Antony Blinken setzt bei China-Besuch auf Konfrontation und Einschüchterung

Der dreitägige Besuch von US-Außenminister Antony Blinken, der am letzten Freitag zu Ende ging, hat keineswegs zu einem Abbau der Spannungen zwischen den beiden Ländern geführt. Vielmehr zielte er darauf ab, die Konfrontation mit Peking zu verschärfen. Bei seinen Treffen mit Präsident Xi Jinping, Außenminister Wang Yi und anderen hohen chinesischen Politikern wurde Blinkens Forderungskatalog immer umfangreicher.

US-Außenminister Antony Blinken mit Nicholas Burns, dem amerikanischen Botschafter in China, Peking, 24. April 2024 [AP Photo/Mark Schiefelbein, Pool]

Ganz oben auf seiner Liste stand die Forderung, Peking solle den Verkauf von so genannten „Gütern mit doppeltem Verwendungszweck“ an Moskau einstellen. Der Grund ist, dass der US/Nato-Krieg in der Ukraine gegen Russland eine Reihe von Rückschlägen erlitten hat. Washington hat eingeräumt, dass China bisher keine Waffen an Russland verkauft hat, besteht jetzt aber darauf, dass Peking die USA und ihre Verbündeten dabei unterstütze, die russische Wirtschaft, insbesondere die Rüstungsindustrie, lahmzulegen.

Bei einer Pressekonferenz am Freitag erklärte Blinken, er habe „unsere ernsthaften Bedenken“ bekräftigt, „dass die Volksrepublik [China] Komponenten liefert, die Russlands brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine stärken“. Er wies vor allem auf den Verkauf von Werkzeugmaschinen, Mikroelektronik und Nitrocellulose hin und erklärte: „Russland hätte ohne Chinas Unterstützung Schwierigkeiten, seinen Angriff auf die Ukraine fortzusetzen.“

Blinken warf China vor, „die größte Bedrohung für Europas Sicherheit seit dem Ende des Kalten Kriegs zu unterstützen“, und er fügte hinzu: „In unseren heutigen Diskussionen habe ich deutlich gemacht, dass wir dieses Problem angehen werden, wenn China es nicht tut.“ Er nannte zwar keine Details, doch die Biden-Regierung hat deutlich gemacht, dass sie eine neue Runde von Strafsanktionen gegen chinesische Banken, die Handel mit Russland ermöglichen, in Erwägung zieht.

Blinkens Äußerungen stellen die Realität auf den Kopf. Russlands Einmarsch in die Ukraine geht zwar auf die reaktionären Interessen der russischen Oligarchie zurück, doch die USA haben Moskau bewusst zu einer Reaktion provoziert, indem sie versuchten, die Ukraine in ihr Militärbündnis Nato aufzunehmen. Washington hat den Krieg mit dem Ziel provoziert, die Russische Föderation zu destabilisieren und zu zerschlagen, um sich auf einen Konflikt mit China vorzubereiten. Denn der US-Imperialismus betrachtet China als wichtigste Bedrohung für seine globale Vormachtstellung.

Die Biden-Regierung versorgt die Ukraine gerade mit weiteren 61 Milliarden Dollar Militärhilfe und unterstützt Israels völkermörderischen Krieg in Gaza. Gleichzeitig verschärft sie bewusst die Spannungen mit China wegen Taiwan, indem sie die Ein-China-Politik untergräbt, auf der die amerikanisch-chinesischen Beziehungen seit den 1970ern beruhen. Als die USA 1979 diplomatische Beziehungen zu China aufnahmen, erkannten sie Peking faktisch als alleinige rechtmäßige Regierung von ganz China, einschließlich Taiwans, an. Die USA brachen die diplomatischen Beziehungen zu Taipeh ab und zogen ihr Militärpersonal zurück.

Unter der Trump- und nun auch unter der Biden-Regierung haben die USA diesen Prozess umgekehrt. Sie haben seit langem bestehende Protokolle, die den offiziellen Kontakt einschränken, beendet, die Waffenverkäufe verstärkt und US-Truppen auf Taiwan stationiert. Das Gesetz, das Biden letzte Woche unterzeichnet hat, sieht neben der Militärhilfe für die Ukraine erstmals Militärhilfe für Taiwan in Höhe von acht Milliarden Dollar vor.

Während Blinken das Mantra wiederholt, die USA würden die Ein-China-Politik beibehalten, stärkt Washington die Beziehungen zu Taipeh und ermutigt es zu einer formellen Unabhängigkeitserklärung. Wie Washington genau weiß, hätte China in diesem Falle keine andere Wahl, als mit militärischen Mitteln das zu schützen, was es als seine Kerninteressen betrachtet.

Der chinesische Präsident Xi appellierte an Biden, die Spannungen zu entschärfen. Er erklärte, die beiden Länder sollten „Partner statt Rivalen“ sein. Er forderte „gegenseitigen Respekt, friedliche Koexistenz und Kooperation zu beiderseitigem Nutzen“. Doch Peking ist sich der Gefahren sehr wohl bewusst, die von Washingtons provokativem Verhalten ausgehen. Außenminister Wang erklärte, die USA und China könnten „die richtige Richtung einschlagen, um mit Stabilität voranzukommen – oder zu einer Abwärtsspirale zurückzukehren“ und „sogar in eine Konfrontation abgleiten“.

Wang warnte, die USA sollten Chinas „rote Linien“ nicht überschreiten. Er sagte zu Blinken: „Chinas legitime Rechte auf Entwicklung wurden in unangemessener Weise unterdrückt, und unsere Kerninteressen sind mit Herausforderungen konfrontiert.“ Mit „Kerninteressen“ meint Wang insbesondere Taiwan, über das keine Einigung erzielt wurde; mit der „Unterdrückung legitimer Rechte auf Entwicklung“ meint er die zahlreichen US-Handelsstrafmaßnahmen gegen China.

Während Washington fordert, Peking solle bei der Strangulierung der russischen Industrie helfen, haben die USA Zölle auf eine breite Palette chinesischer Waren verhängt und den Export der modernsten Computerchips und der dafür notwendigen Produktionsgeräte an China verboten. Die USA versuchen zu verhindern, dass sich die chinesische Hightech-Industrie zu einem Rivalen entwickelt. Ganz allgemein wollen sie die chinesische Wirtschaft schädigen.

Blinken wiederholte die Vorwürfe über „unfairen Handel“ und „Unterbietungswettbewerb“ bei Produkten wie Elektrofahrzeugen und Solarpanels auf dem US-Markt, die bereits US-Finanzministerin Janet Yellen Anfang April bei ihrem Besuch in China erhoben hatte. Er behauptete, dies würde „amerikanische Arbeitsplätze“ kosten. Hinter der Forderung nach angeblich gleichen Wettbewerbsbedingungen wird zweifellos eine weitere Runde von wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen China vorbereitet, zumal Biden dieses Jahr zur Wiederwahl antritt.

Die Bereiche, in denen während Blinkens Besuchs Einigkeit erzielt werden konnte, waren eher gering: China hat Maßnahmen ergriffen, um den Verkauf von chemischen Vorstufen des gefährlichen Opioids Fentanyl zu begrenzen. Außerdem einigte man sich auf Diskussionen zum Umgang mit künstlicher Intelligenz. Auch hat China die Gespräche zwischen den Militärs der beiden Länder wiederaufgenommen. Andererseits heizten die USA die wichtigen Differenzen weiter an, die nur dazu führen werden, dass sich die „Abwärtsspirale“ zum Krieg weiterdreht.

Blinken warf China erneut „gefährliche Aktionen im Südchinesischen Meer“ vor, insbesondere gegen die Philippinen wegen des umstrittenen Second-Thomas-Atolls. Die USA nutzen die Tatsache, dass sich die philippinische Regierung von Präsident Ferdinand Marcos Jr. Washington zugewandt hat, um ihre Militärstützpunkte auf den Philippinen auszubauen. Sie halten provokante gemeinsame Militärübungen im Südchinesischen Meer ab, u.a. in der Nähe des Second-Thomas-Atolls.

Blinken bekräftigte, dass die Unterstützung der USA für die Philippinen im Rahmen ihres Militärbündnisses „eisern“ sei. Das bedeutet, die USA würden die Philippinen in jedem Konflikt mit China im Südchinesischen Meer militärisch unterstützen.

Der US-Außenminister bemühte auch die abgedroschene Inszenierung Amerikas als Verfechter der Demokratie und äußerte sich besorgt über „Menschenrechte“ in China, in Hongkong, Xinjiang und Tibet. Unter diesem Banner hat der US-Imperialismus seine völkerrechtswidrigen Kriege im Nahen Osten, Nordafrika und Zentralasien geführt, die Millionen von Toten forderten. Die Vorwürfe gegen China sind umso grotesker, wenn man bedenkt, dass die USA Israels Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser in Gaza, der bereits 40.000 Menschenleben gefordert hat, uneingeschränkt diplomatisch, finanziell und militärisch unterstützen.

Blinkens Besuch war, genau wie der von Yellen Anfang des Monats, eine Übung in Konfrontation, Provokation und Drohungen mit dem Ziel, China zu Zugeständnissen zu zwingen. Gleichzeitig verstärken die USA ihre militärischen Vorbereitungen, um im Indo-Pazifik eine dritte Front in dem globalen Konflikt zu eröffnen, der sich in Europa und dem Nahen Osten entwickelt.

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