Kundgebung in Sydney

Freiheit für Julian Assange

Die Socialist Equality Party organisierte am Sonntag eine Demonstration in Sydney und forderte die australische Regierung nachdrücklich auf, die Verfolgung von Julian Assange zu beenden und sofort darauf einzuwirken, dass die Freiheit des WikiLeaks-Herausgebers und australischen Staatsbürgers wiederhergestellt wird.

In den Wochen vor der Kundgebung hatten zahlreiche bekannte und unabhängige Journalisten, Künstler und Verteidiger demokratischer Rechte ihre Unterstützung für die Veranstaltung erklärt. Zu den Unterstützern gehörten die Filmemacher John Pilger und Curtis Levy, der Pink Floyd-Sänger und Bassist Roger Waters, der Bürgerrechtler Professor Stuart Rees, der Pulitzer-Preisträger und Journalist Chris Hedges, die Chefredakteurin von Disobedient Media Elizabeth Vos, der Chefredakteur von Consortium News Joe Lauria, Terry Hicks und Julians Mutter Christine Assange.

An der Veranstaltung nahmen etwa 300 Leute teil. Darunter Menschen, die WikiLeaks seit zehn Jahren unterstützen, sowie Studenten und Jugendliche, die erst vor Kurzem auf Assanges Schicksal aufmerksam wurde, weiterhin Arbeiter, Rentner und Akademiker.

Hunderte von Menschen im Rest der Welt verfolgten die Veranstaltung per Livestream auf Facebook. Weitere Hunderte registrierten sich auf Twitter und anderen sozialen Netzwerken als Unterstützer der Veranstaltung. Allerdings berichtete keine einziges australisches Leitmedium über die Demonstration.

In den kommenden Tagen wird die WSWS die Kundgebungsbeiträge vollständig als Texte und Videomitschnitte veröffentlichen, außerdem Interviews mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Den ersten Beitrag auf der Kundgebung hielt Linda Tennenbaum, ein langjähriges führendes Mitglied der Socialist Equality Party. Zu Beginn richtete sie „Solidaritätsgrüße und unsere Anerkennung an Julian Assange und alle Kämpfer für demokratische Rechte, bürgerliche Freiheiten, soziale Gleichheit, Frieden und Gerechtigkeit auf der ganzen Welt“ aus.

Sie verurteilte das Schweigen der Medien über die Gefahren, mit denen Assange konfrontiert ist, und über die Kundgebung: „Durch eure Teilnahme an dieser Kundgebung habt ihr auf deutliche Weise Stellung gegen die Mauer aus politischer und medialer Zensur in ganz Australien und der Welt bezogen, die errichtet wurde, um die Isolation Assanges von seinen Millionen Unterstützern zu verschärfen und ihn an der Fortsetzung seiner wichtigen Arbeit zu hindern.“

Der nationale Sekretär der australischen SEP James Cogan erklärte, die Kundgebung und die Unterstützung, die sie erhält, sei Ausdruck von zwei Prozessen:

„Zum einen ist sie Ausdruck der Tatsache, dass die Arbeiterklasse nach jahrzehntelanger Unterdrückung mit einem massiven Wiederaufleben des internationalen Klassenkampfs in Erscheinung tritt. Zum anderen verdeutlicht die Tatsache, dass diese Kundgebung von einer wirklich beeindruckenden Gruppe von Journalisten, Künstlern und Akademikern unterstützt wurde, dass sich die besten Elemente der Gesellschaft erneut der Arbeiterklasse zuwenden.“

Cogan sagte, Julian Assage „ist ein Kriegsgefangener des Klassenkampfs. Seine Verfolgung ist vor allem ein Angriff auf die Arbeiterklasse.“ Der nationale Sekretär der SEP verlas eine Nachricht von Christine Assange, in der sie den immer schlechteren Gesundheitszustand ihres Sohns nach fast sieben Jahren willkürlicher Gefangenschaft in der ecuadorianischen Botschaft in London schildert.

Cogan prangerte die zentrale Rolle der australischen Regierung bei der Kampagne gegen Assange an. Er sagte, dies sei ein Ergebnis ihrer Unterstützung für das Bündnis mit den USA und ihrer eigenen Hinwendung zu autoritären Herrschaftsformen.

Cogan: „Die australische Regierung wird erst handeln, um Julian Assange zu befreien, wenn die Kapitalistenklasse in diesem Land eine Massenbewegung der Arbeiterklasse, die seine Freiheit fordert, mehr fürchtet als eine Störung ihrer korrupten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten.“

Er kündigte an, die SEP werde dafür kämpfen, Assanges Verfolgung zu einem zentralen Thema in der diesjährigen australischen Parlamentswahl zu machen. Zuletzt sagte er: „Wir übermitteln Julian Assange heute eine eindeutige Botschaft, die er hört: Du bist nicht allein, du bist nicht verlassen, man hat dich nicht vergessen. Du wirst befreit.“

Als nächstes sprach der ehemalige Vorsitzende der Sydney Peace Foundation Professor Stuart Rees, der allgemein als Kämpfer für bürgerliche Freiheiten bekannt ist.

Rees stellte die Arbeit von Julian Assange und WikiLeaks in die Tradition des jahrhundertelangen Kampfs von regimekritischen Journalisten, Herausgebern und Whistleblowern, von Daniel Defoe und Thomas Paine im 18. Jahrhundert über Daniel Ellsberg, der in den 1970ern die Pentagon Papers veröffentlicht und damit US-Kriegsverbrechen in Vietnam aufgedeckt hatte, bis hin zu Chelsea Manning und Edward Snowden.

Er sagte, Assange sei ein „wichtiger internationaler Bürger, der für Wahrheit und Wahrhaftigkeit eingetreten ist“. Er rief alle Teilnehmer auf „weiter zu protestieren und weiter Assanges Rückkehr nach Hause zu fordern“.

Der Chefredakteur von Consortium News Joe Lauria war aus Thailand angereist, um bei der Protestveranstaltung zu sprechen. Er sagte, WikiLeaks und Julian Assange hätten „die Regierungen kritisiert und zwar mit deren eigenen Worten, die WikiLeaks der Geheimhaltung entrissen hat – mit Hilfe der Quellen, der Whistleblower. Mit anderen Worten, WikiLeaks hat die Arbeit erledigt, für die laut der amerikanischen Verfassung die Presse zuständig ist.“

Lauria verurteilte mit vernichtenden Worten die Mainstreampresse für ihre Unterstützung bei den Angriffen auf Assange. Er erklärte, die Medien dienten heute „fast immer den Herrschern und nicht den Beherrschten“.

Er sagte: „Heute können die traditionellen Medien umgangen werden. WikiLeaks verbreitet das Rohmaterial, das Regierungen zu Fall bringt, wenn es enthüllt wird. Deshalb fordern sie seinen Kopf. Sie gieren nach Rache und wollen weitere Leaks verhindern, die ihre Kontrolle über die Macht bedrohen.“

Als nächstes sprach Oscar Grenfell, der nationale Vorsitzende der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), der Jugendorganisation der SEP. Er sagte, Assange werde verfolgt, weil die herrschenden Eliten „wissen, wie viel er und WikiLeaks getan haben, um eine ganze Generation von Jugendlichen politisch zu bilden“.

Der Vertreter der IYSSE rief alle Studenten und Jugendlichen auf, sich am Kampf für Assanges Freiheit zu beteiligen. Er erklärte, dies sei das „entscheidende Element des Kampfs gegen die Versuche der Regierungen und der Wirtschaftselite, Meinungsfreiheit zu unterdrücken, kritische und alternative Medien zu zensieren und Jugendliche daran zu hindern, zu erfahren, was wirklich in der Welt passiert.“

Der letzte Redner war der weltbekannte Investigativjournalist John Pilger. Er schilderte in lebhaften Worten die orwellschen Bedingungen, die Assange in der ecuadorianischen Botschaft erleiden muss und berichtete über sein letztes Treffen mit dem WikiLeaks-Herausgeber an Silvester 2018.

Pilger beschrieb den Umfang der Enthüllungen von Kriegsverbrechen, diplomatischen Intrigen und Massenüberwachung der US-Regierung durch WikiLeaks und erklärte: „Das ist echter Journalismus, wie er heute als exotisch gilt: das Gegenteil von dem Vichy-Journalismus, der für die Feinde der Bevölkerung spricht. Diese Bezeichnung leitet sich ab von der Vichy-Regierung, die Frankreich im Auftrag der Nazis besetzt hat.“

Er sprach außerdem über die zentrale Rolle, die die vorherige Labor-Regierung unter Gillard bei den Angriffen auf Assange seit 2010 gespielt hatte. Mit besonderer Verachtung sprach er über das Lob, das die Koalitionspolitikerin Julia Bishop letzte Woche für die Ankündigung erhalten hatte, sie werde bei der nächsten Wahl nicht wieder antreten.

Pilger sagte, Bishop habe als Außenministerin die Forderungen zurückgewiesen, die Koalitionsregierung solle Assange verteidigen. Er sagte: „Die Erhebung einer politisch so primitiven Figur wie Bishop in den Stand einer prominenten Feministin zeigt uns, wie sehr die so genannte Identitätspolitik die grundlegende objektive Wahrheit zerstört hat, dass nicht das Geschlecht, sondern die Klassenzugehörigkeit das wichtigste Kriterium ist.“

Pilger warnte: „Die Verfolgung von Julian Assange richtet sich gegen uns alle: gegen unsere Unabhängigkeit, unsere Selbstachtung, unseren Intellekt, unsere Anteilnahme, unsere Politik, unsere Kultur.“ Er rief das Publikum auf: „Organisiert. Besetzt. Beharrt. Besteht. Macht Lärm. Werdet aktiv. Seid tapfer und bleibt tapfer. Widersetzt euch der Gedankenpolizei ... Wenn sich Julian Big Brother widersetzen kann, dann könnt ihr und können wir alle es auch.“

Tenenbaum beendete die Kundgebung mit dem Aufruf, so viele Teilnehmer wie möglich für die Demonstration an der Victorian State Library in Melbourne am Sonntag, dem 10. März um 13 Uhr, und für die Solidaritätsmahnwache zu mobilisieren, die das Julian Assange Defence Committee am 10. März von 15 bis 17 Uhr vor der ecuadorianischen Botschaft in London organisiert, in der Assange weiterhin faktisch als Gefangener sitzt.

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