Glenn Greenwald verharmlost faschistische Mordpläne gegen Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer

Bewaffnete faschistische Demonstranten nahe dem Kapitol von Michigan in Lansing im April 2020 (AP Photo/Paul Sancya)

Am 16. Juli schilderte die Website BuzzFeed News in einem Artikel, wie das FBI die faschistische Milizorganisation Wolverine Watchmen infiltriert hat, die letzten Herbst die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, entführen und ermorden wollte. Der Artikel zeigt, dass das FBI Undercover-Agenten und Informanten in der Gruppe hatte. Die Informanten haben Treffen ermöglicht, Beziehungen aufgebaut und den Verschwörern bei der Organisierung von paramilitärischem Training geholfen .

Rechtsextreme Trump-Anhänger und der libertäre Journalist Glenn Greenwald haben diese Enthüllung zum Anlass genommen, Trump sowohl von der Verantwortung für das Komplott in Michigan als auch von dem Putschversuch am 6. Januar freizusprechen und allgemein die faschistische Bedrohung zu verharmlosen.

Tatsächlich unterstützt die Tatsache, dass mindestens ein Dutzend Informanten und Undercover-Agenten eine Rolle in den Mordplänen gegen Whitmer gespielt haben, keineswegs die Behauptung, die Gefahr einer faschistischen Diktatur in den USA werde übertrieben. Vielmehr ist sie eine Warnung vor den engen Beziehungen zwischen dem Staat und rechtsextremen Milizgruppen wie den Oath Keepers, den Proud Boys und den Three Percenters, die allesamt an dem Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar beteiligt waren.

Am 24. Juli schrieb Greenwald eine Kolumne mit dem Titel „FBI benutzt die gleiche Taktik der Angstmache wie im ersten Krieg gegen den Terror: Es orchestriert seine eigenen Terrorpläne“. Er schrieb unter Berufung auf den BuzzFeed-Artikel: „Die Mainstreammedien haben die Idee, die Rolle des FBI am 6. Januar zu untersuchen, als wahnsinnig abgetan. Doch eine solche Reaktion konnte nur durch Unwissenheit über das FBI oder Täuschungsabsicht hervorgerufen werden.“

Er fügte hinzu: „Die Idee, Gouverneurin Whitmer zu entführen, kam vom FBI. Das Komplott wurde vom FBI geplant, und dann suchten sie Leute, von denen sie glaubten, sie könnten sie manipulieren, damit sie daran teilnehmen.“

Greenwald führt an, dass Informanten und Undercover-Agenten des FBI nach dem 11. September 2001 desorientierte junge Muslime angelockt und für angebliche Terrorkomplotte eingespannt haben. Daraus zieht er den Schluss, dass die Verschwörer in Michigan ebenfalls Opfer staatlicher Provokationen waren und juristisch freigesprochen und aus der Haft entlassen werden sollten.

Wenn er eine faschistische Verschwörung mit den halbgaren Plänen verwirrter junger Muslime gleichsetzt, übergeht er den wichtigsten Unterschied: Die Drohungen gegen Whitmer kamen vom Präsidenten der USA selbst. Dieser handelte im Auftrag mächtiger Teile des Großkapitals, die die Aufhebung aller pandemiebedingten Einschränkungen für die Wirtschaft forderten. Wenn Greenwald Faschisten verteidigt, die er bei seinen Auftritten in Fox News mit Tucker Carlson und Maria Bartiromo regelmäßig zitiert, ignoriert er den gesamten Kontext des Komplotts in Michigan und des Sturms auf das US-Kapitol.

Bei der Verschwörung gegen Whitmer erklärten Angehörige der Miliz Wolverine Watchmen bereits Monate vor der Infiltration der Gruppe durch das FBI in Chats und durch Memes ihr Verlangen, „kommunistische Tyrannen“ und Polizeibeamte zu ermorden. Tatsächlich sind keine Beweise dafür aufgetaucht, dass das FBI oder seine Komplizen die angeklagten Milizangehörigen dazu angestiftet hätten, am Sturm auf das Kapitol in Lansing am 30. April 2020 teilzunehmen. Trump hatte seine faschistischen Unterstützer aufgerufen, Michigan von Whitmer zu „befreien“ und sie immer wieder als „Tyrannin“ beschimpft.

Greenwald behauptet, weil das FBI von dem Komplott gewusst und es offensichtlich unterstützt habe, gebe es keinen Grund zur Besorgnis. Dabei ignoriert er, dass die Bundespolizei seit langem rechtsextreme Elemente dazu ermutigt, Morde und Anschläge durchzuführen, um die Arbeiterklasse einzuschüchtern und die Politik der herrschenden Elite umzusetzen.

Eines der bekannteren Beispiele dafür, wie das FBI in den 1960er Jahren brutale Angriffe auf Bürgerrechtsaktivisten ermöglicht und kontrolliert hat, ist der Fall von Gary Thomas Rowe Jr., einem Mitglied der Eastview Klavern #13 des Ku-Klux-Klans und bezahlter FBI-Informant.

Als Informant des FBI arbeitete Rowe eng mit der lokalen Polizei und Bull Connor, dem Kommissar für öffentliche Sicherheit von Birmingham, einem berüchtigten Rassisten, zusammen. 1961 half er bei der Planung und Ausführung eines gewaltsamen Angriffs auf die Freedom Riders. Rowe soll auch an dem Bombenanschlag auf die 16th Street Baptist Church in Birmingham beteiligt gewesen sein, bei dem vier junge Afroamerikanerinnen getötet wurden. Außerdem befand er sich 1965 in dem Fahrzeug, das an dem Drive-By-Mord an Viola Liuzzo beteiligt war.

Dokumente, die in den Jahren 2017 und 2018 im Rahmen des JFK Records Act veröffentlicht wurden, haben als weiteres Beispiel gezeigt, dass die Behörde George Dorsett, einem „Imperial Kludd“ oder nationalen Kaplan der United Klans of America, über elf Jahre 26.266,01 Dollar (nach heutigem Geldwert inflationsbereinigt 200.000 Dollar) gezahlt hat. Dargan Frierson, Dorsetts Kontaktmann beim FBI, bezeichnete ihn 1990 in einem Vortrag über das Archivprojekt der UNC Greensboro, Civil Rights Greensboro, als „großartigen Redner“, der „ein Publikum wirklich zum Toben bringen kann“.

Im Jahr 1979 waren die beiden Informanten Edward Dawson, ein Ku-Klux-Klan-Mitglied, und der Neonazi Bernard Butkovich an dem tödlichen Angriff auf Maoisten beteiligt, die an einer Kundgebung gegen den Klan teilnahmen. Bei dem Angriff wurden fünf Maoisten getötet.

Es ist eine historische Tatsache, dass kapitalistische Regierungen auf der ganzen Welt immer wieder rechtsextreme Informanten und Agent Provocateurs benutzen, um ihre politischen Ziele durchzusetzen und den Klassenkampf zu unterdrücken. Die World Socialist Web Site hat umfassend über die Infiltration der deutschen Polizei und Geheimdienste durch Faschisten, und über die Rolle staatlicher Geheimdienste innerhalb faschistischer Bewegungen berichtet. Die Beziehung zwischen dem Staat und faschistischen Gruppen ist eng und symbiotisch.

Ein aktuelleres Beispiel ist der Tod von Aaron Danielson, einem Trump-Anhänger und Mitglied der Gruppe Patriot Prayer, in Portland im letzten August. Nach seinem Tod konzentrierte sich der US-Polizeistaat völlig auf den Antifa-Aktivisten Michael Reinoehl, der eine Woche später von einer Taskforce für die Jagd auf flüchtige Personen getötet wurde. Nur wenige Tage zuvor hatte Reinoehl gegenüber Vice News erklärt: „Sie jagen mich.“ Der Mord wurde von Trump persönlich angeordnet, der die Polizei aufforderte: „Machen Sie ihren Job, und beeilen Sie sich. Jeder weiß, wer dieser Verbrecher ist.“

Während die kapitalistischen Polizei- und Geheimdienstbehörden rechtsextremen Milizen mehr als bereitwillig Geld und Transportmittel anbieten, wenn sie Morde begehen oder zu terroristischer Gewalt aufrufen, verfolgt das FBI bei Antikriegs-, sozialistischen und linken Gruppen einen völlig anderen Kurs. Martin Luther King Jr. wurde lange Zeit vom FBI überwacht und schließlich 1968 in Memphis (Tennessee) ermordet. Der Führer der Black Panthers, Fred Hampton, wurde 1969 in Chicago mit Hilfe eines Polizeiinformanten ermordet.

Greenwald berücksichtigt nichts davon in seinen Erwägungen. Am 7. Januar verharmloste er den Putschversuch in einer Kolumne mit dem Titel „Gewalt im Kapitol hat gefährliches Nachspiel“.

Darin beklagt Greenwald, dass Trumps Social-Media-Accounts abgeschaltet wurden. Angestellte von Twitter und Facebook hatten Maßnahmen gefordert, um die anhaltenden Versuche des Möchtegern-Führers zu unterbinden, zu faschistischer Gewalt und zum Sturz der Regierung aufzurufen. Greenwald mahnt zu „rationaler Zurückhaltung“ und „nüchterner Sprache“ bei der Beschreibung des faschistischen Putschversuchs und erklärt, die Worte „Aufstand“, „Putsch“ und „Aufwiegelung“ seien übertrieben.

Er ignoriert die kontinuierlichen Enthüllungen, die die Tatsache bestätigen, dass Elemente des Staats die Verteidigung des Kapitols bewusst sabotiert haben. Ein Beispiel ist die Notfalleinheit der US Capitol Police, die von ehemaligen Soldaten der US-Spezialkräfte mit Affinität zu Adolf Hitler ausgebildet wurden. Sie weigerten sich, während des Angriffs „weniger tödliche“ Munition zu verteilen oder einzusetzen. Greenwald behauptet, es habe „nicht die geringste Chance“ gegeben, dass die US-Regierung von Trump-nahen Paramilitärs hätte gestürzt werden können, und fügte hinzu: „Sie haben es nicht einmal versucht.“

Bei seiner Verteidigung der faschistischen Milizangehörigen ignoriert Greenwald, dass die Führer der Milizgruppen, die am 6. Januar den Angriff auf das US-Kapitol anführten, darunter Elmer Stewart Rhodes von den Oath Keepers und der bekannte FBI-Informant und Proud Boys-Führer Henry „Enrique“ Tarrio, noch nicht wegen des Angriffs angeklagt wurden. Von den fast 535 Personen, die während der Belagerung des Kapitols verhaftet wurden, waren etwa zehn Prozent früher im Militär. Mindestens 30 Polizeibeamte wurden öffentlich als Teilnehmer identifiziert, dazu kommen fast ein Dutzend derzeitige oder ehemalige republikanische Abgeordnete.

Die enge Beziehung zwischen faschistischen Milizen, den Republikanern und Donald Trump ist allgemein bekannt. In der ersten TV-Wahlkampfdebatte mit Joe Biden im September 2020 weigerte sich Trump, eine friedliche Machtübergabe zu garantieren, falls er zum Verlierer der Wahl erklärt würde. Auch die Aufforderung des Moderators, gewalttätige Extremisten und Rassisten zu verurteilen, lehnte er ab. Als Biden die Proud Boys als eine Gruppe nannte, von der Trump sich distanzieren sollte, erklärte Trump stattdessen: „Proud Boys, macht einen Schritt zurück und haltet euch bereit.“

Bisher wurden mindestens 37 Proud Boys in Zusammenhang mit dem Angriff am 6. Januar angeklagt.

Trump und die glühendsten Anhänger der „Stop the Steal“-Kampagne im Kongress, darunter die Abgeordneten Paul Gosar und Andy Biggs aus Arizona, behaupten weiterhin, man habe Trump die Wahl gestohlen. Sie behaupten, die faschistischen Schläger, die beim Sturm auf das Kapitol verhaftet wurden, seien „politische Opfer“, die ungerechtfertigter Weise vom FBI, dem Justizministerium und den „linksradikalen“ Demokraten attackiert würden, weil sie Trump-Anhänger sind. Auch der Führer der Oath Keepers Stewart Rhodes, ein Ehrengast bei der letzten CPAC-Konferenz, forderte vor kurzem in einem Podcast die Freilassung von „35 Oath Keepers, Proud Boys... Patriots“.

Gosar erklärte bei Trumps Kundgebung in Phoenix am 24. Juli, der 6. Januar sei „weitgehend eine friedliche Angelegenheit“ gewesen, und forderte die Veröffentlichung von „14.000 Stunden Videomaterial, damit wir die Übeltäter zur Rechenschaft ziehen können, selbst wenn es Insider aus dem FBI oder dem Justizministerium sind“.

Die Argumente sind immer dieselben, egal ob sie aus Greenwalds Feder oder Trumps Tiraden kommen. Oath Keepers, Three Percenters und Proud Boys, die Abgeordnete entführen und hinrichten wollten, weil sie es wagen, die Präsidentschaftswahl zu bestätigen, seien die „echten“ Opfer einer Falle des FBI.

Sozialisten sind sich darüber bewusst, dass das FBI und die staatlichen Behörden die Ereignisse vom 6. Januar benutzen, um weitere Angriffe auf demokratische Rechte zu rechtfertigen. Der Staat nutzt, mit Unterstützung der Demokraten, jede Gelegenheit zur Vorbereitung auf weitere Angriffe gegen die Linke. Doch der sozialistische Widerstand gegen staatliche Unterdrückung bedeutet nicht, dass die Gefahr der extremen Rechten heruntergespielt werden darf. Sozialisten verlassen sich nicht darauf, dass der Staat den Faschismus unterdrückt. Das ist die Aufgabe der Arbeiterklasse. Doch wenn die Arbeiterklasse die extreme Rechte aufhalten will, muss sie ein ernsthaftes Verständnis der Gefahren haben.

Sowohl bei dem Komplott in Michigan als auch bei dem Angriff am 6. Januar waren sich die Polizei und die Inlandsgeheimdienste schon Wochen vorher bewusst, dass eine tödliche Gefahr für Menschenleben und demokratische Rechte bestand. Dass das FBI das Komplott in Michigan aufgedeckt, aber den Angriff am 6. Januar hat geschehen lassen, ist kein Beweis dafür, dass Trump „in die Falle gelockt“ wurde oder dass seine faschistischen Anhänger unfairerweise für ihre politischen Ansichten verfolgt werden. Vielmehr ist es ein weiterer Beweis für die anhaltenden inneren Konflikte der herrschenden Klasse, die sich nach Bidens Wahlsieg nicht abgeschwächt haben.

Biden und die Demokraten versuchen verzweifelt, diesen Konflikt einzudämmen und appellieren endlos an die „Einigkeit“ mit einer Partei, die von den Mitverschwörern und Verteidigern des Komplotts zur Annullierung der Wahl und der Einsetzung von Trump als Diktator dominiert wird. Dabei vertuschen die Demokraten das Ausmaß der Verschwörung von Trump und seinen Komplizen im Militär, der Polizei, den Geheimdiensten und den Republikanern.

Sie wollen die akute Gefahr von Faschismus und Diktatur vor der Arbeiterklasse verheimlichen, weil sie die revolutionären sozialen und politischen Folgen eines massiven Widerstands von unten fürchten. Dabei werden sie unterstützt von nach rechts rückenden, quasi-anarchistischen und libertären Elementen wie Greenwald und Teilen der Pseudolinken, die privilegierte Teile der Mittelschichten repräsentieren. Trotz aller Angriffe auf die Demokraten entschuldigt Greenwald nur deren eigene Versuche, die Gefahr der extremen Rechten zu verharmlosen.

Die Ereignisse des vergangenen Jahres verdeutlichen die grundlegende Tatsache, dass Arbeiter nicht darauf vertrauen dürfen, dass irgendeine Fraktion oder Partei der herrschenden Klasse die demokratischen Rechte verteidigen wird. Ohne den Kampf der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus, die Ursache immer größerer sozialer Ungleichheit, Unterdrückung und Krieg, kann es keine Demokratie geben.

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