Die letzten 20 Tage waren die heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen

Vom 3. bis zum 22. Juli gab es die 20 heißesten Tage in Folge, die je in der Geschichte der Menschheit verzeichnet wurden. Nach vorläufigen Daten der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) liegt die globale Durchschnittstemperatur (d.h. die Temperatur auf der gesamten Erdoberfläche gemittelt über 24 Stunden) seit dem 3. Juli über dem bisherigen Höchstwert von 16,92 Grad Celsius, der im August 2016 gemessen wurde.

In mehreren Regionen wurden zeitgleich Temperaturrekorde aufgestellt. In Griechenland, Italien und Spanien gab es neue Rekordtemperaturen von 45 Grad. In der tunesischen Hauptstadt Tunis wurden bis zu 49 Grad gemessen, in Algerien bis zu 51 Grad. In einem Großteil der Mittelmeerregion liegen die Temperaturen um fünf Grad über dem Normalwert.

In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona lagen die Temperaturen 21 Tage lang bei über 43 Grad und in den letzten 70 Tagen über 32 Grad. An Teilen der US-Grenze zu Mexiko, wo täglich Tausende von Migranten Zuflucht in den USA suchen, sind die Temperaturen auf über 50 Grad gestiegen. Mindestens 167 Menschen sind in Mexiko durch die Hitzewelle gestorben. Dazu kommt eine unbekannte Zahl von Flüchtlingen, die in der sengenden Wüste dem Tod überlassen wurden, da ihnen die amerikanischen Zoll- und Einwanderungsbehörden die Einreise in die USA verweigerten.

Digitale Anzeigetafel in der Innenstadt von Phoenix (Arizona) am Montag, dem 17. Juli 2023, mit inoffizielle Temperaturangabe (109 Grad Fahrenheit sind 42,8 Grad Celsius) [AP Photo/Matt York]

Die zwei wichtigsten Faktoren für die derzeitige globale Hitzewelle sind das Einsetzen von El Niño, einem halbregulären Wettermuster, das den Pazifik aufwärmt, und die Bildung von vier so genannten Hitzedomen. Bei letzteren handelt es sich um Hochdruckgebiete, die gleichzeitig die Wärme über einer Region festhalten und den Zustrom kühlerer Luft verhindern.

Die gleichzeitigen weltweiten Hitzewellen sind eine direkte Folge der Erderwärmung. Die unkontrollierte Freisetzung von Treibhausgasen, hauptsächlich Kohlendioxid und Methan, in die Atmosphäre durch die kapitalistische Industrie fängt immer mehr Sonnenenergie ein, wodurch die Temperaturen weltweit steigen, und regional extreme Wetterlagen entstehen. Dies reicht von längeren und heftigeren Hitzewellen, Flächenbränden und Dürren über immer stärkere Hurrikans bis zum anderen Extrem immer kälterer Polarwirbel und sintflutartiger Überschwemmungen.

Die anhaltende Hitzewelle in Südasien, die im April und Mai ihren Höhepunkt erreichte, ist für die großen Gefahren durch den Klimawandel beispielhaft. In der Vergangenheit hatte man die starke Hitze, die in Thailand zu Temperaturen über 50 Grad geführt und in Indien an einem einzigen Tag 13 Todesopfer gefordert hatte, als Ereignis bezeichnet, das „einmal in 200 Jahren“ auftritt. Heute liegt die Wahrscheinlichkeit, dass solche Ereignisse jedes Jahr vorkommen, 30-mal höher als vor dem globalen Temperaturanstieg. Und wenn die Temperaturen weiter so ansteigen wie bisher, könnte es in Südasien alle zwei Jahre zu solchen Hitzewellen kommen.

Hitzewellen gehören zu den tödlichsten Extremwetter-Ereignissen. Jedes Jahr sterben weltweit zehntausende Menschen an Dehydrierung und Hitzeschlag. Extrem trockene Luft kann die Schweißbildung auf der Haut verhindern, und damit einen der wichtigsten Kühlmechanismen des menschlichen Körpers außer Kraft setzen. Extreme Luftfeuchtigkeit kann verhindern, dass die Wärme richtig abgestrahlt wird. Und beides ist besonders tödlich für Menschen, die auf dem Bau, in der Landwirtschaft und anderen Bereichen im Freien arbeiten, falls ihre Arbeitgeber ihnen nicht ausreichend Pausen, Schatten und Wasser zur Verfügung stellen. All diese Dinge schmälern die Profite der Unternehmer, sind jedoch während der Arbeit bei hohen Temperaturen lebenswichtig.

Die Gefahren des Ausstoßes von immer mehr Treibhausgasen in die Atmosphäre sind seit mehr als 100 Jahren bekannt. Aber die kapitalistischen Regierungen der Welt haben sich als völlig unfähig erwiesen, die Krise zu lösen. Es ist nicht etwa so, dass die herrschenden Eliten die Krise nicht erkennen würden – obwohl es natürlich in allen Ländern jene besonderen rechten Elemente gibt, die den Klimawandel leugnen. Die Erderwärmung als grundlegend internationales Problem kann jedoch nicht im Rahmen des Systems rivalisierender kapitalistischer Nationalstaaten gelöst werden.

Beispielhaft für diesen Widerspruch war der jüngste Besuch des US-Sondergesandten für Klimafragen, John Kerry, in China, der die Wiederaufnahme der Klimaverhandlungen zwischen den beiden Ländern in die Wege leiten sollte. Kerry traf sich letzte Woche drei Tage lang mit seinem chinesischen Amtskollegen Xie Zhenhua, inmitten einer der schwersten globalen Hitzewellen seit Beginn der Aufzeichnungen. Aber sie konnten keine konkreten Ergebnisse zur Bewältigung der Krise vorlegen. Kerry beschränkte sich bestenfalls darauf, die Gespräche als „produktiv“ zu bezeichnen.

Produktiv in welcher Hinsicht?

Diese Gespräche waren die ersten solchen zwischen den beiden Ländern seit einem Jahr. Die Unterbrechung war eine Folge des Besuchs der damaligen Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan im Jahr 2022. Dieser Besuch hat die Ein-China-Politik, an die sich die USA bis zur Trump-Regierung gehalten hatten, weiter untergraben und den taiwanesischen Separatismus gefördert. Er sollte China zu einer konfrontativen militärischen Reaktion provozieren. Da chinesische Regierungsvertreter wiederholt gewarnt hatten, sie würden Pelosis Reise „stoppen“, wurde sie  – um zu beweisen, dass sie in der Lage ist, nach Taiwan zu reisen – von einer kompletten US-Flugzeugträger-Kampfgruppe begleitet. Diese Provokation hätte zu einem Weltkrieg mit einer Atommacht führen können.

Seither trommeln führende US-Generäle für einen Krieg im Pazifik. Air Force-General Michael Minihan hat sogar behauptet, die USA würden sich bis 2025 im Krieg mit China um Taiwan befinden. Unter solchen Bedingungen ist jede Rede von einer Kooperation zwischen den USA und China in der Frage der globalen Klimakrise nur Geschwätz.

Bei den Diskussionen zwischen Kerry und Xie ging es auch um rivalisierende wirtschaftliche Interessen. Die USA beharren seit langem darauf, dass China den Verbrauch von Kohle verringern müsse, der einen Großteil des chinesischen Wachstums in den letzten Jahrzehnten ermöglicht hat. China hingegen fordert, dass sich die Zielvorgaben zur Verringerung von Emissionen auf kumulierte historische Emissionen konzentrieren müssten, was sich besonders gegen die Treibhausgas-Emissionen von Ländern richten würde, die in früherer Zeit industrialisiert wurden, d.h. Länder in Europa und Nordamerika.

Mit anderen Worten, das Hauptaugenmerk bei den Gesprächen liegt nicht auf der Bekämpfung der globalen Erwärmung durch die beiden Länder, welche die meisten Treibhausgase ausstoßen. Vielmehr geht es darum, die anhaltende und ausufernde Klimakrise als weiteres Druckmittel für geopolitische Manöver zu benutzen. Diese schüren die Gefahr eines von Washington angezettelten Kriegs gegen China.

Aufgrund dieser objektiven Widersprüche darf man nicht auf Vereinbarungen zwischen den verschiedenen kapitalistischen Mächten setzen. Und noch viel weniger ist auf nationale „Green New Deals“ in den USA oder anderswo zu hoffen.

Die Erderwärmung ist ein grundlegend internationales Problem, das die Mobilisierung der einzigen grundlegend internationalen gesellschaftlichen Kraft erfordert: der Arbeiterklasse. Die Lösung muss nicht nur wissenschaftlich, sondern auch politisch sein: durch den Sturz der sozialen Ordnung, die für die enorme ökologische Zerstörung verantwortlich ist, mit welcher die Menschheit jetzt konfrontiert ist: den Kapitalismus mit seinem Profitstreben.

Der Kapitalismus muss durch eine höherwertige Gesellschaft auf der Grundlage von rationaler Planung und einer wissenschaftlichen Umstrukturierung der Weltwirtschaft ersetzt werden. Nur auf sozialistischer Basis wird es möglich sein, alle menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen.

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