Perspektive

Biden greift US-amerikanische Universitäten mit brutaler Polizeigewalt an

Die Entwicklung der vergangenen Woche markiert einen politischen Wendepunkt. Im Bündnis mit den faschistisch geführten Republikanern ist die Biden-Regierung dabei, den Widerstand gegen den Gaza-Völkermord zu kriminalisieren. An den Universitäten, an denen sich dieser Widerstand konzentriert, kam es zu massiven Polizeieinsätzen.

Verhaftung friedlicher Demonstrierender durch Bereitschaftspolizei bei einem Protest, zu dem die Jewish Voices for Peace in Brooklyn (New York) aufgerufen hatten [AP Photo/Andres Kudacki]

Mehr und mehr breiten sich die Proteste auf Unis und Colleges überall in den Vereinigten Staaten aus. Die Studierenden protestieren damit auf den eskalierenden Völkermord im Gazastreifen, den die Biden-Administration finanziert, bewaffnet und politisch unterstützt.

Auf die Frage eines Reporters am Montag: „Was ist Ihre Botschaft an die Demonstranten?“, antwortete US-Präsident Joe Biden: „Ich verurteile die antisemitischen Proteste.“

Der Vorwurf des „Antisemitismus“ ist Bidens große Lüge; er hat keinerlei Grundlage in der Realität. Bidens Bemerkungen am Montag folgten auf eine Erklärung vom Sonntag, in der er den „verwerflichen und gefährlichen Antisemitismus“ angeprangert hatte, der „absolut keinen Platz auf einem College-Campus oder irgendwo in unserem Land“ habe.

Durch ständiges Wiederholen wollen die Biden-Regierung, das Establishment und die Medien den Menschen eintrichtern, dass die Proteste gegen den Völkermord im Gazastreifen von „Antisemitismus“ motiviert seien.

Diese Verleumdung wird noch absurder durch die Tatsache, dass viele Demonstrationsteilnehmer und eine große Zahl der Festgenommenen jüdisch sind. Auch nehmen Organisationen wie die Jüdische Stimme für den Frieden (JVP) eine führende Rolle bei den Protesten ein.

Am Dienstagabend verhaftete die Polizei über 300 JVP-Mitglieder, die an einem Pessach-Seder in der Nähe des Hauses von Senator Chuck Schumer in Brooklyn teilnahmen. Der jüdische Feiertag erinnert an die Befreiung der Hebräer aus der Sklaverei in Ägypten. Die Demonstrierenden trugen Shirts mit Aufschriften wie „Not in our name“ (Nicht in unserem Namen) und „Jews say cease fire now!“ (Juden sagen: Waffenstillstand jetzt).

Im ganzen Land stürmte die Polizei die Universitäten und nahm Hunderte von Personen fest. An der New York University nahmen Polizisten in Kampfmontur in der Nacht zum Montag über 100 Studierende und auch Dozenten fest, schlugen die Jugendlichen und setzten Pfefferspray ein. An der Universität Yale wurden am Montag 47 Studierende festgenommen. An der Cal Poly Humboldt stürmte die Bereitschaftspolizei ein Universitätsgebäude und nahm Studierende fest. An der Universität von Minnesota kam es am Dienstag zu neun Festnahmen.

Am Dienstagabend erklärten Studierendenführer an der Columbia University, die Universitätsverwaltung habe gedroht, die Nationalgarde einzusetzen, um die Proteste zu unterdrücken. Das ließ eine Wiederholung des Massakers vom 4. Mai 1970 an der Kent State University befürchten. Damals erschoss die Nationalgarde von Ohio vier Studierende, die sich an einer Demonstration gegen den Vietnamkrieg beteiligt hatten.

Biden greift im Bündnis mit Faschisten und Antisemiten hart durch und handelt auf Betreiben so berüchtigter US-Politiker wie der Kongressabgeordneten Marjorie Taylor Greene und den Senatoren Tom Cotton und Josh Hawley.

Am Dienstag schlossen sich im Senat weitere führende Republikaner Hawley und Cotton an, darunter Lindsey Graham und Charles Grassley, und forderten Biden auf, noch weiter zu gehen. In ihrem Schreiben begrüßten die Senatoren Bidens Erklärung, in der er „Antisemitismus“ verurteilt, forderten aber die Regierung auf, die Demonstrationsteilnehmer strafrechtlich zu verfolgen, zu exmatrikulieren oder auszuweisen.

In dem Brief ist die Rede von einem „Ausbruch eines antisemitischen, pro-terroristischen Mobs auf dem College–Campus“, angeführt von „Pro-Hamas-Randalierern“. Es wird behauptet: „In den letzten Tagen haben sich Anti-Israel-Demonstranten, angespornt von prominenten Linken, auf dem Universitätsgelände versammelt.“

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die Strafverfolgungsbehörden müssen sofort auf Bundesebene handeln, um die Ordnung wiederherzustellen, und die Mobs, welche Gewalt und Drohungen gegen jüdische Studenten ausüben, strafrechtlich verfolgen. Sie müssen die Visa aller ausländischen Staatsangehörigen (z. B. Austauschstudenten), die den Terrorismus verteidigen, widerrufen und die Schulverwaltung zur Rechenschaft ziehen.“

Dieser Brief offenbart den grundlegenden politischen Inhalt des harten Durchgreifens an den Universitäten. Weit davon entfernt, eine Antwort auf angeblich „antisemitische Gewalt“ zu sein, zielt es darauf ab, jede Form des linken Widerstandes gegen die Politik des amerikanischen Imperialismus zu unterdrücken.

Allein schon die Sprache kommt einer Aufforderung zur Gewalt gleich. Sie appelliert an Kräfte wie jene, die sich im Jahr 2017 zum „Unite the Right“-Marsch in Charlottesville (Virginia) zusammenrotteten, was darin gipfelte, dass die Gegendemonstrantin Heather Heyer getötet wurde.

Der Polizeiübergriff auf die Hochschulen tritt das grundlegende Prinzip der freien Meinungsäußerung mit Füßen. Die Vorstellung von der „Autonomie“ der Universitäten, die eine offene Debatte fördert und schützt, wird völlig umgestoßen, und akademische Einrichtungen werden zu Agenturen gemacht, die im Dienst der imperialistischen Kriegspolitik stehen. Dies wird mit dem Polizeiknüppel und mit Festnahmen, Exmatrikulationen und Abschiebungen durchgesetzt.

In einem Bericht aus dem Jahr 2019 erklärte der Europarat: „Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit können nur dann Realität werden und bleiben, wenn die Hochschulen, das Personal und die Studierenden akademische Freiheit und institutionelle Autonomie genießen. Umgekehrt können wir keine echte Demokratie haben, wenn die Hochschul- und Forschungsgemeinschaft nicht in der Lage ist, frei zu forschen.“

Das harte Vorgehen gegen den politischen Widerstand auf Hochschulgelände ist die Spitze eines systematischen Versuchs, die Meinungsfreiheit in den Vereinigten Staaten abzuschaffen. Diese Kampagne breitet sich auch schon auf die Betriebe aus: So entlässt Google mehr als 50 Mitarbeitende, weil sie gegen die Verbindungen des Konzerns zur israelischen Regierung protestiert haben.

Das massive Durchgreifen an den Universitäten ist untrennbar mit dem globalen Ausbruch des amerikanischen Imperialismus verbunden. Im Jahr 2022 rief Biden das „entscheidende Jahrzehnt“ aus, in dem die Vereinigten Staaten „den Wettbewerb des 21. Jahrhunderts gewinnen“ würden. Biden will mit militärischer Gewalt eine von den USA dominierte „neue Weltordnung“ errichten, um Russland, China und den Iran zu unterwerfen.

Der Sieg im „geopolitischen Wettbewerb zwischen den Großmächten“ erfordere die nahtlose Integration aller Aspekte der Gesellschaft, sagte Biden damals und erklärte: „Die Biden-Harris-Regierung hat die Trennlinie zwischen Innen- und Außenpolitik niedergerissen.“

Das harte Vorgehen gegen Hochschulen im ganzen Land zeigt, dass der amerikanische Imperialismus diese Unterordnung sämtlicher Aspekte der Gesellschaft unter seine Kriegspolitik jetzt umgesetzt.

Die hauptsächliche Rolle der Biden-Administration und der Demokratischen Partei bei der Unterstützung des Genozids im Gaza und ihr hartes Durchgreifen gegen den Widerstand im Innern machen eins völlig klar: Die Wahlstrategie, das so genannte „kleinere Übel“ zu unterstützen, ist vollkommen bankrott. Die Kriegspolitik und die Angriffe auf demokratische Rechte genießen die volle Unterstützung des gesamten politischen US-Establishments, denn darin kommen zentrale Bedürfnisse des kapitalistischen Systems zum Ausdruck.

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Als Reaktion auf die wachsenden Proteste an den Universitäten und darüber hinaus erklärte Joseph Kishore, der Kandidat der Socialist Equality Party für die Präsidentschaftswahlen 2024, am Dienstag auf X/Twitter:

Dieser Kampf kann nicht auf dem Campus allein gewonnen werden. Er muss in die Arbeiterklasse getragen werden, denn nur sie hat die gesellschaftliche Macht, sich dem Imperialismus zu widersetzen. Ihre sozialen Interessen stehen im Konflikt mit dem gesamten kapitalistischen System.

Die Socialist Equality Party ruft in ihrem Wahlkampf Studierende und Lehrkräfte auf jedem Campus dazu auf, sich an die Fabriken und Betriebe zu wenden. Wir rufen Arbeiterinnen und Arbeiter auf, den Angriff auf die Studierenden zu verurteilen und Proteste zu organisieren, um ein Ende der Repression zu fordern. Der Kampf gegen den Genozid in Gaza muss als Kampf der internationalen Arbeiterklasse gegen den Imperialismus und das kapitalistische System geführt werden.

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