Am 16. Januar hat die University of Michigan die Vereinigung Students Allied for Freedom and Equality (SAFE) verboten. Die lokale Gruppe der landesweit aktiven pro-palästinensischen Studierendenorganisation Students for Justice in Palestine (SJP) verliert damit für zwei Jahre ihren Status als Verein (club status) und damit den Zugang zu Universitätseinrichtungen und das Recht, seine Ansichten auf dem Campus zu verbreiten. Es ist das erste Verbot einer alten Studierendenorganisation in der Geschichte der Universität.
Das Vorgehen gegen SAFE ist eine direkte Vergeltung für ihre friedlichen Proteste gegen den von den USA unterstützten Völkermord Israels an den Palästinensern in Gaza, die sie seit Oktober 2023 organisiert hat. SAFE hat an Kundgebungen und einem Protestcamp auf dem Campus sowie an einem Protest vor dem Haus eines Mitglieds des Kuratoriums teilgenommen, um zu fordern, dass die Universität ihre finanziellen Verbindungen zum zionistischen Regime abbricht.
Die Aberkennung des Status von SAFE als Studierendenorganisation ist Teil einer Welle von repressiven Maßnahmen gegen pro-palästinensische Studierende, Lehrkräfte und andere Personen an Hochschulen in den USA und der Welt unter dem betrügerischen Vorwand des Kampfs gegen Antisemitismus. Mindestens 70.000 Palästinenser, vorwiegend Frauen und Kinder, wurden von israelischen Truppen mit Bomben, Geschossen, Kampfflugzeugen und anderen Waffen getötet, die ihnen zuerst von der Biden-Regierung, mittlerweile vom faschistischen Präsidenten Donald Trump geliefert werden. Letzterer hat offen die Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen gefordert. Dazu kommen unzählige tausende Tote durch die Zerstörung von Wohnhäusern, Krankenhäusern und Schulen und das Vorenthalten von Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen in der Enklave durch Israel mit Unterstützung der USA.
Die Universität hat die Polizei geschickt, um die Demonstranten gegen den Völkermord anzugreifen und zu verhaften. Die demokratische Generalstaatsanwältin von Michigan, Dana Nessel, hat auf Drängen der Universitätsverwaltung und des Kuratoriums mindestens zehn Demonstranten wegen Straftaten angeklagt.
Die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) an der UM verurteilen das Verbot von SAFE und fordern die sofortige Aufhebung, damit SAFE weiterhin ungehindert als Studierendenorganisation auf dem Campus tätig sein kann. Die IYSSE fordern außerdem, dass die Anklagen gegen die Teilnehmer von Protesten gegen den Völkermord fallengelassen werden. Die IYSSE rufen alle Arbeiter, Studierenden und Jugendlichen an der UM und im ganzen Land auf, sich dem Angriff auf SAFE als Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung nach dem 1. Zusatzartikel der Verfassung zu widersetzen.
Am 31. Oktober reichte Stephanie Jackson, eine von der UM beauftragte externe Beraterin, im Namen der Universität eine Beschwerde über das Büro der UM Student Organization Advancement and Recognition (SOAR) ein. Darin warf sie SAFE vor, die Gruppe habe gegen die Verhaltensregeln für anerkannte Studierendenorganisationen des Center for Campus Involvement (CCI) verstoßen.
Die Beschwerde erwähnt eine Protestveranstaltung vor dem Haus von Sarah Hubbard, Mitglied des UM-Kuratoriums und der Republikanischen Partei, am 15. Mai, eine „Die-in“-Protestveranstaltung gegen den Völkermord in Gaza am 28. August während der jährlichen Festifall-Veranstaltung des UM-Studentenclubs und ein Büchertisch am 16. Oktober während der Open MiC (Michigan in Color) Night auf dem Campus-Diag (einer öffentlichen Grünfläche der Universität). Jackson behauptet in ihrer Beschwerde, dass die Beteiligung von SAFE am Festifall-Protest Studierende „bedroht und eingeschüchtert“ habe.
SAFE erklärten am 30. Januar auf ihrem Twitter/X-Account: „Letzte Woche hat die Umich [University of Michigan] das Urteil des Studentengerichts gekippt, laut dem SAFE für die meisten der haltlosen Vorwürfe der Universität gegen uns nicht verantwortlich ist, und die Verwaltung dringend aufgefordert wurde, SAFE nicht zu suspendieren.“
Gemäß den Richtlinien des SOAR kann die Central Student Judiciary (CSJ) als Führungsgremium der Studierenden für eine öffentliche Anhörung zu Beschwerden fungieren, die vom CCI-Büro an die CSJ verwiesen werden. Am 5. Dezember veranstaltete die CSJ eine öffentliche Anhörung, um die Behauptungen von Jackson und den SAFE-Copräsidenten Maryam Shafie sowie Mariam Odeh zu prüfen und zu untersuchen.
Laut der Empfehlung der CSJ vom 13. Dezember, auf die sich die Erklärung von SAFE bezieht, wurde SAFE verantwortlich gemacht für zwei von vier Verstößen auf dem Festifall, einem von zwei Verstößen bei der Open MiC Night und keinem der sieben Verstöße während der Protestveranstaltung vor Hubbards Haus.
Am 16. Januar gab Dekanin Laura Blake Jones die offizielle Entscheidung der Universität bekannt, wies die Empfehlung der CSJ zurück und verhängte das Verbot gegen SAFE. Kuratorin Sarah Hubbard veröffentlichte am 30. Januar eine Erklärung auf Twitter/X, in der sie das Verbot von SAFE zynisch befürwortete und den Maulkorb für die Organisation in orwellscher Weise als Verteidigung der akademischen Freiheit lobte: „Unsere Campus-Gemeinde muss frei von Hass, Intoleranz und Einschüchterung sein, damit akademische Freiheit und Vielfalt des Denkens aufblühen kann.“
Einen Tag vor dem Verbot von SAFE durch die UM hatte Generalstaatsanwältin Nessel Anklage gegen drei Teilnehmer des „Die-in“ während des Festifall auf der Diag im August erhoben. Die Anklagepunkte umfassen Widerstand gegen und Behinderung eines Polizeibeamten – eine Straftat – und Hausfriedensbruch – eine Ordnungswidrigkeit. Letztere kann mit bis zu 90 Tagen Haft geahndet werden, ersteres mit bis zu zwei Jahren.
Laut einem Bericht von MLive gehörte zu den Angeklagten u.a. Samantha Lewis, die im Jahr 2021 an der Organisierung der Proteste gegen Polizeibrutalität zusammen mit der Organisation Detroit Will Breathe beteiligt war, und die UM-Studentin Alice Elliott. Beide werden jeweils wegen Hausfriedensbruch und Widerstand gegen und Behinderung eines Polizeibeamten angeklagt. Der dritte Demonstrant, ein Absolvent der UM aus dem Jahr 2021, wird nur in einem Punkt wegen Hausfriedensbruch angeklagt.
Gegen Lewis läuft bereits ein Strafverfahren wegen Widerstands gegen und Behinderung eines Polizeibeamten, das von Nessels Dienststelle wegen ihrer Beteiligung an dem pro-palästinensischen Solidaritäts-Camp eingeleitet wurde, das letztes Frühjahr auf der UM-Diag errichtet und im Mai von der Polizei abgerissen worden war.
Am Mittwoch kündigte die Trump Regierung ein Dekret mit dem Titel „Zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus“ an, das zum Ziel hat, „alle verfügbaren und angemessenen juristischen Mittel zu nutzen, um die Verantwortlichen für rechtswidrige antisemitische Belästigung und Gewalt zu verfolgen, zu entfernen oder anderweitig zur Verantwortung zu ziehen“, und auf der falschen Gleichsetzung von Kritik an Israel mit Antisemitismus beruht.
Um die Universitäten direkt unter die Einflussbereich des Militär-, Geheimdienst- und Einwanderungs-Apparats zu bringen, weist das Dekret sie an, „in dieser Hinsicht relevante Aktivitäten von ausländischen Studierenden und Personal zu überwachen und zu melden sowie sicherzustellen, dass solche Berichte über Ausländer gegebenenfalls und im Einklang mit dem geltenden Recht zu Untersuchungen und, falls gerechtfertigt, zu Maßnahmen für die Abschiebung solcher Ausländer führen“. Damit ist gemeint, dass Studierende ohne US-Staatsbürgerschaft abgeschoben werden, wenn sie gegen den Völkermord an den Palästinensern demonstrieren.