Gipfeltreffen in Paris: Frankreich, Deutschland und Polen planen Eskalation des Nato-Kriegs gegen Russland

Am 12. Juni trafen sich der polnische Präsident Andrzej Duda, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron in Paris bei einem Gipfeltreffen zum Nato-Krieg gegen Russland. Das Treffen fand vor dem Hintergrund der größten Luftkriegsübung in der 74-jährigen Geschichte des Bündnisses statt. Hunderte von Kampfflugzeugen simulieren dabei einen Krieg mit Russland, der sich von der Ukraine über Europa ausbreitet.

Polens Präsident Andrzej Duda (links), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (Mitte) und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz im Pariser Elyseé-Palast am 12. Juni 2023 [AP Photo/Sarah Meyssonnier]

Der Dreier-Gipfel von Duda, Scholz und Macron stand ganz im Einklang mit den Plänen der Nato, den Krieg gegen Russland in der Ukraine massiv zu eskalieren. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Elyseé-Palast stellten sie ein Programm vor, das zu einem totalen Krieg gegen Russland, einem der größten Atommächte, führt. Sie forderten die Aufnahme der Ukraine in die Nato und die dauerhafte Entmilitarisierung Russlands, sodass es keine Militäroperationen mehr gegen Nachbarstaaten führen kann.

Macron leitete die Pressekonferenz mit der Erklärung ein, das Treffen diene der Vorbereitung des Gipfeltreffens des Europäischen Rats vom 29. bis 30. Juni und des Nato-Gipfels in Vilnius vom 11. bis 12. Juli. Die Ukraine dürfe von Russland nicht erobert werden, sagte Macron und fügte hinzu: „Wir werden dafür sorgen, dass Russland nicht nur nicht als Sieger aus diesem tristen Unterfangen hervorgeht, sondern auch dafür, dass Russland so etwas nicht wiederholen kann.“

Scholz argumentierte, der Krieg mit Russland müsse als historische Gelegenheit zur Aufrüstung Europas genutzt werden: „Der russische Überfall auf die Ukraine bleibt das zentrale außenpolitische Thema unserer Zeit, und er wird auch ein zentrales Thema unseres heutigen Treffens sein... Die Zeitenwende, die Russlands Krieg darstellt, hat auch Konsequenzen für uns in Europa und für die Europäische Union. Wir werden ein noch einigeres, noch stärkeres und noch souveräneres geopolitisches Europa schaffen.“

Nachdem Macron zugesagt hatte, den ukrainischen Streitkräften Panzerfahrzeuge, Waffen, Munition und logistische Unterstützung zur Verfügung zu stellen, versprach Scholz, das Gleiche sowie Artillerie und Luftabwehreinheiten zu liefern.

Doch der rechtsextreme polnische Präsident sprach am deutlichsten aus, worauf die Politik der EU hinausläuft. Er definierte die Europäische Union als Bündnis zur Zerschlagung Russlands: „Es ist meine tiefe Überzeugung... dass der russische Imperialismus abgewürgt wird, sodass Russland nie mehr das Potenzial und keine weitere Möglichkeit hat, einen anderen Staat anzugreifen, also dass Russland seine Einflusszone nicht mehr auf Kosten des Vermögens anderer Menschen aus den anderen Staaten sowie auf Kosten der Souveränität und der Unabhängigkeit anderer Staaten ausweiten kann.“

Angesichts der zunehmenden Spekulationen, Polen könnte eine direkte Militärintervention in der Ukraine anführen und mit Belarus in Konflikt geraten, machte Duda deutlich, dass die EU-Politik zur Zerschlagung Russlands möglicherweise auch den Einsatz von Atomwaffen beinhaltet: „Wie Sie wissen, hat Wladimir Putin angekündigt, dass er Belarus renuklearisieren wird, also dass russische Nuklearraketen mit nuklearen Sprengköpfen wieder nach Belarus verlagert werden. Das soll im Juli passieren. Ich meine, dass diese Situation eine klare Antwort seitens der Nato verdient hat, und das ist das weitere Thema, das ich in meinem heutigen Gespräch [mit Macron und Scholz] besprechen möchte.“

Duda forderte außerdem die Rückeroberung aller russischsprachigen Regionen der Ukraine, wie der Krim, die derzeit von russischen Truppen gegen das Nato-freundliche Regime in Kiew gehalten werden. Er erklärte: „Meines Erachtens wird der Sieg bedeuten, dass die russischen militärischen Kräfte von allen besetzten Gebieten verdrängt werden, von allen ukrainischen Gebieten, die nach dem Völkerrecht als das ukrainische Territorium anerkannt sind... Aber vor allen Dingen werden wir darüber sprechen, wie wir für die Ukraine eine realistische Perspektive für den zukünftigen Beitritt der Ukraine zur Nato schaffen können.“

Die gefährliche und unwirkliche Stimmung, die über der ganzen Veranstaltung lag, entsprach der selbstmörderischen Skrupellosigkeit der Kriegstreiber Duda, Scholz und Macron. Keiner der anwesenden Journalisten stellte den Staatsoberhäuptern die Fragen, die sich aus ihren erstaunlichen Äußerungen zwangsläufig ergeben: Was sind ihre Pläne für einen Krieg gegen Russland? Und wie viele Millionen Menschen werden ihrer Meinung nach in einem solchen Krieg sterben?

Sollte die Nato die Ukraine aufnehmen, so könnte sich Kiew auf den Artikel 5 des Nato-Vertrags berufen und verlangen, dass alle Nato-Staaten – einschließlich Polen, Deutschland und Frankreich – Krieg gegen Russland führen. Ein solcher Krieg zwischen den führenden Atommächten der Welt mit dem Ziel der Zerschlagung Russlands würde unweigerlich zum Einsatz von Atomwaffen führen, wenn er nicht durch die unabhängige Intervention der Arbeiterklasse verhindert wird.

Tatsächlich wirft Dudas Forderung nach einer Reaktion der Nato auf die Stationierung von Atomwaffen in Belarus die schrecklichsten Fragen auf. Hat Duda bei dem Gipfeltreffen in Paris von Macron Garantien gefordert, dass Frankreich der Nato den Einsatz seines Atomarsenals gegen Russland erlauben wird? Hat Macron diese Garantien gegeben, und haben die anderen beiden Nato-Atommächte, die USA und das Vereinigte Königreich, dies ebenfalls getan?

Fühlt sich Macron in irgendeiner Weise verpflichtet, die französische Bevölkerung darüber zu informieren, wie hoch ihre Überlebenschance ist, wenn auf der Grundlage der von Duda geforderten Garantien ein Atomkrieg beginnt? Die Atomarsenale Russlands und der Nato sind in den 78 Jahren, seit Washington Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hat, weitaus leistungsstärker geworden. Eine russische Rakete vom Typ RS-28 mit zwölf eigenständigen Sprengköpfen, die mit einer Kraft von 50 Millionen Tonnen TNT explodieren, reicht aus, um menschliches Leben auf einer Fläche von der Größe Frankreichs, dem flächenmäßig größten Land Europas, auszulöschen.

Wenn offizielle Erklärungen der europäischen Regierungen solche Fragen aufwerfen, ist offensichtlich, dass sich der Kapitalismus – wie schon in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts – in einer tödlichen Krise befindet. Dass die EU in der Ukraine einen Krieg zur Zerschlagung Russlands führt, ist die toxische und reaktionäre Folge der kapitalistischen Restauration in Osteuropa und der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie.

So erklärte Duda zu seiner Forderung, Russland zu zerschlagen und dauerhaft zu demilitarisieren: „Das ist heute eines der wichtigsten Dinge, und ich sage das als Pole, als jemand, der erwachsen war, als der Eiserne Vorhang im Jahr 1989 gefallen ist. Dank des Potenzials der Solidarität und dank der Unterstützung unserer Verbündeten aus Westeuropa waren wir imstande, den Kommunismus zu besiegen, und dazu, dass das passierte, was das polnische Volk damals wollte. Wir wurden Teil einer Gemeinschaft der demokratischen Länder, der Länder des Westens, zu denen wir in Hinsicht auf die Kultur immer gehörten. Aber dann haben wir uns dem Westen im Sinne der Politik angeschlossen. Jetzt wollen die Ukrainer dasselbe.“

Das ist ein reaktionäres politisches Märchen. Erstens hätte der Aufruf zum „Sieg über den Kommunismus“ durch die Schaffung einer winzigen und ultrareichen kapitalistischen Oligarchie und einen totalen Krieg gegen Russland 1989 sicherlich keine breite Unterstützung unter polnischen Arbeitern gefunden – und das ist nicht als Lob an das stalinistische Regime gemeint, das tatsächlich den Kapitalismus in Polen wiedereingeführt hat. Zudem widerlegt die Entwicklung Westeuropas und der Nato während der letzten 34 Jahre Dudas Behauptung, sie seien „demokratisch“.

Die imperialistischen Nato-Mächte haben im Irak, Jugoslawien, Afghanistan, Syrien, Libyen, Mali und vielen weiteren Ländern Kriege geführt, um die Länder zu besetzen oder Regimewechsel durchzusetzen, was Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Dass immer wieder Billionen Dollar und Euro in Kriege und Bankenrettungen für die Investoren gepumpt wurden, hat die soziale Ungleichheit auf ein Niveau gehoben, das mit demokratischen Herrschaftsformen unvereinbar ist. In allen großen europäischen Ländern wächst der Einfluss neofaschistischer Tendenzen in der offiziellen Politik, während äußerst unpopuläre Regierungen die Militärausgaben um zwei- oder dreistellige Milliardenbeträge erhöhen.

Das ukrainische Nato-Marionettenregime, das 2014 durch einen von der Nato unterstützten Putsch in Kiew eingesetzt wurde, ist nicht demokratisch. Vielmehr spiegelt es die historischen Ursprünge der Nato wider, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Bündnis zwischen dem US-amerikanischen und britischen Imperialismus und den besiegten kontinentaleuropäischen Bourgeoisien gegründet wurde, die mit den Nazis kollaboriert hatten. Die ukrainische Regierung stützt sich auf rechtsextreme nationalistische Milizen, die aus der ukrainischen Kollaboration mit den Nazis hervorgegangen sind, und schickt Hunderttausende Soldaten in den Tod. Sie hat Parteien verboten, inhaftiert Journalisten und verfolgt russischsprachige Bürger und andere Minderheiten.

Dass Duda den Krieg gegen Russland als notwendig bezeichnet, um den Kommunismus zu bekämpfen, verdeutlicht die Tatsache, dass der Krieg untrennbar mit dem Klassenkrieg gegen die Arbeiter verbunden ist. Das zeigt auch Macrons Entscheidung vom Frühjahr, durch Rentenkürzungen 126 Milliarden Euro für den französischen Militärhaushalt aufzubringen, trotz des überwältigenden Widerstands der Bevölkerung und der Proteststreiks von Millionen von Arbeitern. Die Nato eskaliert den Krieg gegen Russland und tritt dabei den Willen der Bevölkerung und die Kämpfe der Arbeiterklasse mit Füßen.

Nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa haben sich die Klassenkämpfe ausgeweitet. Es gibt u.a. Massenstreiks der Lehrer in Rumänien, Streiks gegen den Austeritätskurs in Tschechien und Portugal und Streiks gegen die Inflation in Deutschland und Großbritannien. Diese Kraft kann in einer internationalen Bewegung der Arbeiter in Europa, Amerika, der Ukraine und Russland mobilisiert werden, um den Krieg zu beenden. Doch sie kann nur erfolgreich sein, wenn sie auf den Traditionen der trotzkistischen Bewegung aufgebaut wird und einen unversöhnlichen internationalen Kampf für Arbeitermacht und Sozialismus gegen die kapitalistischen Regierungen führt, die fest entschlossen sind, Europa und die Welt in einen neuen katastrophalen Krieg zu stürzen.

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