Nato-Mächte liefern Panzer an die Ukraine

Die Ankündigung der USA, Frankreichs und Deutschlands, der Ukraine mehr als 100 Panzer und andere gepanzerte Kettenfahrzeuge zu liefern, wird den Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland deutlich verschärfen.

Der französische Präsident Macron erklärte am Mittwoch: „Bis zum Sieg, bis der Frieden nach Europa zurückkehrt, werden wir mit unserer Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen. Ich habe Präsident Selenskyj bestätigt, dass Frankreich leichte Kampfpanzer liefern wird.“

Amerikanische Soldaten in einem Bradley-Schützenpanzer während einer gemeinsamen Übung mit den Syrischen Demokratischen Kräften nahe Deir Ezzor im Nordosten Syriens am 8. Dezember 2021 [AP Photo/Baderkhan Ahmad]

Macron kündigte die Lieferung des Panzers AMX-10 RC an. Ein Berater des Präsidenten erklärte gegenüber France 24, es sei „das erste Mal, dass Panzer westlicher Bauart an die ukrainischen Streitkräfte geliefert werden“.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte Frankreich für seine „Entscheidung, der Ukraine leichte Panzer und gepanzerte Fahrzeuge des Typs Bastion APC zu liefern“.

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Einen Tag später kündigten US-Präsident Joe Biden und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von Bradley- und Marder-Schützenpanzern sowie einer zweiten Patriot-Raketenbatterie an. Bidens Ankündigung war Teil einer Waffenlieferung im Wert von drei Milliarden Dollar und damit einer der bisher größten in dem Krieg.

Politico schrieb dazu: „Endlich bekommt die Ukraine westliche Panzer.“

Die Ankündigungen der Nato-Verbündeten machen deutlich, dass Selenskyjs Besuch in Washington im letzten Monat der Auftakt zu einer massiven Eskalation des Krieges war. Zeitgleich mit Selenskyjs Besuch kündigte das Weiße Haus die Lieferung des Patriot-Raketensystems an die Ukraine an – das bis dahin modernste System, das für den Krieg gegen Russland zur Verfügung gestellt wurde.

In den folgenden Tagen führte die Ukraine eine Reihe von Angriffen auf russisches Staatsgebiet durch, deren Höhepunkt der Angriff mit den von den USA gelieferten HIMARS-Raketen am Neujahrstag war. Laut ukrainischen Angaben wurden dabei Hunderte von russischen Soldaten getötet.

Der ehemalige Alliierte Oberkommandierende in Europa, Ben Hodges, gab indirekt zu, dass die Lieferung von Panzern und Patriot-Raketen hochgradig provokant ist und schwerwiegende Folgen haben könnte: „Das ist der nächste Schritt der Regierung, etwas zur Verfügung zu stellen, wogegen sie sich in der Vergangenheit gesträubt hat.“

Im März hatte Biden erklärt: „Die Vorstellung, dass wir Offensivwaffen schicken, Flugzeuge und Panzer und Züge mit amerikanischen Piloten und amerikanischen Besatzungen, verstehen Sie, täuschen Sie sich nicht, egal was Sie alle sagen, das wäre der Dritte Weltkrieg.“

Im Juni hatte sich Macron ähnlich geäußert: „Wir treten nicht in den Krieg ein... Deswegen haben wir beschlossen, bestimmte Waffen nicht zu liefern. Dazu gehören Kampfflugzeuge und Panzer, und Präsident Selenskyj ist sich dieser Entscheidung bewusst.“

Der Economist schrieb zu der Ankündigung: „Die französische Ankündigung unterstreicht auch, wie weit sich die roten Linien des Westens, einschließlich derjenigen von Herrn Macron, seit dem letzten Frühjahr verschoben haben: Sie warnen nicht mehr vor der Lieferung von Angriffswaffen, sondern liefern Kapazitäten, die der Ukraine bei ihren Gegenoffensiven helfen werden.“

Die Washington Post kam unter Berufung auf einen Vertreter des Weißen Hauses zu dem Schluss:

Ein hochrangiger Vertreter der Regierung erklärte, die USA gehen davon aus, dass „in absehbarer Zukunft ...die Kämpfe in dieser Weise weitergehen“. Außerdem sei es kaum wahrscheinlich, dass die Kämpfe in den Wintermonaten nachlassen werden. Statt wie bisher nur kleine Einheiten in der Benutzung bestimmter Waffensysteme auszubilden, ziehen die Nato-Verbündeten jetzt Tausende von ukrainischen Soldaten von der Front ab, um sie in Europa für Manöver mit kombinierten Waffen zu trainieren.

Letzten Monat kündigte das Pentagon an, es werde sein Ausbildungsprogramm ukrainischer Truppen in einer US-Basis in Deutschland so stark ausweiten, dass ein ganzes Bataillon von 500 Soldaten gleichzeitig ausgebildet werden kann. Bemerkenswerterweise werden die Soldaten in sogenannten „Operationen der verbundenen Waffen“ ausgebildet, bei denen Panzer, Truppen, Luftstreitkräfte und Artillerie gleichzeitig eingesetzt werden.

Hodges vertiefte dieses Thema in einem Interview mit Politico:

„Ein großer Teil der Kriegführung mit verbundenen Waffen besteht darin, dass man geschützte Infanterie hat, die sich neben Panzern bewegen und mit den Panzern Schritt halten kann. Darum geht es beim Gefecht der verbundenen Waffen: Infanterie, Panzer, Artillerie... Wenn die Infanterie sich mit ihnen bewegt, ist das viel tödlicher.“

Entscheidend ist jedoch, dass die Entsendung leichter Panzer und Schützenpanzer in die Ukraine vermutlich nur das Vorspiel für die Lieferung von Kampfpanzern sein wird. Politico schrieb unter Bezug auf „zwei US-Regierungsvertreter“, die USA würden auch die Lieferung von Kampfpanzern wie dem M1 Abrams an die Ukraine erwägen.

Hodges forderte: „Lasst die Ukraine 100 Panzerfahrer auswählen, die erfahrene Panzermechaniker sind, und sie nach Polen schicken, wo die USA Abrams-Panzer haben, oder nach Fort Benning (Georgia) zur Panzerschule, und lasst sie jetzt mit dem Lernen beginnen.“

Diese Äußerungen machen deutlich, was die Ankündigungen der Nato diese Woche im Kern bedeuten. Die USA bauen ihre Stellvertreter-Söldnertruppe in der Ukraine zu einer vollwertigen Landstreitmacht auf, die von den Nato-Verbündeten finanziert, bewaffnet, geführt und ausgebildet wird und die modernsten Waffensysteme der Welt einsetzt.

Das Ziel dieser massiven Aufrüstung wird nicht nur die Rückeroberung der Gebiete sein, die die Ukraine im derzeitigen Krieg verloren hat, sondern die Rückeroberung des gesamten Donbas und der Krim.

Diese Entwicklungen unterstreichen die Warnungen der World Socialist Web Site in ihrer Neujahrserklärung „2023: Die globale kapitalistische Krise und die wachsende Offensive der internationalen Arbeiterklasse“. Die WSWS warnte: „Der Krieg von USA und Nato gegen Russland ist ein Meilenstein auf dem Weg zum dritten Weltkrieg.“

Weiter heißt es: „Eine der reaktionärsten Folgen des Stellvertreterkriegs in der Ukraine besteht darin, dass Atomwaffen als legitimes Instrument zur Austragung geopolitischer Konflikte normalisiert werden. Die ständigen Beteuerungen, die Nato-Mächte würden sich durch den möglichen Einsatz von Atomwaffen nicht ‚abschrecken‘ lassen, können nur bedeuten, dass sie entschlossen sind, den Krieg bis zum vollständigen Sieg über Russland und zu gegebener Zeit auch über China fortzusetzen, selbst wenn damit das Leben von Milliarden Menschen aufs Spiel gesetzt wird.“

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