Razzia bei VW: Betriebsräte verteidigen ihre hohen Gehälter

Die IG Metall und ihre Betriebsräte bei VW sind jederzeit bereit, die Arbeitsplätze, Löhne und Rechte der Belegschaft auf dem Altar der „Wettbewerbsfähigkeit“ und der „Rendite“ zu opfern. Geht es dagegen um ihre eigenen vier- oder fünfstelligen Monatsgehälter, verteidigen sie diese mit allen Mitteln.

Bernd Osterloh und seine Nachfolgerin als VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo (Bild: Volkswagen)

Am Dienstag vergangener Woche führte die Polizei bei Volkswagen in Wolfsburg eine Razzia wegen überhöhter Betriebsratsgehälter durch. Bewaffnete Polizeibeamte durchsuchten mehrere Stunden lang Vorstandsbüros sowie Räume des Betriebsrats und der Rechtsabteilung. Laut Staatsanwaltschaft wurden auch vier Privatwohnungen durchsucht, „die nichts mit VW zu tun haben“.

Grund seien „Gehaltszahlungen an Betriebsratsmitglieder unter Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des Betriebsverfassungsgesetzes“, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegenüber der Presse.

Laut Betriebsverfassungsgesetz dürfen die Mitglieder des Betriebsrats „wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden“. Sie sollen wegen ihrer Betriebsratstätigkeit nicht weniger, aber auch nicht mehr verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen in Produktion und Verwaltung.

In der Praxis sieht dies allerdings anders aus. Manche Betriebsräte sind nicht nur freigestellt, sondern bekommen auch Gehälter und Vergünstigungen, die dem Einkommen eines Managers viel näher liegen als dem eines Tarifbeschäftigten. Bernd Osterloh, der Vorgänger der derzeitigen VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Daniela Cavallo, kassierte zeitweise bis zu 750.000 Euro im Jahr.

Die Betriebsräte sind dem Konzern diese hohen Summen wert, weil sie im Betrieb für Disziplin und Ordnung sorgen, jeden Widerstand gegen die Angriffe des Konzerns unterdrücken und so teilweise das mittlere Management ersetzen.

Osterlohs Vorgänger, Klaus Volkert, war so offensichtlich gekauft, dass schließlich die Justiz eingriff und ihn wegen „Untreue“ zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilte. Auch VW-Personalchef Peter Hartz, der Erfinder und Namensgeber der Hartz-Gesetze, wurde damals wegen Untreue und Begünstigung des VW-Betriebsratsvorsitzenden zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Hartz hatte Volkert zusätzlich zu seinem hohen Einkommen zehn Jahre lang einen „Sonderbonus“ von jährlich 200.000 Euro bezahlt und seiner brasilianischen Freundin insgesamt 400.000 Euro zukommen lassen. Er finanzierte den Betriebsräten Luxus-Weltreisen und Prostituierte und gab allein dafür innerhalb von zwei Jahren nicht ausgewiesene Spesen von 780.000 Euro aus.

Volkert und Hartz endeten vor Gericht, doch an der Korruption und Käuflichkeit der Betriebsräte hat dies nichts geändert. Das zeigen die jüngsten Razzien.

Osterloh hat zwar stets betont, er habe niemals ungerechtfertigte Zahlungen erhalten. Er ist der Ansicht, er sei jeden Euro Wert, den ihm VW überwiesen hat. Schließlich ersparte er dem Konzern durch eigene Sparvorschläge viele Milliarden Euro auf Kosten der Belegschaft. Außerdem begründete er sein hohes Einkommen damit, dass er den mit 7 Millionen Euro im Jahr dotierten Posten des Personalvorstands abgelehnt habe, den ihm VW angeboten hatte.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig sah das anders und nahm 2017 Ermittlungen auf. Darauf kürzte der VW-Konzern die Gehälter von 15 Betriebsräten. Sie erhielten „nur noch“ 8000 Euro monatlich, entsprechend der obersten Tarifstufe. Da auch die Boni wegfielen, die meist höher liegen als das Grundgehalt, halbierte sich ihr Einkommen ungefähr. Osterloh selbst verlor 40 bis 80 Prozent seiner Bezüge.

Die Ermittlungen richteten sich damals wie heute nicht gegen die Betriebsräte, sondern gegen die Personalmanager, die die Gehälter genehmigen und traditionell von der IG Metall berufen werden. Die Anklage scheiterte schließlich am Landgericht Braunschweig, das der korrupten Zusammenarbeit von Konzern und Betriebsräten Ende September 2021 seinen richterlichen Segen erteilte und die vier angeklagten VW-Manager vom Vorwurf der Untreue freisprach.

VW hatte den betroffenen Betriebsräten nach internen Schiedsverfahren bereits ab Frühjahr 2019 wieder hohe Gehälter bezahlt. Laut Handelsblatt soll die jüngste Durchsuchung diesem Umstand gegolten haben. Denn Anfang des Jahres hatte der Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) die Freisprüche des Landgerichts Braunschweig gekippt. Es muss die Verfahren gegen die vier freigesprochenen Personalmanager neu aufrollen.

Nach dem Urteil des BGH kürzte VW erneut mehreren Dutzend Betriebsräten die Gehälter. Viele klagten dagegen vor Arbeitsgerichten. Diese haben bisher in 16 von 17 Fällen zugunsten der Betriebsräte entschieden und deren hohen Gehälter gerechtfertigt. Ein Sprecher des VW-Betriebsrat kommentierte das mit den Worten: „Arbeitsrechtlich ist etwas geboten, was gleichzeitig strafrechtlich im Risiko stehen kann,“ und forderte die Bundesregierung auf, diesen Zustand mit einer gesetzlichen Klarstellung zu beenden.

Während die mittleren Chargen der Betriebsratskaste vor Gericht ziehen, um die hohen Gehälter zu verteidigen, mit denen sie für ihre korrupten Dienste bezahlt werden, steigen die Betriebsratsfürsten in der Regel direkt ins Management auf.

Bernd Osterloh wurde 2021 nach 16 Jahren an der Spitze des Betriebsrats für zwei Jahre Vorstandsmitglied der LKW-Tochter Traton und ließ sich sein Alterseinkommen mit einem Jahresgehalt von bis zu 2,5 Millionen Euro vergolden.

Jens Rothe, bis Februar 2023 Vorsitzender des VW-Betriebsrats in Zwickau und des Gesamtbetriebsrats in Sachsen, wurde Personalvorstand der Gläsernen Manufaktur in Dresden, um „die strategische Neuausrichtung des Standortes“ voranzubringen, wie es in einer VW-Mitteilung heißt. In Dresden produzieren 340 Beschäftigte täglich 38 Exemplare des Modells ID.3. Wie lange noch, ist jedoch unklar. Darüber feilscht Rothe nun mit seinen ehemaligen Kollegen im Betriebsrat.

Der vorerst letzte, der seinen Übergang ins Management angekündigt hat, ist der langjährige Audi-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Peter Mosch. Nach 17 Jahren als Betriebsratschef hat der 51-Jährige erklärt, er werde seine Fähigkeiten „an anderer Stelle“ für Audi einsetzen. Er habe die Unternehmensleitung aufgefordert, ihm eine andere Stelle anzubieten. Seine Aufsichtsratsposten will er vorerst behalten, bis Nachfolger benannt sind. Mosch ist stellvertretender Aufsichtsratschef von Audi und der VW-Softwareeinheit Cariad sowie Mitglied im Aufsichtsrat des VW-Gesamtkonzerns.

Auch wenn die Betriebsräte heute vielleicht nicht mehr auf Konzernkosten in thailändische Bordelle geflogen werden wie unter Peter Hartz, sondern mit sechs- und, wenn sie in den Vorstand aufsteigen, siebenstelligen Jahresgehältern bedient werden, das Verhältnis bleibt dasselbe: sie sind bezahlte Handlanger der Konzerne.

Seit die Betriebsräte in Deutschland 1920 erstmals gesetzlich verankert wurden, dienten sie der Unterdrückung des Klassenkampfs und der Unterordnung der Arbeiter unter die Interessen der Konzerne im Namen von „Mitbestimmung“ und „Sozialpartnerschaft“. Am 13. Januar 1920 demonstrierten rund 100.000 Arbeiter unter Führung der USPD und der KPD vor dem Reichstag gegen die Verabschiedung des ersten Betriebsrätegesetzes. Die preußische Sicherheitspolizei eröffnete das Feuer, tötete rund 100 Demonstranten und verwundete zahlreiche weitere. Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) verhängte den Ausnahmezustand, damit das Gesetz verabschiedet werden konnte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die gesetzliche Verankerung von Mitbestimmung und Betriebsräten der Unterdrückung der Forderung nach Vergesellschaftung und Arbeiterkontrolle, die nach den Verbrechen der deutschen Konzerne im Dritten Reich weit verbreitet waren. Die Krupps, Flicks, Quandts, Porsches und viele andere hatten durch die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und KZ-Sklaven riesige Vermögen angehäuft.

Während des Nachkriegsaufschwungs konnten im Rahmen der Mitbestimmung soziale Verbesserungen erreicht werden und engagierte Betriebsräte konnten für ihre Kollegen einiges herausholen. Doch mit dem wachsenden Druck der globalen Konkurrenz und der drohenden Verlagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer hat sich das verändert.

Betriebsräte und Gewerkschaften betrachten es als ihre Aufgabe, den „Standort Deutschland“ zu verteidigen, indem sie für dessen „Wettbewerbsfähigkeit“ sorgen. Sie verfolgen das gleiche Ziel wie die Manager. Die meisten der Betriebsräte sehen daher überhaupt nichts Anzügliches an ihren Managergehältern. Einige – wie Osterloh und Mosch – halten sich sogar für die besseren Manager.

Diese Entwicklung lässt sich bei allen Gewerkschaften auf der ganzen Welt beobachten. In Deutschland ist die Symbiose von Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräten bereits im Betriebsverfassungsgesetz angelegt. Was in vielen Ländern als Bestechlichkeit und Korruption geahndet wird, heißt in Deutschland Mitbestimmung und Sozialpartnerschaft und ist gesetzlich legitimiert. Dass die Gesetzeslage zu den horrenden Gehältern der Betriebsräte unklar ist, erzürnt die Gewerkschaftsfunktionäre. Deshalb fordern sie Abhilfe durch den Gesetzgeber.

Auf die zunehmende Krise der Weltwirtschaft, die Verschärfung des internationalen Konkurrenzkampfs insbesondere in der Autoindustrie und die Eskalation des Kriegs gegen Russland, für die Milliarden aufgewendet werden, reagieren die Gewerkschaften, indem sie noch enger mit Staat und Unternehmen verschmelzen.

Der Volkswagen-Konzern, zu dem neben VW und Audi auch Porsche, Skoda, Seat und weitere Marken zählen, hat dieses System des Co-Managements wie kein anderer entwickelt. Nun plant VW einen gewaltigen Umbau der Produktion mit einem knallharten Sparprogramm. Die Renditen sollen verdoppelt und verdreifacht werden. Aktionäre, Management, IGM und Betriebsräte kooperieren dabei wie gewohnt. Angeblich können die „Wettbewerbsfähigkeit“ und somit die Arbeitsplätze nur so langfristig gesichert werden.

Diese Gleichsetzung der Interessen von Unternehmen und Belegschaften ist falsch. In Wirklichkeit retten Arbeitsplatzabbau, Arbeitshetze und Lohnsenkungen keinen einzigen Arbeitsplatz, sondern die Profite der Aktionäre. Im Falle von VW sind das die beiden Familien-Clans Porsche und Piëch, deren Vermögen auf fast 40 Milliarden Euro geschätzt wird, das Land Niedersachsen, das 20 Prozent der VW-Aktien hält, und das Emirat Katar mit 17 Prozent.

Der Kampf gegen die kommenden Angriffe ist nur durch Aktionskomitees zu leisten, die unabhängig von IG Metall und deren Betriebsräten den Widerstand organisieren und Kontakt zu den 670.000 Arbeiterinnen und Arbeitern des Konzerns in aller Welt aufnehmen.

Um auch bei VW, Audi, Porsche und weiteren Marken Aktionskomitees aufzubauen, kontaktiert uns über eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +49 163 33 78 340 und registriert euch über das untenstehende Formular.

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