Volkswagen: Zeitenwende in der Sozialpolitik

Volkswagen hält an seinen Plänen fest, bis zu einem Viertel der 130.000 Arbeitsplätze in Deutschland zu vernichten, ganze Werke stillzulegen und die Löhne um mindestens 10 Prozent zu senken. Das machte VW-Chef Oliver Blume am 3. Dezember auf einer Betriebsversammlung in Wolfsburg deutlich, an der mehr als 20.000 Beschäftigte teilnahmen.

Tausende VW-Arbeiter nehmen an einer Kundgebung während eines landesweiten Warnstreiks auf dem Gelände des Volkswagen-Hauptwerks in Wolfsburg am 2. Dezember 2024 teil [AP Photo/Julian Stratenschulte]

Am Tag davor hatten rund 100.000 VW-Beschäftigte an allen Standorten für zwei Stunden die Arbeit niedergelegt und ihre Bereitschaft demonstriert, gegen den Kahlschlag zu kämpfen. Doch Blume zeigte sich unbeeindruckt.

Auch das Angebot von IG Metall und Betriebsrat, die Löhne 25 Monate lang einzufrieren und dem Konzern so 1,5 Milliarden Euro zu schenken, wies der VW-Chef zurück. Das sei zwar ein „Startpunkt“, der „aber leider bei weitem noch nicht ausreicht, die Zukunft von Volkswagen zu verteidigen“, sagte Blume. VW sei ein „Sanierungsfall“, das Lohnniveau etwa doppelt so hoch wie der europäische Durchschnitt und der Preisdruck „immens“. Die Nachfrage sinke. „Das zwingt uns zum Handeln, jetzt.“

Auch in der vierten Tarifrunde am 9. Dezember gab der Konzern nicht nach, obwohl erneut 100.000 VW-Beschäftigte, diesmal für vier Stunden, streikten. Der VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel erklärte anschließend, von einer „tragfähigen Lösung“ seien die Parteien noch „weit entfernt“. „Wir brauchen kurzfristig umsetzbare und nachhaltig wirksame Kostensenkungen, um unsere Zukunftsinvestitionen zu finanzieren. Da sind wir noch nicht angelangt“, betonte er.

VW galt jahrzehntelang als Musterbetrieb der sogenannten Sozialpartnerschaft. Nirgendwo sonst arbeiten Gewerkschaft, Betriebsrat und Management so eng zusammen wie hier. Da das SPD-regierte Land Niedersachsen über 20 Prozent der Stimmrechte verfügt, haben IG Metall und SPD im Aufsichtsrat sogar eine Mehrheit.

Doch davon profitiert die Belegschaft seit langem nicht mehr. Die hochbezahlten Betriebsratsfürsten und Gewerkschaftsfunktionäre sorgen vielmehr als Co-Manager dafür, dass der Sozialabbau reibungslos über die Bühne geht. Bisher haben sie sich noch bemüht, den Arbeitsplatz- und Lohnabbau und die Steigerung der Arbeitshetze „sozialverträglich“ zu gestalten – das heißt, die Schmerzgrenze so niedrig zu halten, dass es nicht zum offenen Aufstand kam. Aber damit ist es jetzt vorbei.

Die Kampfansage des Vorstands an die Belegschaft eröffnet eine Zeitenwende in der Sozialpolitik, die nicht nur VW betrifft. So wie die herrschenden Klasse in der Außenpolitik wieder auf Aufrüstung und militärische Gewalt setzt, der Atommacht Russland faktisch den Krieg erklärt und das Abschlachten der Palästinenser in Gaza unterstützt, setzt sie auch in der Sozialpolitik auf Konfrontation. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.

Ohne dies zu verstehen und die nötigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, ist es nicht möglich, einen einzigen Arbeitsplatz zu verteidigen.

Globaler Kampf um Profite und Marktanteile

Die global operierenden Autokonzerne liefern sich eine erbitterte Schlacht um Profite und Absatzmärkte, die auf dem Rücken der Belegschaften austragen wird. Ex-Stellantis-Chef Carlos Tavares hat den brutalen Kampf um die Marktführerschaft bei Elektrofahrzeugen als „darwinistischen“ Kampf ums Überleben bezeichnet, der nur eine Handvoll globaler Autohersteller übriglassen werde.

Tavares ist ein berüchtigter Kosten-Killer. Dennoch wurde er am 1. Dezember von Stellantis gefeuert, weil der Gewinn trotz Massenentlassungen und Werksschließungen eingebrochen ist. Zu dem transnationalen Konzern gehören unter anderem die Marken Peugeot, Citroën, Opel, Fiat und Chrysler.

Schichtwechsel beim Fiat-Chrysler-Werk in Warren (USA)

Den Autokonzernen sitzen die aufgeblähten Finanzmärkte im Nacken. Sie üben massiven Druck aus, immer höhere Profite aus den Belegschaften herauszupressen. Es ist bezeichnend, dass der deutsche Aktienindex DAX in derselben Woche, in der VW den Kahlschlag ankündigte, erstmals die Schwelle von 20.000 Punkten durchbrach. Seit Jahresbeginn ist der DAX trotz Wirtschaftsflaute um 19,5 Prozent gestiegen – und die Rallye geht weiter. Die Vermögen der milliardenschweren Oligarchen wachsen in umgekehrtem Verhältnis zur Arbeitslosigkeit und Armut.

Um die Bereicherungsorgie in Gang zu halten, müssen die Autokonzerne zweistellige Profitmargen erzielen. Einer Studie der Beratungsgesellschaft EY zufolge, war Suzuki im dritten Quartal 2024 mit einem operativen Gewinn von 12,7 Prozent des Umsatzes (Ebit) der weltweit profitabelste Autokonzern, gefolgt von Kia (10,9) und Tesla (10,8). Mercedes lag mit 7,3 Prozent auf Platz sieben, BMW mit 5,2 auf Platz neun und Volkswagen mit 3,6 auf Platz zwölf von 16 untersuchten Unternehmen.

EY bezeichnet die Periode von Juli bis September 2024 als „rabenschwarzes Quartal“ für die deutschen Autokonzerne, weil Mercedes, BMW und Volkswagen zusammen „nur“ 7,1 Milliarden Euro Gewinn und damit halb so viel wie im selben Zeitraum des Vorjahres erzielten. Alle 16 von EY analysierten Autokonzerne machten im dritten Quartal 2024 einen Profit von 29 Milliarden Euro, 24 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Der Kampf um Marktanteile und Profite entwickelt sich immer offener zum Handelskrieg. Wie vor hundert Jahren, als der imperialistische Kampf um die Neuaufteilung der Welt in zwei katastrophale Weltkriege, faschistische Diktaturen und mörderische Ausbeutung mündete, bewegt er sich auch heute wieder in Richtung Krieg und Diktatur.

Die USA blockieren die Lieferung modernster IT-Technologie an China, um den wirtschaftlichen Aufstieg des Landes zu hemmen. Präsident Biden hat Strafzölle von 100 Prozent auf chinesische Elektroautos verhängt. Die EU hat nachgezogen und ebenfalls die Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge erhöht. Bidens Nachfolger Donald Trump droht auch Europa, Kanada und Mexiko mit Strafzöllen. Vor allem Deutschland, das im Handel mit den USA hohe Überschüsse erzielt, steht dabei im Visier.

Der „darwinistische Überlebenskampf“ wird zunehmend mit militärischen Mitteln ausgetragen. Deutschland rüstet auf wie seit Hitler nicht mehr und unterstützt die Ukraine im Krieg gegen Russland mit Milliardensummen. Es will die strategischen Rohstoffe und die billige Energie, die es in beiden Ländern in großen Mengen gibt, wie in den ersten beiden Weltkriegen unter seine Kontrolle bringen.

„Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Kampf um die Rohstoffe. Das Land hat große Vorkommen an Eisen, Titan und Lithium, die nun zum Teil von Russland kontrolliert werden“, verkündete Germany Trade and Invest bereits vor eineinhalb Jahren. Die bundeseigene Außenwirtschaftsagentur schätzt den Wert allein der ukrainischen Rohstoffvorkommen auf 12,4 Billionen US-Dollar. Russland, das mit Abstand größte Land der Erde, birgt noch weit gigantischere Bodenschätze.

Die Kriege im Nahen Osten und die militärische Einkreisung Chinas verfolgen dieselben Ziele. Die USA führen seit über dreißig Jahren praktisch ununterbrochen Krieg, um ihre Stellung als führende Weltmacht zu verteidigen. Sie kompensieren ihren wirtschaftlichen Niedergang, indem sie ihre gewaltige militärische Übermacht zum Einsatz bringen. Deutschland und Europa unterstützen sie dabei und rüsten selbst massiv auf, um ihre imperialistischen Interessen selbständig verfolgen zu können.

Frontalangriff auf die Arbeiterklasse

Diese Kriegspolitik erfordert einen Frontalangriff auf die Arbeiterklasse. Alles, was sie sich in Jahrzehnten an Löhnen, sozialer Sicherheit und demokratischen Rechten erkämpft hat, muss rückgängig gemacht werden. Der Kahlschlag bei Volkswagen ist nur der sichtbarste Ausdruck davon. Millionen Arbeitsplätze, die Zukunft ganzer Regionen, Renten, Gesundheitsversorgung, Sozialleistungen und Bildung stehen auf dem Spiel. Und das nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt.

Führende Wirtschaftsvertreter sprechen das offen aus. Hans-Werner Sinn, bis 2016 Präsident des Ifo-Instituts, sieht „Deutschlands Existenz als globale Wirtschaftsnation“ in Gefahr. „Die viel beschworene Deindustrialisierung ist kein Horrorszenarium der Zukunft, sondern seit sieben Jahren im Gange,“ sagte er anlässlich der Verleihung des Deutschen Mittelstandspreises Anfang November und rief zum Sozialabbau auf. Der „überbordende Sozialstaat“ koste zu viel Geld und betätige „sich auf dem Arbeitsmarkt als mächtiger Konkurrent der privaten Wirtschaft“. Übersetzt: Er sei ein Hindernis für niedrigere Löhne und schärfere Arbeitshetze.

Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt den argentinischen Präsidenten Javier Milei zu einem Treffen im Kanzleramt in Berlin am 23. Juni 2024 [AP Photo/Markus Schreiber]

FDP-Chef Christian Lindner hat die Parole ausgegeben: „Mehr Milei und Musk wagen.“ Seither überschlagen sich die Medien mit Lobeshymnen auf den faschistischen argentinischen Präsidenten. Er gilt nicht mehr als „El Loco“, der Verrückte, sondern als Genie.

„Javier Mileis wirtschaftliche Bilanz nach einem Jahr lässt sich sehen,“ jubelt die FAZ. „Der libertäre Ökonom hat die horrende Inflation Argentiniens innerhalb weniger Monate unter Kontrolle gebracht, präsentiert ausgeglichene Haushalte und positive Handelsbilanzen, steigende Reserven und stabile Wechselkurse.“

Der Chef der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, Karl-Heinz Paqué, schreibt, man müsse Mileis Gehabe nicht mögen. „Gleichwohl: Seine stabilitätspolitische Agenda ist ernst zu nehmen. Er will – erstmals seit Jahrzehnten – Argentinien zurück in die ökonomische Prosperität als Teil einer integrierten Weltwirtschaft führen. Er will eine funktionierende Marktwirtschaft. Er will den protektionistischen planwirtschaftlichen Peronismus beseitigen … Und das ist richtig so.“

Worin besteht die tatsächliche Bilanz von Milei, die in Deutschland solches Entzücken auslöst?

Er hat in seinem ersten Amtsjahr die Staatsausgaben um ein Drittel gekürzt, 30.000 Beschäftigte des öffentlichen Diensts entlassen, Mietpreisbindung, Unterstützung für die Armen und Preiskontrollen abgeschafft, Suppenküchen geschlossen, Fördermittel für die Provinzen eingestellt und Vorschriften für Unternehmen abgeschafft. Hunderttausende haben ihre Stipendien und andere soziale Hilfsprogramme verloren. Die offizielle Armutsrate ist von 40 Prozent auf 52 Prozent gestiegen. Die Superreichen dagegen jubeln.

Milei bewundert die blutrünstige argentinische Militärdiktatur als Vorbild und trifft sich regelmäßig mit Donald Trump und seinem Beauftragten für den sozialen Kahlschlag, Elon Musk, dem reichsten Mann der Welt. Er dient Trumps Regierung der Milliardäre als Vorbild. Dass er nun auch in Deutschland gepriesen wird, zeigt, welche sozialen Angriffe die tonangebenden Kreise in Wirtschaft und Politik planen. Das steckt hinter dem konfrontativen Vorgehen des VW-Vorstands.

Arbeitsplatzmassaker in der Autoindustrie

Auf die Auto- und Zulieferindustrie kommt ein Tsunami von Massenentlassungen zu. Laut einer Studie des Branchenverbands VDA hatte die Zahl der Beschäftigten in diesem Bereich 2019 mit 958.000 ihren Höhepunkt erreicht. Bis 2023 wurden 46.000 Stellen abgebaut. Setzt sich dieser Trend fort, werden 2035 186.000 Personen weniger in der deutschen Autoindustrie arbeiten als 2019.

Die Studie berücksichtigt allerdings nur die Folgen der Umstellung auf Elektroautos, deren Produktion wesentlich weniger Aufwand erfordert, nicht aber die Auswirkungen der Eskalation von Handelskrieg und Krieg. In Wirklichkeit setzt sich der Trend der letzten vier Jahre nicht fort, sondern beschleunigt sich enorm.

10.000 Beschäftigte demonstrieren vor dem Bosch-Hauptsitz in Gerlingen bei Stuttgart

Der Absatz von Elektroautos, die die Verbrenner ersetzen sollten, ist in Europa aufgrund sinkender Einkommen, hoher Preise und mangelnder Infrastruktur ins Stocken geraten. Das VW-Werk in Zwickau, das ausschließlich Elektroautos produziert, ist bei weitem nicht ausgelastet, streicht Stellen und fährt immer wieder Kurzarbeit. Zusammen mit dem Werk in Emden, das ebenfalls auf reine Elektroauto-Produktion umgestellt wird, gehört es inzwischen zu den Stilllegungskandidaten im Konzern.

In China, wo Ende 2023 mit 23,4 Millionen mehr als die Hälfte aller weltweit zugelassenen Elektroautos fuhren und im Juli dieses Jahres erstmals mehr Elektroautos als Verbrenner verkauft wurden, liegen einheimische Produzenten vorn. Ein Drittel der neuverkauften Elektro- und Hybridfahrzeuge in China stammt vom einheimischen Hersteller BYD.

Der Marktanteil deutscher Hersteller, die in China bisher ihre höchsten Profite erzielten, ist dagegen von 25 auf 17 Prozent gefallen, Elektroautos werden sie kaum los. Hatten sie 2020 noch rund 40 Prozent sämtlicher Autos in China verkauft, sind es heute weniger als ein Drittel. VW, lange Zeit Marktführer in China, hat in Xinjiang bereits eines seiner 26 chinesischen Werke verkauft und will nun auch die Fabrik in Nanjing loswerden. Mercedes, das bisher einen Drittel seiner Luxusautos in China absetzte, verkauft dort seit Mai pro Monat weniger als 100 Exemplare seiner elektrischen S-Klasse EQS.

Auch Mercedes plant umfassende Sparmaßnahmen. Der Konzern hat mitgeteilt, er werde in den kommenden Jahren „seine Kosten um mehrere Milliarden Euro jährlich senken“, ließ aber offen, wie dies geschehen soll. Berichten zufolge sind bis zu 20.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Laut einer Studie des IMU-Instituts Stuttgart werden in der Region Stuttgart, wo Mercedes seinen Schwerpunkt hat, in den kommenden 20 Jahren 83.000 der 240.000 Arbeitsplätze im Autosektor verschwinden.

Die VW-Tochter Audi legt derzeit ihr Werk in Brüssel mit 3000 Beschäftigten still. Auch in Deutschland stehen tausende Arbeitsplätze auf der Streichliste. Bis zu 4500 Stellen sollen im „indirekten Bereich“, d.h. vor allem in der Sparte Entwicklung, wegfallen. Die internen Gespräche mit dem Betriebsrat über die geplanten Entlassungen haben bereits begonnen, wie das Manager Magazin Anfang November berichtete.

Ford hat in Deutschland das Werk in Saarlouis stillgelegt und baut auch im spanischen Almussafes tausende Arbeitsplätze ab. Vor wenigen Tagen hat der Konzern in Köln, wo noch 11.500 von einst 20.000 Arbeitsplätzen übrig sind, die Streichung weiterer 2900 Stellen angekündigt. Ford erwägt sogar, sich ganz aus Europa zurückzuziehen.

Auch die Zukunft der deutschen Stellantis-Tochter Opel steht infrage. In Italien haben im Oktober Zehntausende gegen die Sparpläne von Stellantis protestiert. Schätzungen der Gewerkschaften zufolge sind in Italien 25.000 der 86.000 Arbeitsplätze bedroht.

Besonders verheerend ist die Lage in der Zulieferindustrie. Die Großen der Branche vernichten weltweit zehntausende Arbeitsplätze. Allein in Deutschland sind es aktuell 14.000 bei ZF Friedrichshafen, 13.000 bei Continental, 10.000 bei Bosch und 2800 bei Schaeffler. Hinzu kommen kleinere Zulieferer mit mehreren hundert Arbeitsplätzen, die Woche für Woche Pleite gehen. Berichte darüber findet man meist nur in der Lokalpresse. Jede sechste Großinsolvenz in diesem Jahr betraf einen Automobilzulieferer

Dieses Arbeitsplatzmassaker ist nicht auf Deutschland beschränkt. Fast jedes Land ist betroffen. So streicht der japanische Konzern Nissan 9000 seiner weltweit 134.000 Arbeitsplätze und sucht verzweifelt nach Investoren. Laut einem hochrangigen Manager hat er noch „12 oder 14 Monate, um zu überleben“.

Baut unabhängige Aktionskomitees auf

Die Verteidigung der Arbeitsplätze bei VW erfordert einen Bruch mit der IG Metall, den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees, die internationale Einheit der Arbeiterklasse und eine sozialistische Strategie.

Die Beschäftigten der Autoindustrie dürfen sich nicht in den „darwinistischen Überlebenskampf“ der großen Autokonzerne einspannen lassen. Er bedroht nicht nur ihre Existenzgrundlage, sondern auch die menschliche Kultur. Einen dritten Weltkrieg, ausgeführt mit Atomwaffen, wird niemand überleben.

Die IG Metall und ihre Betriebsräte sind Handlanger des Vorstands. Noch bevor der Kampf überhaupt begonnen hat, haben sie Lohnkürzungen von 1,5 Milliarden Euro angeboten, ohne die Betroffenen auch nur um ihre Meinung zu fragen. Und das, obwohl der Konzern noch im Juni drei Mal so viel, nämlich 4,5 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgeschüttet hat! Vor drei Jahren, nach dem Börsengang der Tochter Porsche, hatte VW sogar eine Sonderdividende von 10 Milliarden Euro ausbezahlt. Die Aktionäre schwimmen also im Geld.

Bundeskanzler Olaf Scholz, Betriebsrätin Daniela Cavallo, VW-Chef Oliver Blume und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg im Februar 2023 [Photo by Volkswagen]

Auf der Betriebsversammlung vom 3. Dezember erschien Gesamtbetriebsratschefin Daniela Cavallo mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil im Schlepptau. Heils SPD, die seit 25 Jahren fast ununterbrochen das Arbeitsministerium führt, hat wie keine andere Partei zum Sozialabbau beigetragen und die „Zeitenwende“ in der Kriegspolitik eingeleitet. Heil versuchte die Belegschaft vom Kampf abzuhalten, indem er die Mitbestimmung lobte und zum Kompromiss aufrief. Ansonsten verwies er auf die veränderte Weltlage, hohe Energiekosten und die Konkurrenz aus China.

Cavallo selbst machte deutlich, dass das Zugeständnis von 1,5 Milliarden nur der Anfang ist. Sie drohte zwar wortradikal mit „Eskalation“, falls der Vorstand auf seinem Standpunkt beharre, signalisierte aber gleichzeitig, dass der Betriebsrat zu weiteren Zugeständnissen bereit sei. „Wir wollen das hier vor Weihnachten zu einem guten Ende bringen,“ betonte sie. Zugeständnisse müsse es auf beiden Seiten geben. „Sonst ist es ja kein Kompromiss.“

Betriebsrat und IG Metall stehen auf der Seite des Vorstands. Sie betrachten die Interessen des Konzerns aus derselben Sicht wie die Aktionäre und das Management. Ihre gutbezahlten Funktionäre stehen im „darwinistischen Überlebenskampf“ an vorderster Front, spielen die Belegschaften verschiedener Werke und Länder gegeneinander aus und sind zu jedem Zugeständnis bereit, damit „ihr“ Standort im globalen Kampf um niedrigere Kosten und höhere Profite wettbewerbsfähig bleibt.

Obwohl die Volkswagen Group, zu der VW gehört, 114 Produktionsstätten in 27 Ländern auf vier Kontinenten unterhält und darin 675.000 Menschen beschäftigt, verteidigt der Betriebsrat nicht die gemeinsamen Interessen der weltweiten Belegschaft gegen die milliardenschweren Eigentümer, sondern die Profitinteressen der Eigentümer gegen die Belegschaft.

So hat Cavallos Betriebsrat keinen Finger gerührt, um die belgischen Audi-Kollegen in Brüssel im Kampf um ihre Arbeitsplätze zu unterstützen, obwohl sie für denselben Konzern arbeiten. Die belgischen Arbeiter sind aber – wie die chinesischen, amerikanischen, französischen oder italienischen – keine Konkurrenten der deutschen, sondern ihre Verbündeten im Kampf gegen die profithungrigen Konzerne.

VW gibt große Summen für den Betriebsrat aus, weil sie ihn braucht, um den „Betriebsfrieden“ zu erhalten, d.h. den Widerstand der Belegschaft zu unterdrücken.

Der VW-Betriebsrat ist berüchtigt für seine Korruption. Cavallos Vorvorgänger Klaus Volkert musste sogar zwei Jahre ins Gefängnis, weil er sich hatte kaufen lassen. Unter Bernd Osterloh, der den Betriebsrat von 2005 bis 2021 leitete, wurde es nicht besser. Auch er konnte den Hals nicht vollkriegen. Er verdiente bis zu 750.000 Euro im Jahr und ließ sich nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat den Übergang in den Ruhestand durch einen Vorstandsposten bei der LKW-Tochter Traton vergolden.

Auch Cavallo und die anderen 72 freigestellten Betriebsräte, die der Konzern allein im Stammwerk Wolfsburg zu oft sechsstelligen Gehältern beschäftigt, müssen sich um ihr Einkommen und ihre Altersversorgung keine Sorgen machen.

Um den Angriff von VW zurückzuschlagen, ist es deshalb unumgänglich, mit der IG Metall und ihren Betriebsräten zu brechen und sich mit allen Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind zu kämpfen, zu Aktionskomitees zusammenschließen. Bei Volkswagen gibt es bereits ein Aktionskomitee. Die Aktionskomitees müssen unabhängig von der IG Metall und nur der Basis verantwortlich sein, den Kampf selbst in die Hände nehmen und sich mit Aktionskomitees in anderen Werken, Unternehmen und Ländern vernetzen.

Sie müssen alle Arbeitsplätze an allen Standorten prinzipiell verteidigen und alle Zugeständnisse bei Löhnen und sozialen Errungenschaften zurückweisen. Sichere Arbeitsplätze und auskömmliche Löhne sind wichtiger als die Profite der milliardenschweren Aktionäre.

Für eine internationale, sozialistische Strategie

Der Kampf muss international geführt werden. Die Aktionskomitees müssen die Spaltung der Belegschaften nach Stamm- und Leihbeschäftigten, Standorten, Automarken und Ländern überwinden. In jedem Land sind Arbeiterinnen und Arbeiter den gleichen umfassenden Angriffen ausgesetzt. Der Angriff auf einen Teil der Belegschaft des Weltkonzerns VW ist ein Angriff auf die gesamte internationale Belegschaft. Deshalb ist das Volkswagen-Aktionskomitee Teil der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC), die weltweit eine gemeinsame Strategie verfolgt.

Der Handelskrieg, den die kapitalistischen Regierungen entfesseln und die Gewerkschaften im Namen der „Standortverteidigung“ unterstützen, richtet sich gegen die Arbeiter. Die Autoindustrie ist wie kaum eine andere global vernetzt. Von den erforderlichen Rohstoffen über die Liefer- und Produktionsketten bis zum Vertrieb arbeitet sie grenzübergreifend. Einzelne Teile und Komponenten überschreiten mehrfach Staatsgrenzen, bevor sie zum fertigen Auto zusammengebaut werden.

Die drei großen deutschen Hersteller, Volkswagen, BMW und Mercedes, haben 2023 nicht nur 750.000 Autos aus Europa in die USA exportiert, sondern auch 320.000 aus ihren amerikanischen Werken nach Europa. Nach China exportierten sie 350.000 Fahrzeuge aus Europa und 90.000 aus den USA. In China selbst produzierten sie fast 4,5 Millionen Fahrzeuge, von denen 27.000 in Europa und eine geringere Zahl in den USA verkauft wurden.

Die weltweite Arbeitsteilung ist ein mächtiger Faktor des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts. Sinnvoll eingesetzt kann sie den Reichtum der gesamten Menschheit heben und die großen gesellschaftlichen Probleme – Armut, Arbeitslosigkeit, Rückständigkeit, Umweltzerstörung – überwinden. Doch in den Händen der Kapitalisten ist sie ein Mittel der Plünderung und der Ausbeutung. Sie dient dazu, Löhne und Arbeitsbedingungen immer weiter nach unten und die Profite nach oben zu treiben.

Zölle und andere protektionistische Maßnahmen verhindern das nicht, sie schützen keine Arbeitsplätze. In den 1930er Jahren hielt die Politik des wirtschaftlichen Nationalismus die Weltwirtschaftskrise nicht auf, sondern verstärkte sie und trug maßgeblich dazu bei, die Welt in den Zweiten Weltkrieg zu stürzen.

Deshalb ist eine sozialistische Strategie erforderlich, um die Arbeitsplätze zu verteidigen. Die milliardenschweren Aktionäre müssen enteignet und Volkswagen unter die demokratische Kontrolle der Belegschaft gestellt werden. Die Bedürfnisse der Gesellschaft und der arbeitenden Bevölkerung müssen Vorrang vor der Profitinteressen der Porsches und Piëchs und der anderen Eigentümer haben. Die Aktionskomitees kämpfen nicht nur für die Macht der Arbeiter im Betrieb, sondern in der Gesellschaft insgesamt.

Alle im Bundestag vertretenen Parteien lehnen eine sozialistische Perspektive ab. Sie unterstützen Sozialabbau, Militarismus und die Kriegspolitik der Regierung. Die Sozialistische Gleichheitspartei beteiligt sich an der Bundestagswahl, um eine neue Arbeiterpartei aufzubauen, die als Teil des Internationalen Komitees der Vierten Internationale für eine internationale sozialistische Perspektive kämpft.

Um Kontakt zum Volkswagen Aktionskomitee aufzunehmen und an seiner Arbeit teilzunehmen, kontaktiert es über Whatsapp oder registriert euch direkt über das untenstehende Formular.

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