegs, als einen neuen „guten Krieg“ zu verkaufen.

Aber niemand fragt, wie es kommt, dass der „demokratische“ Protagonist die Russen als ein Volk von „Unmenschen“ bezeichnet. Das ist die Sprache, die Hitler benutzte, um einen Vernichtungskrieg gegen die Völker der Sowjetunion zu rechtfertigen.

Auch stellt keiner die Frage, warum die Kongressmitglieder „Slawa Ukraini“, bzw. „Ruhm der Ukraine“ riefen, eine Parole, die die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und die Ukrainische Aufständische Armee (UPA) nutzten, als sie im Zweiten Weltkrieg mit Nazi-Deutschland kollaborierten und sich am Holocaust und an antijüdischen Pogromen beteiligten.

Trotz aller Anklänge an Churchills Beispiel, hat damals der britische Premierminister niemals eine derart bedingungslose Unterstützung erhalten, wie sie heute die ukrainische Regierung erhält.

In seiner Pressekonferenz mit Selenskyj zum Tagesauftakt versprach Biden, dass die Vereinigten Staaten die Ukraine so lange, „wie es nötig ist“, unterstützen würden. Während Selenskyjs Besuch wurde angekündigt, dass die Regierung Biden das Patriot-Luftabwehrsystem in die Ukraine schicken werde. Das sind die modernsten Waffen, die bisher in dem Konflikt eingesetzt worden sind.

Selenskyjs Rede war auch Teil einer Kampagne zur Rechtfertigung einer massiven, 45 Milliarden Dollar schweren Waffenhilfe für die Ukraine, die derzeit noch auf die endgültige Verabschiedung durch das US-Repräsentantenhaus und den Senat wartet.

Trotz aller Hinweise auf die drohende „parteipolitische Blockade“ steht der gesamte Kongress einmütig dafür ein, praktisch unbegrenzte Summen für den Krieg auszugeben, und die Demokratische Partei übernimmt dabei die Führung.

Die USA werden immer tiefer und unaufhaltsamer in den Krieg hineingezogen. Wenn die Regierung in Washington nun Patriot-Raketen in der Ukraine stationiert, gibt sie dem Land die Möglichkeit, Flugzeuge tief im russischen Hoheitsgebiet anzugreifen.

Erst im letzten Jahr behauptete Biden, mit dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan den „unendlichen Krieg“ zu beenden. Doch nun stürzt die Regierung die Bevölkerung Europas, der Vereinigten Staaten und der ganzen Welt in einen neuen „unendlichen Krieg“ mit möglicherweise katastrophalen Folgen.

Inmitten dieses tagelangen Propaganda-Sperrfeuers in Washington gab Biden zu, dass seine europäischen Verbündeten besorgt seien, dass die Schritte der USA eine unkontrollierte Eskalation des Kriegs auslösen und einen umfassenden nuklearen Schlagabtausch entfesseln könnten.

Auf die Frage eines Reporters, warum die USA nicht einfach alle Waffen zur Verfügung stellen, die Selenskyj anfordert, antwortete Biden: „Die Vorstellung, dass wir der Ukraine Material geben, das sich grundlegend von dem unterscheidet, was bereits dorthin geliefert wird, hätte das Potential, die Nato zu sprengen.“

Über die Nato-Verbündeten der USA sagte Biden: „Sie sind nicht auf einen Krieg mit Russland aus. Sie sind nicht auf einen dritten Weltkrieg aus.“

Die USA weiten ihr Engagement in der Ukraine erheblich aus, und das öffnet Tür und Tor für eine schnelle und unvorhergesehene Kriegsentwicklung. Da der Kreml das Raketensystem der Patriot-Luftabwehr zu einem „legitimen Zielobjekt“ erklärt hat, stellt sich die Frage: Was wird geschehen, wenn diese Waffen auf dem Territorium eines Nato-Landes angegriffen werden? Oder was wird geschehen, wenn bei einem Angriff auf Waffentransporte innerhalb der Ukraine eine Gruppe von US-Soldaten, die den Einsatz der Waffen leiten, getötet wird?

Als Reaktion auf die jüngsten US-Waffenlieferungen kündigte der russische Präsident Wladimir Putin die Aufstockung des russischen Militärs um 50 Prozent an und gab bekannt, dass das russische Militär jetzt Hyperschall-Atomraketen auf russischen Kriegsschiffen installieren werde.

Die rasche Eskalation des Krieges unterstreicht die Warnungen, die die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) in ihrer Online-Kundgebung „Für eine Massenbewegung der Jugendlichen und Studierenden gegen den Krieg in der Ukraine!“ ausgesprochen haben.

Dort erklärte der Leiter der internationalen WSWS-Redaktion, David North, in seinem abschließenden Beitrag: „Wenn die Arbeiterklasse diesen Prozess nicht stoppt, wird er zu einer globalen Katastrophe führen, die die Gewalt der Vergangenheit in den Schatten stellt. Seit Ausbruch des Krieges ist der mögliche Einsatz von Atomwaffen im politischen Diskurs zur Normalität geworden.“

Weiter sagte North, im eskalierenden US-Nato-Krieg gegen Russland äußere sich „gerade die fatale Unvereinbarkeit des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln und der Aufteilung der Welt in feindliche Nationalstaaten mit der weiteren Entwicklung – und sogar dem Überleben – der Menschheit.“

Nur zehn Tage nach dieser Kundgebung haben sich die Warnungen bestätigt. Die rasche Eskalation des Krieges macht die dringende Notwendigkeit deutlich, eine Antikriegsbewegung von Arbeitern, Studierenden und Jugendlichen auf der Grundlage eines sozialistischen Programms aufzubauen.

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