Führende deutsche Militärs planen direkte Angriffe auf Russland

Führende deutsche Generäle und die Bundesregierung diskutieren konkret darüber, wie die Marschflugkörper vom Typ „Taurus“ in die Ukraine geliefert und von dort gegen russische Ziele eingesetzt werden können. Das geht aus einem etwa 30-minütigen Gespräch vom 19. Februar hervor, dass offenbar von russischen Geheimdiensten abgehört und am Wochenende vom russischen Nachrichtensender RT veröffentlicht wurde.

Marschflugkörper Taurus KEPD 350 unter einem Eurofighter Typhoon

Am Gespräch beteiligt waren der Inspekteur der Luftwaffe Ingo Gerhartz, der Abteilungsleiter für Einsätze und Übungen im Kommando Luftwaffe Frank Gräfe und zwei Oberstleutnante des Weltraumkommandos der Bundeswehr namens Fenske und Florstedt. Die Militärs kamen nach eigener Aussage zusammen, um ein Treffen mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vorzubereiten und mit ihm die Frage zu erörtern, ob und wie die „Taurus“ an Kiew geliefert und gegen die Atommacht Russland eingesetzt werden können.

Pistorius wolle mal „wirklich tief in Taurus einsteigen“, leitet Gerhartz das Gespräch ein. Dabei lässt er keinen Zweifel daran, dass er selbst die Entsendung und den Einsatz der Waffensysteme befürwortet und es ihm und den Militärs darum geht, Pistorius und die gesamte politische Führung davon zu überzeugen. Die ganze Diskussion über die Taurus komme immer wieder hoch, „weil keiner so richtig weiß, warum blockt der Kanzler hier“, beklagt er sich.

Über ihre Pläne, den Krieg gegen Russland weiter zu eskalieren, nehmen die Teilnehmer kein Blatt vor den Mund. Konkret geht es um Angriffe auf russische Munitionsdepots hinter der Front und die Zerstörung der logistisch und strategisch wichtigen Krim-Brücke, die seit 2018 die russische Region Krasnodar mit der Halbinsel Krim verbindet. Florstedt erklärt an einer Stelle, der Taurus sei besonders effektiv, um diese Ziele zu bekämpfen.

Die Brücke im Osten ist halt schwer zu erreichen, und die Pfeiler sind relativ klein, und das kann halt der Taurus darstellen, und die Mun[itions]depots – da kommen wir halt durch. Und wenn ich das jetzt berücksichtige und vergleiche, wie viele Storm Shadows [das britische Äquivalent des Taurus] und [...] abgeschossen wurden, da hat man halt ein ganz gutes Alleinstellungsmerkmal.

Dann erklärt Fenske, der offenbar zusammen mit Florstedt beauftragt worden war, den Taurus-Einsatz genau durchzuspielen, dass weit mehr als ein Marschflugkörper nötig sei, um die Brücke zu zerstören. Diese sei „leider – aufgrund ihrer Größe – wie ein Flugplatz. Das heißt, es kann durchaus sein, dass ich dafür zehn oder zwanzig Flugkörper brauche.“ Gerhartz spricht davon „fünfzig in der ersten Tranche“ und dann ggf. nochmal weitere fünfzig Einheiten zu liefern.

Ein großer Teil des Gesprächs dreht sich darum, wie es gelingen kann, die „politische Sorge“ einer „zu direkten Beteiligung“ der Bundeswehr beim Einsatz der Taurus zu zerstreuen. Die Überlegung, die Zieldaten „von Polen aus mit dem Auto rüber“ in die Ukraine zu fahren, „damit es keiner mitkriegt“, wird „als nicht akzeptable Lösung“ verworfen. Genauso der Vorschlag, die Datenfiles statt von der Luftwaffe in Büchel einfach vom Taurus-Hersteller MDBA in Schrobenhausen erstellen zu lassen.

Gleichzeitig stimmen die Militärs darin überein, dass die volle Ausbildung ukrainischer Soldaten am Taurus anspruchsvoll und zeitaufwendig wäre. Fenske plädiert deshalb dafür: „Wenn es nachher um den Einsatz geht, dann wäre tatsächlich die Empfehlung, dass wenigstens die ersten Missions-Unterstützungen durch uns erfolgen werden, da die Planung doch sehr komplex ist.“

Andere Vorschläge, die diskutiert werden, sind nicht weniger brisant. Gräfe bringt, zumindest in der ersten Phase, bis die Ukrainer „selber komplett ausgebildet sind“, eine Zusammenarbeit mit Großbritannien ins Spiel. Die Expertise der britischen Armee, die „auch [ein] paar Leute vor Ort“ hätte, könnte genutzt werden, um der ukrainischen Armee die notwendigen Daten und Satellitenbilder zur Verfügung zu stellen.

An einer anderen Stelle wirft Gerhartz die Frage auf, ob die ukrainische Armee auf Grund der bereits bestehenden Nato-Unterstützung vor Ort, überhaupt auf direkte Daten aus Deutschland angewiesen sei. Man müsse „ja immer davon ausgehen, was die Ukrainer mittlerweile sonst alles machen“, erklärt er. „Wir wissen ja auch, dass da viele Leute mit amerikanischem Akzent in Zivilklamotten rumlaufen. Das darf man sagen, dazu sind sie dann noch relativ schnell selbst in der Lage, weil die Satellitenaufnahmen, die haben sie alle.“

Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht explosiv: Nur wenige Tage nach der Aussage des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dass die Entsendung von Nato-Truppen in die Ukraine „nicht ausgeschlossen“ sei, bestätigt das geleakte Gespräch, dass diese bereits vor Ort sind. Dass ausgerechnet auch deutsche Generäle konkret massive Angriffe auf russische Ziele planen, entlarvt Scholz’ Behauptung, Deutschland sei „keine Kriegspartei“, als reine Augenwischerei.

Das Vorpreschen der deutschen Armeeführung steht in einer dunklen Tradition. Der Vernichtungskrieg der Wehrmacht gegen die Sowjetunion, der vor 83 Jahren begann und bei dem die Luftwaffe unter ihrem damaligen Oberbefehlshaber Hermann Göring eine zentrale Rolle spielte, brachte mindestens 27 Millionen Sowjetbürgern den Tod. Die aktuelle Kriegseskalation Deutschlands und der Nato gegen Russland dient im Kern den gleichen imperialistischen Zielen. Die militärische Unterwerfung Russlands und die Plünderung seiner riesigen Rohstoffvorkommen. Dabei hat der aktuelle Raubzug nicht nur das Potential ganz Europa zu zerstören, sondern den gesamten Planeten in eine nukleare Wüste zu verwandeln.

Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, warnte auf seinem Telegram-Kanal, dass „Deutschland sich auf einen Krieg mit Russland vorbereitet“. „Die ewigen Gegner, die Deutschen, sind wieder zu unseren Erzfeinden geworden.“ Die Chefredakteurin von RT, Margarita Simonjan, die über enge Verbindungen zum Kreml verfügt, forderte direkte Angriffe auf Ziele in Deutschland: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir ihnen zeigen, wie es das letzte Mal für Deutschland geendet ist, als russische Brücken explodiert sind?“

Die herrschende Klasse in Deutschland lässt das mehrheitlich völlig kalt. Sie reagiert auf das geleakte Gespräch der Generäle mit einer weiteren Verschärfung der antirussischen Hetze und Kriegspropaganda, um hinter dem Rücken der Bevölkerung ihren erneuten Drang nach Osten voranzutreiben. Problem ist nicht, dass das Kriegsgespräch stattgefunden hat, sondern dass die russischen Geheimdienste in der Lage waren, es abzuhören. Tatsächlich entspricht das, was die Führung der Luftwaffe besprach, der offiziellen Politik der Bundesregierung.

Ein am 22. Februar – also drei Tage nach dem Gespräch – im Bundestag verabschiedeter Antrag der Ampel fordert, der Ukraine weitreichende Waffensysteme zu liefern, um den Krieg bis tief ins russische Kernland zu tragen. Notwendig sei die „Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition, um die Ukraine einerseits in die Lage zu versetzen, völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen und andererseits die Landstreitkräfte mit der Lieferung von gepanzerten Kampfsystemen und geschützten Fahrzeugen weiter zu stärken“, heißt es darin.

In einem aktuellen Statement bezeichnete Pistorius, der Russland schon Ende Januar offen mit Krieg gedroht hatte, die Veröffentlichung des abgehörten Gesprächs als Teil eines „Informationskrieges“ durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Es handelt sich um einen hybriden Angriff zur Desinformation – es geht um Spaltung, es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben“. Man dürfe „Putin nicht auf den Leim gehen“ und müsse deshalb besonnen, „aber nicht weniger entschlossen“ reagieren.

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