Biden startet Wiederwahlkampagne mit dem Betrug, die Demokratie gegen Trump zu verteidigen

Präsident Joe Biden bei einer Rede in Blue Bell (Pennsylvania) am 5. Januar 2024 [AP Photo/Matt Rourke]

US-Präsident Joe Biden startete am Freitag offiziell seine Wiederwahlkampagne – nur einen Tag vor dem dritten Jahrestag des faschistischen Putschversuchs unter Führung des damaligen Präsidenten Donald Trump vom 6. Januar 2021. In seiner Rede machte Biden deutlich, dass die Wahlen im Jahr 2024 unter Bedingungen einer beispiellosen politischen Krise in den USA, dem Zentrum des Weltimperialismus, stattfinden.

Biden wählte sowohl das Datum als auch den Ort seiner ersten Wahlkampfrede – Blue Bell, einen Vorort von Philadelphia (Pennsylvania), in der Nähe des historischen Winterlagers des Unabhängigkeitskriegs in Valley Forge – bewusst aus, um die Kampagne für seine Wiederwahl als Wahl zwischen Demokratie und Diktatur darzustellen.

Biden warf Trump vor, er sei ein Kandidat, dessen ganzes Programm aus Rache und Vergeltung bestehe, während ihm die amerikanische Bevölkerung egal sei. Allerdings erwähnte er die Bilanz seiner eigenen Regierung mit keinem Wort, die den anhaltenden Angriff auf den Lebensstandard und die sozialen Rechte der Arbeiterklasse fortgesetzt hat, der schon seit einem halben Jahrhundert von demokratischen und republikanischen Regierungen durchgesetzt wurde.

Bidens Darstellung von Trump als Speerspitze eines rechtsextremen Drangs nach autoritärer Herrschaft entspricht der Wahrheit. Doch sein Versuch, sich selbst und die Demokratische Partei als Verteidiger der Demokratie darzustellen, ist vollkommen unaufrichtig.

Biden erklärte: „Es wird über die Demokratie abgestimmt. Es wird über die Freiheit abgestimmt. Demokratie bedeutet die Freiheit, seine Meinung sagen zu können... auf friedlichem Wege Veränderungen herbeiführen zu können.“

Er fügte hinzu: „Heute gebe ich Ihnen dieses heilige Versprechen. Die Verteidigung, der Schutz und der Erhalt der amerikanischen Demokratie werden weiterhin das zentrale Anliegen meiner Präsidentschaft sein, so wie es das bisher war.“

Tatsächlich war das „zentrale Anliegen“ von Bidens Präsidentschaft die Ausweitung des imperialistischen Kriegs. Noch während er seine Rede hielt, war sein Außenminister Antony Blinken auf dem Weg in den Nahen Osten, um den andauernden von den USA unterstützten Völkermord Israels in Gaza und die Ausweitung des Kriegs auf den Libanon, den Jemen und den Iran zu koordinieren.

Inmitten der Massenproteste in den USA und weltweit gegen den Vernichtungskrieg in Gaza und angesichts von Umfragen, laut denen fast drei Viertel der Jugendlichen in den USA Bidens Gaza-Politik ablehnen, arbeiten Demokraten und Republikaner Hand in Hand, um die pro-palästinensischen Proteste an Colleges zu unterdrücken, College-Verwaltungen wie in Harvard und an der University of Pennsylvania abzusetzen und studentische Gruppen zu verbieten, die Widerstand gegen den Völkermord leisten. Als Grundlage dient dabei die Lüge, Antizionismus sei gleichbedeutend mit Antisemitismus.

Gleichzeitig verschärft Washington, trotz der wachsenden Gefahr eines atomaren Konflikts, seinen Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine. Um die Unterstützung der Republikaner für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von 61,4 Milliarden Dollar zu erhalten, bietet Biden an, das demokratische Recht von Migranten auf Asyl faktisch abzuschaffen und Trumps faschistische Politik der Massenabschiebung und Inhaftierung zu übernehmen.

Um seine betrügerische Selbstdarstellung als Verteidiger der Demokratie zu untermauern, präsentierte Biden eine Kurzfassung der Ereignisse vom 6. Januar 2021. Er beschrieb die Szene, als der von Trump herbeigerufene Mob das Kapitol stürmte und versuchte, die Bestätigung von Bidens Sieg durch den Kongress zu verhindern. Sie griffen Polizisten an und versuchten, Vizepräsident Mike Pence und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, als Geiseln zu nehmen. Trump zog sich derweil laut Biden „ins Weiße Haus zurück... sah aus dem Oval Office zu... und tat nichts“.

Biden schwieg jedoch über sein eigenes Handeln, und über das seiner demokratischen Parteikollegen. In erster Linie waren die Ereignisse vom 6. Januar das Ergebnis einer monatelangen und offenen Verschwörung unter Trumps Führung, um faschistische Milizen dafür zu mobilisieren, im Falle seiner Niederlage die Wahl zu kippen. Die Demokraten haben nichts gegen diese Verschwörung unternommen.

Zudem ist aktenkundig, dass sich Biden am 6. Januar stundenlang nicht äußerte, als der Mob das Kapitol stürmte und Jagd auf Pence, Pelosi und andere Politiker machte. Er brach sein Schweigen nur, um Trump – den Urheber des Putschs – kläglich anzuflehen, eine Erklärung abzugeben, um ihn abzubrechen. Es gab keinen Versuch, den Widerstand der Bevölkerung zu mobilisieren, um den Aufstand zu stoppen.

Auch auf die Unterstützung großer Teile der republikanischen Abgeordneten für den Putsch ging Biden in seiner Rede nicht ein. In den frühen Morgenstunden des 7. Januar, nachdem die Aufständischen aus dem Kapitol vertrieben waren – obwohl Trump-freundliche Offiziere sich stundenlang geweigert hatten, die Nationalgarde einzusetzen – stimmte eine deutliche Mehrheit von 139 Republikanern im Repräsentantenhaus gegen die Bestätigung der Abstimmung im Wahlmännerkollegium. Ihnen schlossen sich acht republikanische Senatoren an.

Bidens Schweigen über die Rolle der Mehrheit der republikanischen Parteiführung und hochrangiger Persönlichkeiten im Militär, dem Justizministerium und der Justiz bei der Unterstützung des Putsches ist eine Fortsetzung der Bemühungen der Demokraten, das Ausmaß der Verschwörung und den breiten Rückhalt für Diktatur in der herrschenden Klasse und dem Staatsapparat vor der Bevölkerung zu verheimlichen.

Biden selbst begann sofort nach dem 6. Januar damit, die Ereignisse zu beschönigen. Er rief zur „Einheit“ mit seinen republikanischen „Kollegen“ auf und erklärte seine Unterstützung für eine „starke republikanische Partei“. Dies wurde fortgesetzt, als der Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses den 6. Januar als „Ein-Mann-Putsch“ darstellte, an dem nur Trump und ein kleiner Kreis von Mitverschwörern beteiligt waren.

Das war, und ist auch weiterhin, eine bewusste Politik von Biden und den Demokraten, deren oberste Priorität der Krieg gegen Russland und die Umsetzung der völkermörderischen „Endlösung“ des „Palästina-Problems“ ist. Dies wiederum sind die ersten Fronten in einem globalen Krieg des US-Imperialismus und seiner Nato-Verbündeten mit dem Ziel, die Welt neu aufzuteilen. Die Umsetzung dieser Politik erfordert die Unterstützung zumindest eines Teils der Republikaner, während sich diese Partei in eine offen faschistische Organisation verwandelt.

Deshalb klagte Biden in seiner Rede vom 5. Januar Trump persönlich an, stellte ihn aber als Außenseiter und seine MAGA-Anhängerschaft (Make America Great Again) als Randgruppe der Republikaner dar. Im Laufe seiner Angriffe auf Trump machte Biden dessen „Lügen“ und „Wünsche“ für den 6. Januar und die diktatorische Politik des Spitzenkandidaten der Republikaner verantwortlich – als wären der Zusammenbruch bürgerlich-demokratischer Herrschaftsformen und die Hinwendung zu Polizeistaatsmethoden einfach nur das Ergebnis der Persönlichkeitsmerkmale eines Mannes.

Biden appellierte an „Demokraten, Unabhängige und Mainstream-Republikaner“, die „heilige Sache der Demokratie zu ehren“, indem sie im November für ihn stimmen. Und er verband diese angebliche Verteidigung der Demokratie direkt mit den außenpolitischen und militärischen Zielen des US-Imperialismus.

Zum Ende seiner Rede bekräftigte er die Rolle des US-Imperialismus als Schiedsrichter im Weltgeschehen: „Wir sind die großartigste Nation auf der Erde... Und kein Land der Welt ist besser in der Lage, die Welt zu führen, als Amerika.“

Die World Socialist Web Site schrieb dazu in ihrer Neujahrserklärung, der Einsatz von Völkermord als Instrument der Staatspolitik und die Politik des globalen Krieges, die aktive Vorbereitungen auf den Einsatz von Atomwaffen umfasst, sind Manifestationen einer beispiellosen Krise des US- und des Weltkapitalismus, die sich in einem Abgleiten in die Barbarei äußert. Dazu gehört auch das Erstarken faschistischer und rechtsextremer Kräfte und deren Einbindung in das politische Establishment – nicht nur in den USA, sondern weltweit.

Neben dem fundamentalen und unlösbaren kapitalistischen Widerspruch zwischen der Weltwirtschaft und dem veralteten Nationalstaatensystem ist die Hauptursache für den Kurs auf Diktatur das immer brutalere und explosivere Anwachsen der sozialen Ungleichheit. Die Kluft zwischen den Superreichen und der Arbeiterklasse ist unter Biden weiterhin immer größer geworden.

Während die Milliardäre in den USA zusammen ein Vermögen von 5,2 Billionen Dollar kontrollieren und die obersten zehn Prozent der Bevölkerung zwei Drittel des Gesamtvermögens besitzen, verfügen die unteren 50 Prozent nur über 2,6 Prozent. Angesichts dieser Verhältnisse lassen sich demokratische Formen nicht mehr aufrechterhalten. Der Zusammenbruch demokratischer Formen und die Zunahme politischer Gewalt sind das Ergebnis dieser historischen und sozialen Prozesse, und nicht des verrückten Geistes von Donald Trump.

In den USA und auf der Welt bedeutet Kapitalismus Herrschaft der Oligarchie. Es gibt in der herrschenden Klasse keine demokratische Fraktion. Unabhängig von ihren taktischen Differenzen – ob sie nun offen faschistisch sind oder dem nominellen „Mainstream“ angehören – sind die Parteien des Kapitals sich grundlegend einig in ihrer Unterstützung für imperialistischen Krieg, Plünderung, Massensterben und die Errichtung autoritärer Herrschaftsformen, um der Arbeiterklasse diese Gräuel aufzuzwingen.

Daraus folgt, dass der Kurs auf Atomkrieg und faschistische Diktatur nur durch die unabhängige politische Massenmobilisierung der Arbeiterklasse in den USA und der Welt für die Enteignung der Kapitalistenklasse und die Errichtung von Arbeiterdemokratie und Sozialismus aufgehalten werden kann.

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