Perspektive

Biden fordert Trump zu Zusammenarbeit im Kampf gegen Einwanderer auf

Bei einem Auftritt an der Grenze zwischen den USA und Mexiko in Brownsville (Texas) am vergangenen Donnerstag richtete Joe Biden einen außergewöhnlichen Appell an Ex-Präsident Donald Trump. Er forderte den republikanischen Spitzenkandidaten auf: „Schließen Sie sich mir an“ in einem parteiübergreifenden Kampf gegen Einwanderer. Der durch und durch reaktionäre Charakter des gesamten politischen Establishments kommt hier erneut zum Ausdruck.

US-Präsident Joe Biden bei einer Rede während seines Besuchs an der Südgrenze der USA zu Mexiko am 29. Februar 2024 im texanischen Brownsville (AP Photo/Evan Vucci) [AP Photo/Evan Vucci]

Bidens Appell zeigt, dass die Behauptung der Demokratischen Partei und der Biden-Kampagne, sie stünden für die Verteidigung der Demokratie gegen Trump und seine faschistische MAGA-Bewegung, vollkommen betrügerisch ist. Nachdem er Trump zu einem gemeinschaftlichen Vorgehen aufgerufen hatte, forderte Biden die Republikaner im Repräsentantenhaus auf, weitere 60 Milliarden Dollar für Washingtons Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine zu bewilligen.

Biden beschrieb sein Anti-Einwanderungsgesetz, das zwar bereits vom Senat, jedoch noch nicht vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, als „das härteste, effizienteste und wirksamste Gesetz zur Grenzsicherung, das dieses Land je gesehen hat“. Weiter sagte Biden:

Soviel ich weiß, hält sich mein Vorgänger heute in [der texanischen Grenzstadt] Eagle Pass auf. Ich habe Mr. Trump Folgendes zu sagen: Anstatt aus diesem Thema ein Politik-Spiel zu machen, anstatt die Mitglieder des Kongresses aufzufordern, dieses Gesetz zu blockieren – schließen Sie sich mir an. Oder ich schließe mich Ihnen dabei an, den Kongress aufzufordern, dieses überparteiliche Gesetz zur Grenzsicherung zu verabschieden.

Dies geschah nur wenige Minuten, nachdem sich Trump bei seinem Auftritt in Eagle Pass hinter das Vorgehen des texanischen Gouverneurs Greg Abbott gestellt hatte, der sich die Verfügungsgewalt der Bundesregierung in Bezug auf die Grenze anmaßte und damit gegen die Verfassung verstieß. Trump beschuldigte Biden bei seinem Besuch an der Grenze einmal mehr, dieser sei mitschuldig an einer „Invasion“ von Einwanderern an der Südgrenze. Trump hetzte gegen „Ungeziefer“, das „das Blut“ des amerikanischen Volkes „vergiften“ würde. Trump bezog sich in detaillierten Ausführungen auf mehrere Vergewaltigungen und Morde, die angeblich von Einwanderern begangen worden seien, um Neonazis und Anhänger der antisemitischen Erzählung vom „Großen Austausch“ anzustacheln.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Präsident Donald Trump bei einem Besuch im Shelby Park an der Grenze zwischen den USA und Mexiko am 29. Februar 2024 in Eagle Pass (Texas). Vorne links im Bild: der texanische Gouverneur Greg Abbott (AP Photo/Eric Gay) [AP Photo/Eric Gay]

In seiner Rede an der Grenze schwieg Biden über die mehr als 850 Migranten, die im Haushaltsjahr 2022 bei dem Versuch, die Grenze zwischen den USA und Mexiko zu überqueren, ums Leben kamen. Nach Angaben der Grenzschutzbehörde ist dies das Jahr mit den meisten Todesopfern unter Migranten, die in die USA einreisen.

Stattdessen kopierte Biden Trumps ausländerfeindliche Argumente und erklärte: „Wir können nicht länger warten“, um die Grenze zu „sichern“.

Das „Grenzsicherheitsgesetz“, für das Biden Trump um Unterstützung bittet, würde das Recht von Einwanderern, in den USA Asyl zu beantragen, praktisch beseitigen. Es würde die Haftlager für Einwanderer und die Grenzpolizei massiv ausbauen und dem Präsidenten die beispiellose Vollmacht erteilen, Einreisepunkte in die USA zu schließen. Dieser massive Angriff auf die demokratischen Rechte wird unweigerlich gegen die Arbeiterklasse als Ganze gerichtet werden.

Die Redaktion des Wall Street Journal bezeichnete das Gesetz im Februar als „das restriktivste Einwanderungsgesetz seit Jahrzehnten“. Es enthalte keinerlei Perspektive für die Kinder „illegal“ eingewanderter Eltern, sogenannte „Dreamer“, „keinen allgemeinen Weg zur Staatsbürgerschaft, keine Green Cards“, so die Zeitung.

Vor weniger als zwei Monaten, am 5. Januar, gab Biden den Startschuss für seine Wiederwahlkampagne in der Nähe von Valley Forge (Pennsylvania), dem historischen Lager, in dem George Washingtons Continental Army 1777-1778 während des Unabhängigkeitskriegs überwinterte. Dort rief Biden die amerikanische Bevölkerung auf, seinen Wahlkampf zu unterstützen, um die Demokratie vor der außerordentlichen Bedrohung durch Ex-Präsident Trump zu retten.

In seinen Äußerungen vom Januar verkündete Biden, auf dem Stimmzettel stünden „Demokratie“ und „Freiheit“ und er und die Demokratische Partei seien die einzigen, die noch zwischen der „amerikanischen Demokratie“ und einer Diktatur stünden. Er sagte:

Heute gebe ich Ihnen dieses heilige Versprechen. Die Verteidigung, der Schutz und die Bewahrung der amerikanischen Demokratie werden auch künftig das zentrale Anliegen meiner Präsidentschaft sein.

In ihrer Reaktion darauf schrieb die WSWS:

Tatsächlich war das „zentrale Anliegen“ von Bidens Präsidentschaft die Ausweitung des imperialistischen Kriegs. Noch während er seine Rede hielt, war sein Außenminister Antony Blinken auf dem Weg in den Nahen Osten, um den andauernden von den USA unterstützten Völkermord Israels in Gaza und die Ausweitung des Kriegs auf den Libanon, den Jemen und den Iran zu koordinieren …

Gleichzeitig verschärft Washington, trotz der wachsenden Gefahr eines atomaren Konflikts, seinen Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine. Um die Unterstützung der Republikaner für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von 61,4 Milliarden Dollar zu erhalten, bietet Biden an, das demokratische Recht von Migranten auf Asyl faktisch abzuschaffen und Trumps faschistische Politik der Massenabschiebung und Inhaftierung zu übernehmen.

Mit seinem direkten Appell an Trump beabsichtigt Biden zwei Dinge. Erstens hofft er, eine Einigung mit den Republikanern erzielen zu können, und zwar ausschließlich zu deren Bedingungen. Dadurch soll es republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, ermöglicht werden, ein zuvor ausgehandeltes Militärpaket in Höhe von 95 Milliarden Dollar zur Abstimmung zu bringen. Davon sind über 60 Milliarden für den Krieg der USA und der Nato gegen Russland und weitere 15 Milliarden zur Unterstützung von Israels Völkermord im Gazastreifen vorgesehen.

Zweitens versucht Biden, Trump in der Einwanderungsfrage von rechts anzugreifen. Er argumentiert, dass Trump die Verantwortung für die „kaputte Grenze“ trage, weil dieser sich weigere, Anti-Einwanderungsgesetze zu unterstützen. Durch diese Argumentation beabsichtigt Biden, seine Wahlchancen im November zu erhöhen.

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Als Reaktion auf Bidens Aufruf an Trump, mit ihm beim Angriff auf Einwanderer zusammenzuarbeiten, veröffentlichte der Präsidentschaftskandidat der Socialist Equality Party, Joseph Kishore, am Freitag eine Erklärung auf Twitter/X. Darin schreibt Kishore:

Trotz ihres Geredes von der Verteidigung der „Demokratie“ werden Biden und die Demokraten den gesamten faschistischen Angriff der Republikaner auf Einwanderer akzeptieren, wenn die Republikaner im Gegenzug den Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine unterstützen, der die Menschheit mit ihrer nuklearen Vernichtung bedroht. Deshalb waren die Demokraten bestrebt, den faschistischen Putsch vom 6. Januar zu vertuschen, und deshalb beharrte Biden darauf, dass eine „starke“ Republikanische Partei eine Notwendigkeit sei. Demokraten und Republikaner stehen für zwei reaktionäre Gruppen innerhalb der kapitalistischen Oligarchie. …

Dass Biden sich nun mit den Angriffen der Republikaner auf Einwanderer gemein macht, entlarvt all jene, die wie Alexandra Ocasio-Cortez [von den Democratic Socialists of America (DSA)] behaupteten, man müsse die Demokraten unterstützen, um Einwanderer zu schützen. Ocasio-Cortez und die DSA haben sozialistische Opposition gegen Biden als „privilegiert“ beschimpft. In Wirklichkeit sind die DSA nichts als Anhängsel der Demokraten.

Dass Biden die faschistische Anti-Einwanderungspolitik von Trump übernimmt, macht deutlich, dass zur Verteidigung der demokratischen Rechte der Arbeiterklasse ein Bruch mit der Demokratischen Partei und der Aufbau einer unabhängigen sozialistischen Bewegung der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System notwendig sind.

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