Perspektive

Die unerbittliche Eskalation des US-Imperialismus in der Ukraine

Eine F-16 Fighting Falcon der Air Force nimmt auf dem Luftwaffenstützpunkt Yokota in Japan an einer Übung zum agilen Kampfeinsatz teil, 8. Mai 2022 [Photo: US Department of Defense/Yasuo Osakabe, Air Force]

Vor dem Hintergrund des Militärdebakels der ukrainischen Armee in Bachmut gab US-Präsident Joe Biden am Freitag bekannt, dass die USA den Mitgliedern des Nato-Bündnisses die Genehmigung erteilt hätten, F-16-Kampfjets in die Ukraine zu entsenden.

In grausamer Verhöhnung der Opfer des amerikanischen Kriegsverbrechens von Hiroshima verkündeten die Führer der imperialistischen Weltmächte grinsend und feixend die rücksichtslose Eskalation eines Krieges, von dem Biden noch im letzten Jahr erklärt hatte, er konfrontiere die Welt mit dem nuklearen „Armageddon“.

Die Stationierung von F-16- und anderen Kampfjets wird für die russische Seite eine inakzeptable und untragbare Situation schaffen. F-16-Kampfjets haben eine Reichweite von mehr als 860 Kilometern und können Flugkörper mit einer Reichweite von über 1.200 Kilometern einsetzen, wodurch Moskau und St. Petersburg in die Kampfentfernung des ukrainischen Militärs geraten.

Vor allem aber können die F-16-Jets taktische Nuklearwaffen tragen. Dies schafft eine unglaublich gefährliche Situation. Wenn die F-16 gen Osten fliegen, wird die russische Regierung nicht wissen, wohin sie fliegen und womit sie beladen sind. Die russische Seite wird gezwungen sein, ihrerseits zu eskalieren, was die Voraussetzungen für eine noch aggressivere Reaktion der Nato-Mächte schafft.

Die Biden-Regierung hat jeden Waffenstillstand und jeden Versuch einer friedlichen Beilegung des Krieges – auch den von China vorgeschlagenen – von vornherein abgelehnt. Vielmehr ist das Weiße Haus entschlossen, im Einklang mit den Monate und Jahre im Voraus ausgearbeiteten Plänen auf eine militärische Niederlage Russlands zu drängen.

Dem offiziellen Narrativ zufolge wurde die Entscheidung, F-16 zu entsenden, erst in dieser Woche getroffen, nachdem ein „zögernder“ Biden schließlich von dieser Maßnahme „überzeugt“ werden konnte. Die Washington Post schrieb etwa: „Seit mehr als einem Jahr war es Kiews heiliger Gral, F-16 für den Einsatz gegen Russland in den Himmel über der Ukraine zu bekommen... Plötzlich hat Präsident Biden Ja gesagt.“

„Die Kehrtwende ist nach Angaben amerikanischer, europäischer und ukrainischer Regierungsvertreter das Ergebnis des ständigen Drucks von Verbündeten, des Kongresses und des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der gerade eine Reihe von europäischen Hauptstädten besucht hat.“

Diese Lüge zielt darauf ab, den tatsächlichen Entscheidungsprozess in Washington zu verschleiern. Während die Biden-Regierung mit einem systematischen Plan zur Eskalation des Krieges operiert, werden all ihre Maßnahmen als halbspontane, reaktive Antworten auf äußeren „Druck“ dargestellt.

Tatsächlich haben die USA seit fast einem Jahr aktive Vorbereitungen für die Entsendung von F-16-Jets in die Ukraine getroffen. Wie die World Socialist Web Site im Juli 2022 berichtete, bestätigte der Sprecher des Weißen Hauses John Kirby, dass das Pentagon die „Bereitstellung von Kampfflugzeugen für die Ukraine“ diskutiere, und Luftwaffengeneral Charles Q. Brown Jr. versicherte, dass „Gespräche“ über die Entsendung von US- und Nato-Kampfflugzeugen in die Ukraine geführt würden.

Nachdem Biden vor drei Monaten angekündigt hatte, dass die USA Abrams-Kampfpanzer gegen Russland entsenden würden, hatte die WSWS geschrieben: „Trotz Bidens kategorischer Erklärung, dass die Vereinigten Staaten keine F-16-Kampfflugzeuge in die Ukraine schicken werden, ist die Entscheidung dazu bereits gefallen. Es bleibt nichts anderes übrig, als die politischen Details innerhalb der Nato auszuarbeiten und die Medienpropaganda-Kampagne mit Lügen zu starten, um die Entscheidung einer skeptischen Öffentlichkeit zu verkaufen.“

Dies ist der Prozess, der in der letzten Woche seinen Höhepunkt erreicht hat.

Die Scharade in den Medien zielt darauf ab, die grundlegende Tatsache zu verschleiern, dass der Präsident bei jedem seiner Versprechen, den Krieg nicht zu eskalieren, die Öffentlichkeit bewusst belogen hat.

Im Januar 2023 wurde Biden gefragt, ob die Vereinigten Staaten der Ukraine F-16-Jets zur Verfügung stellen würden, worauf er mit „Nein“ antwortete.

Im März 2022 versicherte Biden: „Die Vorstellung, dass wir Angriffswaffen schicken, Flugzeuge und Panzer und Züge mit amerikanischen Piloten und amerikanischen Besatzungen, verstehen Sie, täuschen Sie sich nicht, egal was Sie alle sagen, das wäre der Dritte Weltkrieg.“

Ein Jahr später befinden sich mindestens 100 amerikanische Soldaten im aktiven Dienst in der Ukraine, sowie dutzende US-Panzer und hunderte gepanzerte Fahrzeuge, und US-Kampfjets sind auf dem Weg dorthin.

Jede Regierung des Nato-Bündnisses weiß, dass sie mit der Bereitstellung von atomwaffenfähigen Jets für die Ukraine – Waffen, die Russlands Großstädte in Reichweite bringen – den Tod von Millionen ihrer eigenen Bürger in einem Atomkrieg gegen Russland riskiert.

Die verhängnisvolle Entscheidung über die Entsendung der Jets muss Monate im Voraus und mit Zustimmung der mächtigsten Mitglieder des Nato-Bündnisses getroffen worden sein. Im März flog Bundeskanzler Olaf Scholz kurzfristig nach Washington und traf sich dort allein mit Biden, bevor er direkt nach Deutschland zurückflog, und weder die amerikanische noch die deutsche Öffentlichkeit erfuhr, worüber sie sprachen.

Es sind diese Sitzungen, in denen Entscheidungen getroffen werden. Sie werden der Öffentlichkeit dann – zu einem geeigneten Zeitpunkt und angemessen verbrämt – als vollendete Tatsachen bekannt gegeben.

Doch dies wirft eine unheilvolle Frage auf. Wenn die Entscheidung, F-16-Jets in die Ukraine zu entsenden, schon vor Monaten getroffen wurde, dann zu einem Zeitpunkt, als die US- und Nato-Stellvertretertruppen in der Ukraine in einer weitaus besseren Position waren als jetzt.

Denn am Samstag meldeten die russischen Streitkräfte die Einnahme der gesamten strategisch wichtigen Stadt Bachmut, nachdem eine angekündigte ukrainische Gegenoffensive nicht zustande gekommen war.

Wie werden die Vereinigten Staaten auf dieses jüngste Debakel reagieren? Wie weit kann Washington noch eskalieren? Kann irgendjemand bezweifeln, dass nach der Entsendung moderner Kampfjets in die Ukraine in der Presse Forderungen laut werden, Biden solle „defensive“ Atomwaffen in die Ukraine liefern oder sogar Nato-Truppen – ob zu Lande oder zu Luft – direkt in die Schlacht schicken?

Genau solche Diskussionen wurden auf dem G7-Gipfel hinter verschlossenen Türen geführt. Der Gipfel am Wochenende diente zwei Zwecken: Erstens, jegliche Dissidenten innerhalb der Clique der imperialistischen Verschwörer auf Linie zu bringen, und zweitens, die übergeordnete Frage zu erörtern: Wie geht es weiter?

Wie die WSWS anlässlich des ersten Jahrestages des Kriegs warnte: „ Die Biden-Regierung hat eine Situation geschaffen, in der es keinen Rückzug geben kann, weil dies ihr Prestige und ihre Glaubwürdigkeit unwiederbringlich untergraben und zum Zusammenbruch der Nato führen würde. Der Sieg in diesem Krieg ist für den amerikanischen Imperialismus zu einer existenziellen Frage geworden.“

Es gibt nichts, wovor die USA und die Nato-Mächte zurückschrecken würden, um ihren Sieg in diesem Krieg zu sichern. Die Reaktion dieser Regierung auf die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass sie das Leben amerikanischer Bürger für ebenso wertlos erachtet wie die zehn- oder hunderttausenden Ukrainer, die in ihrem Krieg getötet wurden. Der amerikanische Imperialismus bereitet ein neues Blutbad vor, das den Irak und Afghanistan weit in den Schatten stellen würde.

Die Arbeiterklasse muss auf die Eskalation des Krieges mit einer Eskalation des Klassenkampfes reagieren. Überall auf der Welt nehmen Arbeiter den Kampf gegen Regierungen auf, die erklären, dass ihr Lebensstandard gesenkt werden muss, um die Aufrüstung zu bezahlen. Diese Kämpfe müssen auf der Grundlage der Perspektive des internationalen Sozialismus vereint werden. Der Kampf für die Beendigung des Ukrainekrieges ist dabei eine zentrale Forderung.

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