Perspektive

G7-Gipfel stößt Drohungen gegen China und Russland aus

Am Sonntag endete der G7-Gipfel, zu dem die Staats- und Regierungschefs der reichsten Nationen der Welt (USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada) im englischen Cornwall zusammengekommen waren. Die G7-Mächte beschworen den „Multilateralismus“ und spielten die tiefen Differenzen herunter, die während der Präsidentschaft von Donald Trump, dem Vorgänger von Joe Biden, innerhalb der G7 entstanden waren. Das Einzige, worauf sie sich allerdings einigen konnten, war eine Abschlusserklärung, die einer Kriegsdrohung gegen China gleichkommt.

In dem 25-seitigen Kommuniqué wird die provokative Anschuldigung unterstützt, das Corona-Virus entstamme einem Labor in Wuhan. Es wird unterstellt, dass China die Herstellung des Virus geheim halten wollte und es entweichen ließ. Weiter wird dazu aufgerufen, „Ausbrüche [einer Pandemie] unbekannten Ursprungs zu untersuchen, zu melden und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wir fordern außerdem eine zeitnahe, transparente, von Experten geleitete und wissenschaftlich fundierte, von der Weltgesundheitsorganisation einberufene zweite Phase der Untersuchung über die Ursprünge von Covid-19, die unter anderem, wie im Expertenbericht empfohlen, in China stattfinden soll.“

Die Corona-Pandemie hat mittlerweile fast 4 Millionen Menschenleben gekostet. Weit über eine Million entfallen auf die G7-Staaten. Diese Zahlen basieren auf konservativen staatlichen Schätzungen. Die Zahl der Infizierten wird mit fast 176 Millionen angegeben. Die Forderung, China solle „reinen Tisch machen“, läuft vor diesem Hintergrund einfach darauf hinaus, einen Kriegsgrund gegen China zu fabrizieren. Doch damit nicht genug.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson, Mitte, mit (von links) Italiens Premierminister Mario Draghi, Australiens Premierminister Scott Morrison, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, Südkoreas Präsident Moon Jae-in, US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Japans Premierminister Yoshihide Suga und dem Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel während des G7-Gipfels in Cornwall, 12. Juni 2021. (Foto: Leon Neal/Pool via AP)

In Punkt 49 der Abschlusserklärung wird ein Handelskrieg zwischen den imperialistischen Mächten und Peking angedeutet. Unter Hinweis auf die „besondere Verantwortung der größten Länder und Volkswirtschaften für die Aufrechterhaltung des regelbasierten internationalen Systems und des Völkerrechts“ heißt es: „Im Hinblick auf China ... werden wir weiterhin über gemeinsame Ansätze beraten, um gegen nicht marktwirtschaftliche Politiken und Praktiken vorzugehen, die das faire und transparente Funktionieren der Weltwirtschaft untergraben.“

Die Erklärung schließt mit der Drohung, dass „wir für unsere Werte eintreten werden, auch indem wir China auffordern, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu respektieren, insbesondere in Bezug auf Xinjiang und jene Rechte, Freiheiten und das hohe Maß an Autonomie für Hongkong, die in der gemeinsamen chinesisch-britischen Erklärung und dem Grundgesetz verankert sind.“

Xinjiang ist die Heimat der uigurischen Bevölkerungsgruppe in China und Gegenstand der Vorwürfe von Washington und anderen Mächten, China verletze die Menschenrechte.

In Punkt 60 werden die Ambitionen der imperialistischen Mächte ausgesprochen, China direkt vor seiner Haustür militärisch zu bedrohen: „Wir bekräftigen die Bedeutung der Aufrechterhaltung eines freien und offenen Indo-Pazifikraums, der inklusiv ist und auf Rechtsstaatlichkeit beruht. Wir unterstreichen die Bedeutung von Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan und sprechen uns für eine friedliche Lösung der Probleme zwischen beiden Seiten der Straße aus. Wir sind weiterhin ernsthaft besorgt über die Lage im Ost- und Südchinesischen Meer und wenden uns entschieden gegen alle einseitigen Versuche, den Status quo zu verändern und die Spannungen zu erhöhen.“

Der militaristische Subtext solcher Äußerungen der „Besorgnis“ über Chinas angeblich „einseitige“ Schritte zur Festigung seiner Dominanz über die internationalen Schifffahrtsrouten wurde von US-Präsident Joe Biden und Großbritanniens Premierminister Boris Johnson offen zur Schau gestellt. Bei einem Fototermin posierten sie an einem Strand in Cornwall, an dem im Hintergrund der neue, 3 Milliarden Pfund teure britische Flugzeugträger, die HMS Prince of Wales, und andere Kriegsschiffe zu sehen waren. Der zweite britische Flugzeugträger dieser Klasse, die HMS Queen Elisabeth, gehört neben einem Zerstörer und Marinesoldaten der USA zu einem Flottenverband, der sich gegenwärtig auf dem Weg ins Südchinesische Meer befindet, um an Militärübungen teilzunehmen.

Darüber hinaus verpflichteten sich die G7, Chinas „One Belt One Road“-Initiative (OBOR), mit der das Land zahlreiche globale Infrastrukturprojekte zur Erleichterung des Handels in Angriff genommen hat, mit einem von den USA angeführten Entwicklungsprojekt namens „Build Back Better World“ (B3W) zu bekämpfen. Auch Russland wurde ins Visier genommen. In Punkt 51 heißt es: „Wir bekräftigen unseren Aufruf an Russland, sein destabilisierendes Verhalten und seine schädlichen Aktivitäten, darunter die Einmischung in die demokratischen Systeme anderer Länder, einzustellen.“ Russland wird aufgefordert, „militärische Truppen und militärisches Material von der Ostgrenze der Ukraine und der Halbinsel Krim“ abzuziehen. "Wir sind nach wie vor der festen Überzeugung, dass Russland in der Ostukraine Konfliktpartei und nicht Vermittler ist.“

Biden verkündete bei der Ankunft auf dem Gipfel, dass Amerika „zurück“ sei. Für die Weltbevölkerung bedeutet dies eine Verschärfung der Kriegsgefahr. Wie Biden den am britischen Militärflughafen RAF Mildenhall stationierten US-Truppen mitteilte, habe Amerika „die wahrhaft heilige Pflicht“, seine Streitkräfte „vorzubereiten und auszurüsten“. Letzten Monat veröffentlichte die Biden-Administration ihren Haushaltsentwurf für das kommende Jahr, in dessen Mittelpunkt ein Rekord-Militärbudget von 753 Milliarden Dollar steht. Davon sind 24,7 Milliarden Dollar für die Modernisierung der Atomwaffen vorgesehen.

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben ebenfalls ihre Militärausgaben erhöht, wobei die Regierung Johnson ihren Bestand an Atomsprengköpfen um sage und schreibe 40 Prozent aufgestockt hat.

Besonders klar trat die Aufrüstung vor dem Hintergrund hervor, dass sich der Gipfel rundweg weigerte, etwas zu tun, um die eskalierende Bedrohung durch die Pandemie ernsthaft zu bekämpfen. Während die G7-Regierungen eifrig die Lüge verbreiten, dass das Virus aus einem chinesischen Labor stamme, lassen sie weiterhin zu, dass sich die tödlicheren Varianten unkontrolliert ausbreiten. Gleichzeitig schleusen sie die Ressourcen der Welt auf die Bankkonten der Oligarchen und transnationalen Konzerne.

Die Kosten für die Impfung der Weltbevölkerung werden auf 66 Milliarden Dollar beziffert. Diesen Betrag wollen die reichsten Nationen der Welt nicht aufbringen. Die G7 konnten sich nur dazu durchringen, einen winzigen Bruchteil der benötigten Impfstoffe zu spenden. Eine Milliarde Dosen werden zur Verfügung gestellt, aber der Großteil wird erst Ende 2022 ausgeteilt, und es fehlt an der Infrastruktur, die für die Impfungen notwendig ist. Die zugesagte Menge entspricht weniger als 10 Prozent der 11 Milliarden Dosen, die zur weltweiten Bekämpfung der Pandemie dringend benötigt würden. Und selbst dieses medienwirksam inszenierte Versprechen ist eine Lüge. Das Angebot der USA, 500 Millionen Dosen des Impfstoffs von Pfizer/BioNTech zu spenden, ist ein Ersatz für die 2 Milliarden Dollar, die sie für das globale Impfprogramm COVAX zugesagt hatten. Der finanzielle Beitrag der USA beläuft sich insgesamt auf nur 5,5 Milliarden Dollar – weniger als ein Prozent ihres Militärbudgets.

Nichts darf die Anhäufung von Profiten durch die großen Konzerne beeinträchtigen. Angesichts der wachsenden Abscheu der Bevölkerung gegen die Superreichen, die sich während der Pandemie durch die milliardenschweren Rettungsaktionen für Unternehmen die Taschen vollstopfen, gaben die G7 ein bedeutungsloses Versprechen ab, in unbestimmter Zukunft „eine ehrgeizige globale Mindeststeuer“ für Konzerne einzuführen. Aber in der Abschlusserklärung werden die Betroffenen beruhigt, dass diese im Endeffekt nicht höher ausfallen werde als „ein nationaler Steuersatz von 15 Prozent“.

Das Gipfeltreffen wurde als Rückkehr zur Normalität bezeichnet, nachdem die Beziehungen zwischen den Großmächten während der Präsidentschaft von Donald Trump zerrüttet worden waren. Doch es war selbst von wachsenden Spannungen zwischen den imperialistischen Mächten geprägt. Ein Beispiel ist der Streit zwischen Großbritannien und der Europäischen Union über ein Handelsabkommen nach dem Brexit.

Biden bemühte sich nach Kräften, die mit den USA rivalisierenden Mächte auf Linie zu zwingen. Dennoch betonten die Kommentatoren am Ende des Gipfels, dass Trumps Abgang weder die amerikanisch-europäischen Beziehungen grundlegend verbessert noch die innenpolitische Krise in den Vereinigten Staaten behoben hat. Die Tiefe dieser Krise lässt sich daran ermessen, dass Trump am 6. Januar einen Putschversuch unternommen hat, um durch eine Besetzung des US-Kapitols die Bestätigung von Bidens Wahlsieg zu verhindern.

Mehrere Beobachter merkten an, dass Biden 82 Jahre alt sein wird, wenn er bei der nächsten Wahl 2024 antritt, und damit rasch auf das Ende seiner politischen Karriere zusteuert. Der ehemalige EU-Botschafter in Washington David O‘Sullivan fragte: „Ist dies ein Interregnum zwischen Trump 1.0 und Trump 2.0? Niemand weiß es ... Meiner Meinung nach sind die meisten Leute der Ansicht, dass wir mit dieser Regierung die Gelegenheit ergreifen sollten, die Beziehungen[zwischen den G7] zu stärken. Ich hoffe, dass dies über die Zwischenwahlen und über 2024 hinaus Bestand hat.“

Die grundlegende Frage, die sich aus dem G7-Gipfel ergibt, lautet: Wie soll der wachsenden Kriegsgefahr, der drohenden Pandemie und der zunehmenden sozialen Katastrophe begegnet werden?

In den letzten Jahrzehnten haben dieselben Faktoren, die die imperialistischen Mächte in den Konflikt und zum Krieg treiben, die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich eine Opposition der Arbeiterklasse entwickeln kann.

In einem Leitartikel der WSWS vom 7. Juni analysierte David North die „Globalisierung des Kapitalismus und den erneuten Aufschwung der Arbeiterklasse“: „Es gibt so etwas wie die Rache der Geschichte. Bei all den Verbrechen des Kapitalismus gegen die Arbeiterklasse in den letzten 40 Jahren hat die herrschende Klasse in ihrem Eifer, die Arbeiterklasse anzugreifen und sich selbst zu bereichern, etwas übersehen: die Ausweitung und Integration des kapitalistischen Produktionssystems. Das bedeutendste und revolutionärste Ergebnis dieses Prozesses – angetrieben durch die beeindruckenden Fortschritte von Wissenschaft und Technologie – ist das massive Wachstum der globalen Arbeiterklasse.“

Diese gigantische soziale Kraft muss mobilisiert werden. Der Weg dazu ist der Aufbau des Internationalen Komitees auf der Grundlage einer revolutionären sozialistischen Perspektive gegen soziale Reaktion, Militarismus und Krieg.

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